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Hamsterkäufe wegen Biologika?

Aus der Redaktion Autor: Tim Förderer

© MT
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Biologika sind die Arzneimittel der Zukunft. Eingesetzt bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen aller Art spülen sie Milliarden in die Kassen der Pharmaindustrie. Hergestellt werden sie allesamt über Ovarienzellen des Chinesischen Zwerghamsters. Müssen dafür Millionen der possierlichen Tierchen sterben? Ein Kommentar.

Biologika sind inzwischen die Allzweckwaffe der Medizin. Die „Unaussprechlichmabs“ werden bei einer Vielzahl entzündlicher Erkrankungen eingesetzt bzw. untersucht – von Acrodermatitis bis Zöliakie, gerne auch ein und dasselbe Medikament für unterschiedlichste Entitäten. Wie der Name schon sagt, werden Biologika biologisch oder vielmehr gentechnisch hergestellt, was sie von chemisch produzierten Wirkstoffen unterscheidet. Möglich ist das durch die Produktion in Zelllinien, Zellen einer Gewebeart, welche sich unbegrenzt fortpflanzen können.

Tatsächlich werden die meisten Biologika mittels Hamsterzellen hergestellt. Wer aber glaubt, dass es im Zuge der Biologikawelle vermehrt zu Hamsterkäufen kommt, liegt falsch. Den Tierchen passiert nichts. Denn die Zelllinie, kurz CHO (Chinese Hamster Ovary), existiert seit Jahrzehnten. Ihr Ursprung liegt in einer Primärkultur von Ovarienzellen eines Chinesischen Zwerghamsters (Cricetulus griseus) aus dem Jahr 1957, isoliert vom Genetiker Professor Dr. Theodore T. Puck.

Der Vater der Mutter aller CHO-Zellen war seiner Zeit recht begeistert von „seinem“ Hamster: „Die Zellen dieses Tieres haben sich ausgezeichnet vermehrt; und die aus dem Ovar konnten schon länger als zehn Monate in Kultur gehalten werden, ohne dass die Vermehrungsrate nachgelassen oder sich die Gestalt der Zellen verändert hätte“.

Der Erfolg ist beispiellos: etwa 75 % aller synthetisierten therapeutischen Antikörper sowie weiterer Wirkstoffe laufen über CHO-Zellen. Allesamt ursprünglich von diesem einen Hamster. Und das Geschäft mit Biologika boomt – allein im Jahr 2017 wurden Medikamente im Wert von 188 Milliarden Euro verkauft.

Von diesem Kuchen hat Prof. Puck nichts abbekommen. Aber er erlangte Berühmtheit, auch weil einige seiner Arbeiten das Human-Genome-Project unter anderem erst möglich machten. Er starb 2005 an den Folgen eines Sturzes. Vom Hamsterweibchen ist nichts überliefert, vermutlich hat sie schon die Zell-Entnahme nicht überlebt. Aber irgendwie hat sie so manchem Hamster das Leben gerettet.

Tim Förderer
Redakteur Medizin

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