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Informiert mitreden statt nur nachträglich jammern

Autor: Dr. Günther Gerhardt

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Es ist ruhig geworden an den politischen Ärztestammtischen. Zum einen geht kaum einer hin, zum anderen wird kaum noch diskutiert. Unser Kolumnist über Gesundheitspolitik.

Ist es Resignation oder ist es die Indolenz einer neuen NC-geschädigten Ärztegeneration? An einem Mangel an brisanten gesundheitspolitischen Themen liegt es jedenfalls nicht. Auch nicht an mangelnder Information; z.B. informiert die KBV mit ihrer App „KBV2Go!“ in einer Mischung von TV und Lesen ihre Mitglieder. Nur müsste man sich dann in seiner „Freizeit“ hinsetzen und sich damit beschäftigen, was nach anstrengenden, arbeitsreichen Praxistagen kaum zumutbar ist.

Trotzdem muss sich meines Erachtens hier etwas ändern, steht doch gerade mit dem Versorgungsstärkungsgesetz die ärztliche Freiberuflichkeit langfristig auf dem Spiel und damit Ihre Möglichkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, Entscheidungen (weitgehend) frei von äußeren Zwängen treffen zu können. Auch wenn sie nicht expressis verbis im Gesetz steht, kann man mit Lesen und Nachdenken eine Trendwende entdecken.

MIt dem Versorgungsstärkungsgesetz steht die ärztliche Freiberuflichkeit auf dem Spiel

Dafür haben wir natürlich auch unsere gewählten und hauptberuflich beschäftigten Vertreter, die für diese Dienstleisterfunktion von uns bezahlt werden. Dass politische Veranstaltungen wesentlich schlechter besucht sind als medizinische Fortbildungen, liegt auch daran, dass es für die politische Fortbildung keine CME-Punkte gibt. Ein Fehler, über den die Kammern mal nachdenken sollten. Dennoch: Informationsangebote gibt es genügend.

Jeder sollte sich für eines entscheiden und es dann konsequent nutzen. Auch wenn ich jetzt Ihren Protest höre („was soll ich denn noch alles …“), so bin ich mir doch sicher, dass keiner von Ihnen auf den Rest der verbliebenen Freiberuflichkeit verzichten will. Wir müssen uns auch fragen, wie es sein kann, dass die Politik sich ständig neue Gesetze überlegt. Eigentlich macht sie das nur, wenn ein vermeintlicher Bedarf entsteht.

Die Alarmglocken waren zu hören, aber nur von denen, die hingehört haben.

So kam aus unseren Reihen der Ruf nach Abschaffung der Arzneimittelregresse. Diesen Ruf hat die Politik gehört. Sie spielt uns aber den Ball zurück, indem sie uns auffordert, nach neuen Lösungen zu suchen – unter Beibehaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes. Ganz geschickt. Das bietet sich bei einer kleinen (Wähler-)Gruppe an.

Nicht so bei dem Rest der Bevölkerung, der sich – zumindest nach Aussage etlicher Volksvertreter – seit Jahren über die Wartezeiten auf Facharzttermine beschwert. Dar­über, dass die geplante Regelung nichts bringen wird und die Terminservicestellen nur unser Geld kosten werden, möchte ich mich jetzt gar nicht weiter auslassen. Ich frage mich und Sie nur, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Die Alarmglocken waren weit im Vorfeld zu hören, aber nur von denen, die hingehört haben.

Und damit bin ich wieder am Anfang meiner Kolumne: „Es wird informiert, aber keiner interessiert sich dafür.“ Jetzt, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen zu sein scheint und immerhin die KBV eine 90-seitige Stellungnahme mit Lösungsvorschlägen zur Weiterentwicklung der ambulanten Medizin vorgelegt hat, ist das Wehklagen groß. Hätten in unseren Reihen nicht Maßnahmen ergriffen werden können, damit es erst gar nicht zu einer Wartezeitenproblematik kommt?

„Es wird informiert, aber keiner interessiert sich dafür.“

Es gibt dazu gute, praxis­orientierte Lösungen, angepasst an die regio­nalen Besonderheiten. So gibt es Hausärzte, die an Fachkollegen ein vorformuliertes Fax schicken und je nach Dringlichkeit um einen baldigen Termin bitten. Regelmäßig kommen von den Kollegen Terminvorschläge zurück. Wir sollten, und das ist meine heutige Botschaft, schon im Vorfeld Probleme erkennen und jeder in seinem Sprengel mit den Kolleginnen und Kollegen nach Lösungen suchen, bevor wir von wem auch immer Lösungen übergestülpt bekommen, die uns nicht schmecken.

Denken Sie dabei an die anlaufende Diskussion um die AU-Bescheinigungen. Es geht nicht nur darum, ob ein Arbeitnehmer drei oder sieben Tage ohne Bescheinigung von uns zu Hause bleiben kann. Nein, es gibt auch vereinzelt die Forderung, dem Arbeitgeber müsse ein Recht eingeräumt werden, die AU-Bescheinigung des Arztes überprüfen zu können und bei Auffälligkeiten den Arzt zur Kasse zu bitten. „Geht nicht, gibt’s nicht!“ – haben wir schon öfters (falsch) gedacht. Meine Bitte: Beteiligen Sie sich im Rahmen Ihrer Möglichkeiten an der politischen Diskussion!

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