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GOÄ-Reform: Noch nichts in Stein gemeißelt

Gesundheitspolitik Autor: Ruth Bahners

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Da war Dr. Theo Windhorst, der Verhandlungsführer der Bundesärztekammer (BÄK) in Sachen GOÄ, wohl etwas vorschnell. Was an einem Tag noch ein „Verhandlungsergebnis“ war, mutierte am übernächsten Tag zur „Eingangsforderung der Ärzteseite“.

Auf dem diesjährigen Deutschen Ärztetag in Frankfurt hatte Dr. Windhorst bezüglich der GOÄ schon davon gesprochen, dass „der Zug rollt und richtig Fahrt aufnimmt“. In Müns­ter berichtete er am 7. September freudig, dass der Reform-Zug kurz vor dem Ziel sei und Gutes geladen habe. Zwei Tage später wurde in einer gemeinsamen Pressemitteilung von Bundesärztekammer und PKV-Verband zurückgerudert.

Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe hatte eine Erhöhung „über alle Bereiche hinweg im zweistelligen Prozent-Bereich“ angekündigt. Ein kompletter Inflationsausgleich für die 30 Jahre, in denen die jetzige GOÄ schon gültig sei, sei allerdings „politisch nicht durchsetzbar“ gewesen.

Der Verhandlungspartner, der PKV-Verband, habe das Honorarplus in dieser Höhe akzeptiert und finde sich mit dieser „Arbeitshypothese“ ab, hatte Dr. Windhorst berichtet. Auch das Innenministerium, das für die Beihilfe zuständig sei, habe keine Einwände, weder gegen das Konzept noch gegen die Ausgabensteigerungen. Vertreter der Länder hätten sich ebenfalls „zufrieden“ gezeigt. Mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) stehe die Abstimmung noch aus. Dem BMG liegt bereits ein gemeinsames Informationspaket von BÄK und PKV vor. So weit Dr. Windhorst.

Dem PKV-Verband waren diese Aussagen wohl ein Dorn im Auge. In einer gemeinschaftlichen Pressemitteilung von BÄK und PKV-Verband wurden die eindeutigen Aussagen von Dr. Windhorst verwischt. Hier heißt es: Der „Eingangsforderung der Ärzteseite“ stehe die Forderung einer Absenkung der Bewertungen der Leistungen der neuen GOÄ seitens der Privaten Krankenversicherung (PKV) gegenüber. Damit weist der PKV-Verband es offenbar entschieden von sich, das angeblich vereinbarte Honorarplus akzeptiert zu haben.


An den Aussagen von Dr. Windhorst dürfte aber Folgendes stimmen: Der größte Teil der Gebührenordnungsziffern sei neu legendiert und bewertet. 3000 der insgesamt rund 4300 Gebührenordnungs-Ziffern seien fertig. Die Vorbereitung für die Diskussion mit den Fachgesellschaften sei gemacht, meinte Dr. Windhorst. Damit werde die von den Berufsverbänden geforderte „Transparenz“ hergestellt. Erste Gesprächstermine mit den Verbänden seien schon vereinbart.

Alle Gebührenordnungsposi­tionen seien betriebswirtschaftlich kalkuliert nach den vier Teilen
 

  1. Ärztliche Leistung,
  2. Technische Leistung,
  3. Personalkosten und
  4. Gemeinkosten (Miete etc.).

 
Kalkulationsgrundlage für die ärztliche Leistung ist ein jährlicher Arztlohn von 165 000 Euro. Das entspricht einem Minutenlohn von 1,36 Euro.

Hat Dr. Windhorst den GOÄ-Zug am Ende ausgebremst?

Auch der politische Auftrag, „die „Zuwendungsmedizin“ besser zu bewerten, sei erfüllt worden, betonte Dr. Windhorst, sowohl durch eine verbesserte Bewertung wie auch durch die Aufnahme neuer Leistungen wie zum Beispiel durch die Betreuungsziffern.

Die Gewichtung der Ziffern zueinander und im Verhältnis der verschiedenen Fächer sei ebenfalls berücksichtigt worden. Auch die Problematik der Analogziffern sei gelöst worden.

Dr. Windhorst betonte, nichts sei „in Stein gemeißelt“. Jetzt kämen die Diskussionen mit den Fachgesellschaften. Nach Inkrafttreten der neuen GOÄ schließe sich eine dreijährige Erprobungsphase an. Sie werde die Gelegenheit bieten, „Unklarheiten zu beseitigen, zu korrigieren und nachzujustieren“. Das Bundesgesundheitsministerium habe die Erprobungsphase bereits akzeptiert.

Bis spätestens Oktober 2016 soll die neue GOÄ in Kraft treten. Es könnte aber auch früher werden, meinte Dr. Windhorst, bevor er den Rüffel des PKV-Verbands erhielt. Denn der Wahlkampf könne im Herbst 2016 schon seine Schatten auf die GOÄ-Reform werfen. 

In Kreisen der Politik, namentlich der CDU, bestehe die Befürchtung, dass die GOÄ im Oktober 2016 von der SPD zum Wahlkampfthema gemacht werden könnte, der Koalitionspartner gegen das duale System der Krankenversicherung die Bürgerversicherung propagiere.

Mit der neuen GOÄ solle wieder ein „einvernehmliches Verhältnis von Leistung und Abrechnung“ erreicht werden, „damit wir nach 30 Jahren wieder à jour sind“, so der ÄKWL-Präsident.

Den Ärzten bleibt zu hoffen, dass Dr. Windhorst mit seinem Vorpreschen nicht den rollenden GOÄ-Zug ausgebremst und den Verhandlungspartner verärgert hat.

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