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Interview zum "1. Internationalen Hausärztetag"

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

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Morgen wird in Bonn der "1. Internationale Hausärztetag" eröffnet. Welchen Anspruch verbindet der Hausärzteverband mit dieser Veranstaltung? Im Interview dazu: Ulrich Weigeldt, Chef des Deutschen Hausärzteverbandes.

? Nach 36 Deutschen Hausärztetagen nun der erste Internationale. Weitet der Hausärzteverband seinen politischen Einflussbereich aus?

Weigeldt: Nein. Das ist ein erster – und durchaus aufwendiger – Versuch, einmal über den Tellerrand zu gucken. Wir haben viele internationale Verbindungen. Seit letztem Jahr bin ich einer der Vizepräsidenten der UEMO.

Als wir festgestellt haben, dass die Hausärzte in Europa und in der Türkei recht ähnliche Probleme haben, kam die Idee auf, den Haus­ärztetag doch einmal international zu gestalten. Besonders eng arbeiten wir naturgemäß mit der Schweiz und Österreich zusammen.

? Ein Hausärztetag mit internationalem Flair? Die Veranstaltung ist mit dem EU-Gesundheitskommissar und Minister Gröhe hochkarätig besetzt.


Weigeldt: Ja, das dokumentiert, dass wir mit der Veranstaltung komplexe Herausforderungen ansprechen, die sich in der Diskussion befinden und einen hohen Stellenwert haben.



? Die Gesundheitssysteme sind national geprägt. Was könnten wir von den anderen oder diese von uns lernen?

Weigeldt: Bei der IT-Vernetzung und dem Datenaustausch sind zum Beispiel Dänemark oder Slowenien ein ganzes Stück weiter als wir. Wir haben mit der HzV erst angefangen, Dinge wie die Patienten-Einschreibung oder die Leistungsabrechnung elektronisch abzuwickeln. Da haben wir noch einiges zu lernen. Darum widmet sich auch ein Satellitensymposium den wichtigen Themen Datenfluss und Datensicherheit.

Umgekehrt hat unser Modell der Versorgungs­assistentin in der Hausarztpraxis, kurz Verah, Vorbildcharakter für andere Länder. Das Curriculum für die Weiterbildung zur Verah wird von der Bundesärztekammer und der KBV anerkannt. Wir sind stolz, damit einen Beitrag zur Entlastung unserer Hausärzte geleistet zu haben.

? Das Satellitensymposium zur Nachwuchssicherung findet in Deutsch und nicht in Griechisch oder Spanisch statt. In der Zuwanderung ausländischer Kolleginnen und Kollegen sehen Sie also keine Lösung für das Problem des Ärztemangels?

Weigeldt: Nein. Wir brauchen den Austausch, aber es kann auch nicht das Ziel sein, unsere Lücken in der regionalen Versorgung zulasten anderer Länder aufzufüllen.

Bei der Nachwuchssicherung setzen wir auf eigene Ideen: Der Deutsche Haus­ärzteverband hat einen Kodex für die ambulante Weiterbildung entwickelt, mit dem sich Hausarztpraxen freiwillig zu besonderen Qualitätsstandards verpflichten können.

Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass Studierende die Hausarztmedizin schon früh im Studium kennenlernen, damit ihnen aufgezeigt wird, wie attraktiv diese Option ist.

? Auf den Internationalen Haus­ärztetag folgt am nächsten Tag die Delegiertenversammlung. Da geht es um konfliktive Themen wie den KBV-Vorschlag zur paritätischen Besetzung des Vertretergremiums. Welche Lösung erwarten Sie hier?

Weigeldt: Ich kann mir kaum vorstellen, dass der Vorschlag, den die KBV vorgetragen hat, ernst gemeint ist: Die hausärztliche oder fachärztliche Fraktion der KBV-Vertreterversammlung soll mit 60-prozentiger Mehrheit einen neu zu gründenden Ausschuss von fünf Hausärzten und fünf Fachärzten anrufen, damit dieser dann mit 80-prozentiger Mehrheit darüber befindet, ob eine Angelegenheit ausschließlich im haus- oder fachärztlichen Versorgungsbereich entschieden werden soll.

Damit werden Vorschläge der Gegenseite immer überstimmt. Das ist ein müde verkleidetes Vetorecht, insbesondere für die Fachärzte, und hat mit Parität so viel zu tun wie die Kuh mit Skatspielen. Darüber muss die KBV noch einmal nachdenken. Es ist aber nicht meine Aufgabe, die Arbeit der KBV zu machen.

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