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Honorar und Regress sind Wahlkampfthemen

Autor: Dr. Günter Gerhardt

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Gesundheitspolitik soll kein Wahlkampfthema sein? Von wegen, meint MT-Kolumnist Dr. Günter Gerhardt. Wir müssen klipp und klar Stellung zu den Ideen der Parteien beziehen, betont er. Außerdem ist zu diskutieren, was den Ärzten – auch mit Blick auf den beruflichen Nachwuchs – auf den Nägeln brennt: Die Drohung mit dem Arzneimittelregress muss aufhören. Und über die Honorare ist zu reden.

Gesundheitspolitik werde im Bundestagswahlkampf keine große Rolle spielen, vermutet der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn. Tun wir ihm, liebe Kolleginnen und Kollegen, diesen Gefallen nicht! Ein politisches Vogel-Strauß-Verhalten können und dürfen wir uns nicht mehr leisten.


Die Trumpfkarte „Ärztemangel trotz steigender Zahl an MedizinstudentInnen“ müssen wir spielen. Aber nicht nur mit einem breiten Grinsen im Gesicht und einem „Nun komm mal in die Puschen, liebe Politik!“. Nein, wir müssen Stellung beziehen zu den Positionen der Parteien. Wir haben über die Pfeile in den Köchern der Parteien, die uns in den nächsten Wochen erreichen werden, im Kollegenkreis zu diskutieren und dann den Initiatoren unsere Meinungen dazu mitzuteilen. Das können auch Gegenvorschläge sein.

»Viele Politiker wissen nicht, was uns Ärzten missfällt«

Ich habe den Eindruck, dass viele Politiker gar nicht recht wissen, was uns missfällt. Mit ellenlangen Monologen und Fensterreden können sie allerdings nichts anfangen. Deshalb sollten wir wohl portioniert das sagen, was uns am meisten missfällt. Also bitte keine Probleme auftischen, die wir nur in unseren eigenen Reihen lösen können. Darauf, dass wir in diese Falle treten, wird doch nur gewartet.


Sprechen Sie die unsichere Honorierung und das Damoklesschwert Regress an. Bedingt durch Budgetierungen im Honorar- und Verordnungsbereich tragen wir weiterhin das Morbiditätsrisiko. Das Geld wird zu unseren Lasten mit einem teilweise unwürdigen Prüfgeschäft ausreichend gemacht (die KV muss Gesetzesvorgaben umsetzen).


Um diesen Prüfmühlen zu entgehen, müssen wir einen zeitraubenden bürokratischen Aufwand betreiben; Zeit, die wir dringend für unsere Patienten bräuchten, für unsere Fortbildung und um selbst gesund zu bleiben. Dieses Szenario müssen wir unseren Volksvertretern gebetsmühlenartig klarmachen. Unsere Aufgabe ist die Erhaltung und Wiederherstellung der Volksgesundheit, damit unser Staat und unsere Wirtschaft prosperieren. Als Dankeschön werden wir aus einem gedeckelten Topf schlecht bezahlt.


Mit dieser einst von Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer befristet geplanten Mogelpackung namens pauschalierter Gesamtvergütung muss endlich Schluss sein! Erinnern Sie sich: Mutige aus unseren Reihen wollten diesem Elend schon einmal mit dem Korbmodell ein Ende bereiten – was kläglich an der fehlenden Zivilcourage vieler Kollegen scheiterte.


Wie auch immer. In dem jüngst vorgelegten Positionspapier der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem Titel „Wettbewerb, Sicherstellung, Honorierung – Neuordnung der Versorgung im deutschen Gesundheitswesen“ lassen folgende Sätze aufhorchen: „Nach Einführung der neuen Vergütungsordnung ist zu prüfen, inwieweit angesichts ihrer bedarfs- und qualitätsorientierten Ausgestaltung und deren Steuerungseffekte weiterhin eine Budgetierung der ambulanten ärztlichen Vergütung notwendig ist. Vorteile eines nicht budgetierten Systems würden in der stärkeren Transparenz der Vergütung und nicht durch Honorarverteilungsmaßnahmen verzerrbaren Steuerungsmaßnahmen liegen.“ Gut gebrüllt, Löwe! Eine zugleich geforderte Diagnosecodierung würden wir dafür gerne in Kauf nehmen, oder?

»Unwürdigen Arzneiregress endlich abschaffen«

In dem Papier ist allerdings auch die Rede von einer differenzierteren Gestaltung der morbiditätsbasierten Pauschalen und von einer Differenzierung nach fixen und variablen Kostenanteilen, wobei der Fixkostenanteil nur bis zu einem Höchstwert zu vergüten sei. Da schrillen schon wieder sämtliche Alarmsirenen.


Das Thema „Weg mit dem unwürdigen Arzneimittelregress!“ scheint derzeit totgeschwiegen zu werden. Darum: Bitte vehement nachfragen und die sofortige Abschaffung im Sinne einer guten Versorgung unserer Patienten fordern! Ohne hier jetzt wieder in die Mängel der Kosten-Nutzen-Analysen einsteigen zu wollen, muss eins klar sein: Ist der Nutzen festgestellt, muss das Arzneimittel indikationsentsprechend ohne Wenn und Aber verordnet werden dürfen. Richtgrößen werden dann überflüssig. Weitere Munition für Ihre politischen Diskussionen folgt in den nächsten Wochen an dieser Stelle.

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