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Hörgeschädigte vor Depressionen und Verletzungen schützen!

Gesundheitspolitik Autor: Philipp Himstedt

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Depression, Demenz, Verletzungen – diese Folgeerkrankungen drohen den 14 Millionen Hörgeschädigten in Deutschland. KBV und HNO-Ärzte fordern ein Hörscreening für Menschen ab 50, das Abhilfe schaffen könnte.

Beginnen muss die Prävention allerdings schon bei den Hausärzten, denn nur bei rechtzeitiger Behandlung kann potenziellen Folgeerkrankungen vorgebeugt und somit die Lebensqualität der Betroffenen im Alter verbessert werden. So wurde für Hausärzte bereits ein Mini-Audio-Test entwickelt, der erste Hinweise zum Vorliegen einer Hörstörung gibt.

Eigene EBM-Abrechnungsziffer gefordert

Ein weiteres Argument, das für die Einführung des Hörscreenings, das bei der betroffenen Altersgruppe turnußmäßig alle fünf Jahre stattfinden sollte, sei die Wirtschaftlichkeit. „Die Kosten hierfür halten sich in Grenzen. Die Einsparungspotenziale jedoch sind erheblich“, so der Bundesvorsitzende des HNO-Ärzte-Verbandes, Dr. Dirk Heinrich.

Da sich ohne einen Eingriff die Kosten für die Behandlung von Folgeerkrankungen von Hörstörungen (frühe Klinik-Einweisung) erhöhten und sich das neue Früherkennungsprogramm somit auch für die Krankenkassen finanziell lohne, müsse dieses als neue kostenlose Kassenleistung eingeführt und mit einer neuen Abrechnungsziffer versehen werden. Vor allem ältere Menschen sind von Hörstörungen betroffen, die Prävalenz nimmt ab einem Alter von 50 Jahren stark zu, was infolge des demographischen Wandels die Kosten für die Solidargemeinschaft erheblich steigen lassen wird, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Gemeinsam Kosten senken

Dr. Heinrichs Argumentation wird von einer Studie des Instituts für Gesundheitsökonomik (IfG) gestützt, welche vom Bundesverband der HNO-Ärzte in Auftrag gegeben wurde:

Pro Fall würden Kosten von 22,55 € entstehen, so die Berechnung von Professor Dr. Günter Neubauer. Veranschlagt werden dabei 7,01 € für die Hausärzte, 14,54€ für die HNO-Ärzte und 1 € an Informationskosten. Für das Jahr 2020 würden somit Mehrkosten von hochgerechnet 117,1 Mio. € entstehen. Denen stehen jedoch erwartete Einsparungen (bei Folgeerkrankungen) in Höhe von 191,1 Mio. € gegenüber – per saldo: 80 Mio. € eingespart.

Weitere volkswirtschaftliche Kosten könnten durch die Reduzierung von Arbeitsunfähigkeitstagen infolge frühzeitiger Behandlung vermieden werden. Dr. Andreas Köhler, Vorstandsvorsitzender der KBV stößt ins selbe Horn: „Durch die Früherkennungsmaßnahme sollen Patienten mit Hörschäden schneller identifiziert und behandelt werden. Durch die intensivierte Versorgung auffälliger Patienten – beispielsweise mit Hörhilfen – lassen sich Folgeerkrankungen wie Depressionen, Demenz und Verletzungen vermeiden oder ihr Eintreten verzögern.“ Bei zu später Diagnostizierung bestünde die Gefahr, dass der/die Betroffene mit der Umstellung auf ein Hörgerät nicht klar komme und dieses folglich nicht nutze.

Die Folgekosten von nicht behandelten Hörschäden würden laut Prof. Dr. Neubauer von ca. 1,5 Mrd. € im Jahr 2011 in knapp 40 Jahren auf über 6 Mrd. € steigen.

Die Krankenkassen könnten durch mehr Informationen für ihre Mitglieder erheblich zu einer Verbesserung der Situation schwerhöriger Patienten beitragen, so Dr. Heinrich. Und Dr. Köhler ermuntert die Hausärzte, sie mögen Patienten auf eine in Betracht kommende Untersuchung hinweisen, Informationen geben und gegebenenfalls eine Voruntersuchung machen.

Der Vorschlag eines Hörscreenings stößt beim Deutschen Gehörlosen-Bund generell auf Zustimmung. Allerdings stellt die wissenschaftliche Referentin Bettina Herrmann die kalkulierten Einsparungen infrage. Da das vorgeschlagene Maßnahmenpaket nicht weitreichend genug sei, würden die Kosten infolge umfassenderer Maßnahmen höher ausfallen (siehe Kommentar).


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