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Ich will keine Notdienste im Monats-Pack!

Autor: Dr. Frauke Höllering, Foto: MT

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MT-Kolumnistin Dr. Frauke Höllering berichtet über den alljährlichen Nervenkitzel der Notdienstzuteilung durch die KV mit ihren Tücken.

Wenn man ein bisschen fortgeschritten auf seinem Lebensweg ist, gibt es leider nicht mehr so viel Spannendes … Den Tatortmörder kann man vorausahnen, weil man zu viele Krimis gesehen hat, sein Weihnachtsgeschenk bestimmt man lieber selbst, weil man zu viel Unsinn bekommen hat, und auch sonst sind aufregende Momente (leider!) etwas seltener geworden.

Alljährlicher Nervenkitzel: Notdiensttermine per Post

Einen Höhepunkt im Jahr gibt es aber immer: Meine Pulsfrequenz steigt, meine Atemfrequenz auch, wenn ich den Briefumschlag von der KV öffne, in dem mir meine Notdiensttermine für das nächste Jahr angekündigt werden. Als es wieder soweit war, traute ich meinen Augen nicht: Von den Diensten im Januar wusste ich zwar schon, aber im schönen März hatte man mich dreimal hintereinander eingeteilt, jedes Wochenende war kaputt. Im Mai war ich zweimal gefordert, und dann kam die große Pause. Erst im Dezember nahm man mich wieder in die Pflicht, aber dann auch gleich zweimal.


Welcher Irrwitz hat die Organisatoren zu einem solchen Dienstplan veranlasst? Wurden alle Teilnehmer in eine große Trommel geworfen und anschließend gezogen? Hatte jeder außer mir gewünscht, im März verschont zu bleiben, und nun traf es mich umso härter? Aber warum ausgerechnet im März? Warum wurde ich nicht in den großen Ferien eingeteilt, wo familiengebundene Kolleginnen und Kollegen verreisen mussten und ich durchaus flexibel war? Warum erst ein Dienstmarathon und dann über ein halbes Jahr Pause? Außerdem hatte ich einen Skiurlaub geplant, der den ersten März-Termin umfasste; schließlich war ich ja gerade Ende Januar dran gewesen und hatte auf Glück gehofft. Pustekuchen!

Kann die Tauschbörse auf KV-Net helfen?

Nachdem die Erleichterung darüber, nicht am Heiligen Abend im Kittel zu stecken, abgeflaut war, brauste mein Zorn langsam auf. Ich wollte mich beschweren! Wie war das doch früher so schön gewesen, als man auf der Dienstplanbesprechung mit den Kollegen vor Ort ein wenig lamentieren und dann doch so lange tauschen konnte, bis (meist) jeder zufrieden war! Jetzt hatte ich ja nicht einmal mehr einen Ansprechpartner, und keiner würde mir eine Erklärung liefern. Wohin mit meinem Zorn? Ich beschloss, mich bei KV-Net einzuloggen, dem Direktzugang zur Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe – zum ersten Mal in meinem Leben.


Ich fand einen Brief mit meinem (albernen!) Kurznamen und einem Password. „Leider falsch“, beschied mir das System auch nach der dritten Eingabe. Entnervt bat ich meine Mitarbeiterin, die den Zugang häufiger benutzen musste, um Hilfe. „Sie dürfen kein Leerzeichen zwischen Vor- und Nachnamenkürzel lassen“, riet sie mir, und schon war ich einen Schritt weiter. Dann stand da wieder Name und Password. „Das alles müssen Sie nun noch einmal eingeben!“, lächelte die Praxisperle. Ich sparte mir das „Warum?“ und folgte brav. Nun tat sich ein neues Fenster auf, in den ich wiederum ein Kürzel eingeben musste, das ich einem Schachbrett meiner KV-Kartenrückseite entnehmen musste; drei Koordinaten ergaben sechs Ziffern.

Skiurlaub dank Tauschpartner gerettet?

Unglaublich! Keine Viertelstunde, nachdem ich angefangen hatte, war ich drin! Nun gut, dafür musste ich mein Praxisprogramm ganz runterfahren, aber das nahm ich schon als erträgliche Schikane hin. Schließlich konnte ich nun die Tauschbörse einsehen, die mich aber enttäuschte: Jeder wollte abgeben, keiner wollte nehmen. Doch, da! Ein Kollege aus der Nachbarstadt hatte tatsächlich ein Tauschangebot, das passend war. Jedenfalls beinahe, denn er wollte einen Mai-Termin loswerden. Dennoch unterbreitete ich ihm mein Angebot; war ich eben im Mai dauerdiensthabend, Hauptsache, der Skiurlaub war gerettet.

Tief durchatmend versuchte ich es nach dem Ausloggen mit Entspannung. Würde der Kollege das lesen? Wenn überhaupt, wann? Technik hin, KV-Net her: Ich rief in seiner Praxis an und gab mein Angebot mündlich durch. Schon am nächsten Tag würde man mich wissen lassen, ob er es annimmt, versprach mir die reizende MFA am anderen Ende der Telefonleitung. Dabei hatte ich ihr weder ein Kürzel noch ein Password mitteilen müssen, geschweige denn aus einem Koordinatensystem einen Zugangscode gerieren müssen. Es lebe die gute alte Welt! Schade aber, dass mir immer noch keiner erklären kann, wie es zu den Bolus-Diensten kam.

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