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Fünf Jahre HzV in Baden-Württemberg

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

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Der Hausärzteverband Baden-Württemberg feiert seine Rolle als Vorreiter und setzt neue Zeichen: weitere Honorarverbesserungen und ein Marketing-Coup für den MFA-Einsatz.

Die Hausarztzentrierte Versorgung (HzV) erhält in Baden-Württemberg ein neues Aushängeschild: das „VERAHmobil“. Der Kleinwagen ist Symbol für die HzV 2.0 und Werbung für die qualifizierte MFA, die HzV und die AOK. Er kostet eine Praxis 99,06 Euro Leasingrate pro Monat (drei Jahre Laufzeit). Die Vertragspartner Hausärzteverband, Medi und AOK schießen 100 Euro pro Monat zu. Dr. Berthold Dietsche, Landeschef des Hausärzteverbandes, erwartet, dass in den nächsten Jahren rund 1000 der weißen Kleinwagen durchs Land rollen.

Dietsche und Medi-Chef Dr. Werner Baumgärtner kündigten noch während der Pressekonferenz der AOK zum Fünf-Jahres-Jubiläum der HzV-Vertragsunterzeichnung an, für ihre Praxen in Freiburg bzw. Stuttgart solch ein Auto bestellen zu wollen. Voraussetzung ist allein, dass mindestens eine Verah in der Praxis mitarbeitet.

Bislang gibt es rund 1200 zu Verahs weiterqualifzierte MFAs in Baden-Württemberg. Sie können den Praxisinhaber entlasten, indem sie z.B. an seiner Stelle Hausbesuche zur Kontrolle des Blutdrucks oder der Wundversorgung absolvieren. Die Qualifizierung zur „Versorgungs­assistentin in der Hausarztpraxis“ erfolgt durch den Hausärzteverband.

Der Verah-VW ist einer von elf Punkten, die zur Fortentwicklung des AOK-Hausarztprogramms gehören. Für Ruhe bei der Detailkritik sollen etliche Honorarnachbesserungen sorgen. So wird die Vertreterpauschale von 12,50 auf 20 Euro und der Impfzuschlag von 2 auf 3 Euro angehoben. Es kann einmal im Quartal eine 15-Euro-Pauschale für im Pflegeheim behandelte HzV-Patienten abgerechnet werden.

Im Schnitt 80 Euro Fallwert – das Versprechen wurde erfüllt

Die Chronikerpauschale wird für 18 Krankheitsbilder um eine Pauschale von 15 Euro ergänzt. Die Arzneimittelquoten wurden so angepasst, dass jetzt mindestens die Hälfte der Ärzte sie pro Quartal auch erreicht und von den entsprechenden Zuschlägen profitieren kann, sagte Dr. Baumgärtner gegenüber Medical Tribune. In der Summe dürfte das bewirken, dass sich der durchschnittliche HzV-Fallwert auf 85 Euro erhöht, schätzt Dr. Baumgärtner. Bislang beträgt er rund 81 Euro.

Letzteres bedeutet übrigens auch, dass das Versprechen von 80 Euro Fallwert, an das Kritiker der HzV anfangs nicht glauben wollten, erfüllt wurde, betonen die drei Vertragspartner.

Vier Millionen Versicherte hat die AOK Baden-Württemberg. 1,1 Mio. davon sind in der HzV eingeschrieben. Dr. Baumgärtner schätzt, dass mindestens jeder zweite AOK-Kunde leicht in die Hausarztzentrierte Versorgung eingeschrieben werden könnte. Doch es gibt nun mal auch Praxen, die nicht jeden zweiten oder fast jeden AOK-Versicherten von der HzV überzeugen, sondern vielleicht nur jeden zehnten.

HzV mit neuen Angeboten für Jugendliche

Auf jüngere Zielgruppen sind deshalb zwei neue Angebote ausgerichtet worden. Die AOK bezahlt in der HzV eingeschriebenen Teens bis zum vollendeten 18. Lebensjahr vom HzV-Arzt verordnete apothekenpflichtige, aber verschreibungsfreie Arzneimittel (statt nur bis zum 12. Lebensjahr wie bislang in der GKV üblich). Das dürfte deren Eltern interessieren. Zudem bieten HzV-Ärzte nun einen „Fitness-Check“ mit Anamnesebogen und Beratung für 18- bis 34-Jährige an. Als Honorar winkt eine einmalige Pauschale von 40 Euro bei Einschreibung in die HzV.

Dr. Christopher Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg, bewertet die Versorgungssteuerung durch die freiwillig vereinbarte HzV und die ergänzenden Facharztverträge als „grandiosen“ Erfolg, der gegen die Widerstände aus Körperschaft und Industrie errungen wurde. Allerdings hofft er auf eine Änderung im fünften Sozialgesetzbuch (Absatz 5a des § 73b). Denn auch für Altverträge, die vor dem 22.9.2010 vereinbart wurden, gilt ab Mitte 2014 die Refinanzierungsauflage für Honorare oberhalb des Bereinigungsbetrags (GKV-Finanzierungsgesetz).

Dies halten die drei HzV-Partner im Ländle unisono für Unfug. Sie verweisen auf die notwendigen erheblichen Investitionen, z.B. in die IT-Struktur und Fortbildungen. Die in Stuttgart vorgestellte HzV 2.0 gilt nur für die AOK. Mit den Betriebskrankenkassen und der IKK, mit denen ebenfalls ein Vertrag ohne Schiedsentscheid zustande kam, will man darüber verhandeln, so Dr. Baumgärtner.

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