Anzeige

HÄV, Medi und AOK BW: Die Refinanzierungsklausel muss weg!

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Anzeige

Die Vorreiter der Selektivverträge Hausärzteverband, Medi und AOK Baden-Württemberg wünschen sich vom Gesetzgeber nach der Bundestagswahl „Reformeifer“. Konkret: die Streichung der HzV-Refinanzierungsklausel und die Verpflichtung der Kassen, 73b- und 73c-Verträge anzubieten. Die Barmer GEK wünscht dagegen eine HzV im Kollektivvertrag.

Rund 3500 Hausärzte, knapp 1000 Fachärzte sowie 1,1 Mio. Versicherte machen bei den Hausarzt- und Facharztverträgen in Baden-Württem­berg mit. Die EBM-Reform bringt weiteren Zulauf. Kinder- und Jugendärzte sowie Orthopäden sind nun auch im Boot. In keinem anderen Bundesland gibt es ein vergleichbares freiwilliges Vertragssystem für die ambulante medizinische Versorgung, das nach Datenlage der Initiatoren den teilnehmenden Ärzten im Schnitt eine um mindestens 30 % höhere Vergütung und mehr Arbeitszufriedenheit gebracht hat.


Doch die Weiterentwicklung und Ausbreitung dieser Strukturen sind gebremst. Ohne eine funktionierende hausarztzentrierte Versorgung (HzV) lassen sich auch keine Facharztangebote realisieren, weiß Medi-Chef Dr. Werner Baumgärtner. Der von Schwarz-Gelb ins SGB V geschriebene Refinanzierungsvorbehalt (§ 73b Abs. 5a) gibt für die Vertragsgenehmigung vor, dass höhere Vergütungen als im Kollektivvertrag nur gezahlt werden dürfen, wenn die Mehraufwendungen durch Einsparungen und Effizienzsteigerung erwirtschaftet werden.

Return on Investment spielt sich nur Schritt für Schritt ein

Aus Sicht der Vertragspartner ist diese Gegenrechnung, die das Bundesversicherungsamt ohne gesetzliche Grundlage auch auf Verträge der Integrierten Versorgung sowie Facharztverträge ausgedehnt habe, nicht seriös zu leisten; der Return on Investment sei nur stufenweise realisierbar. So seien bei Arzneimitteln Einsparungen nach zwei bis drei Jahren zu sehen, weitergehende Steuerungserfolge bedürften eines längeren Vorlaufs, erläutert Dr. Christopher Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg.


<media 8423 _blank - "MTD 2013 33-34 S17 Grafik web, MTD_2013_33-34_S17_Grafik_web.pdf, 1.9 MB"></media>

<media 8423 _blank - "TEXT, MTD 2013 33-34 S17 Grafik web, MTD_2013_33-34_S17_Grafik_web.pdf, 1.9 MB">Zum Vergrößern bitte klicken</media>

Ändert der Gesetzgeber nichts, greift die Refinanzierungsregelung auch im Südwesten ins Vertragsgetriebe, da Mitte 2014 die Übergangsfrist für Altverträge ausläuft. Dabei hat die HzV nicht nur zu nachweislichen Verbesserungen in der Versorgung geführt, sondern auch den Beruf des Hausarztes deutlich aufgewertet, unterstreicht Dr. Berthold Dietsche, Landesvorsitzender des Hausärzteverbandes. „Dieser ambulanten Versorgungsstruktur in Verbindung mit Facharztverträgen gehört die Zukunft.“

Auf dem Wunschzettel: Pflicht der Kassen zu 73c-Verträgen

Um etwas gegen die ärztliche Unterversorgung auf dem Land und in strukturschwachen Stadtregionen sowie die fehlende Niederlassungsbereitschaft junger Mediziner zu bewirken, seien statt „eines 55. GKV-Neuordnungsgesetzes und einer 93. EBM-Reform“ echte Reformen nötig, so Dr. Hermann bei der Präsentation des gemeinsamen Positionspapiers. Nach dem 22.9. müsse die Politik „vom Stillstand in den Veränderungsmodus schalten“.


Die Vertragspartner fordern neben der Beibehaltung der Kassenpflicht zum Abschluss von Hausarztverträgen auch deren Verpflichtung zu Facharztverträgen nach § 73c SGB V. Gefordert werden ferner „eindeutige und faire“ Regelungen zur Bereinigung der Gesamtvergütung durch die KV. Die jetzigen seien „zu kompliziert und ungenau“, beklagt Dr. Baumgärtner.


Die Vertragspartner kritisieren auch, dass die Krankenkassen im Kollektivsystem „gemeinsam und einheitlich“ Vergütungsverträge schließen müssen. Das entspreche nicht den spezifischen Versorgungsanliegen einzelner Kassen und wirke kontraproduktiv auf HzV und 73c-Verträge, „wenn einzelne Leistungen im Altsystem bewusst attraktiver vergütet werden“. Die Reaktionen auf das Positionspapier sind konträr. Der Berufsverband Niedergelassener Chirurgen lobt es als „Blaupause für echten Versorgungswettbewerb“.

Führt ein „neuer Anlauf“ bei der HzV zum Rückschritt?

Die Barmer GEK kontert mit der Forderung nach einer Reform der HzV innerhalb des Kollektivvertragssystems. Parallelstrukturen leisteten keinen spürbaren Beitrag gegen den sich abzeichnenden Ärztemangel in strukturschwachen Regionen, so Kassenvorstand Dr. Christoph Straub. „Wir brauchen deshalb einen neuen Anlauf.“


Eine Eingliederung der HzV ins Kollektivvertragssystem käme einem „Rückschritt ins letzte Versorgungsjahrhundert“ gleich, meint Dr. Dietsche. Erst durch die HzV seien Verbesserungen der Versorgungsqualität und bei der Verzahnung der Sektoren erreicht worden.


Quelle: Pressekonferenz AOK BW, Berlin, 2013

AOK BW AOK BW
Anzeige