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Jeder dritte Asthmatiker ist gar keiner – wird überdiagnostiziert?

Autor: Dr. Alexandra Juchems

203 untersuchte Personen werden in Zukunft kein Asthma-Spray mehr benötigen. 203 untersuchte Personen werden in Zukunft kein Asthma-Spray mehr benötigen. © fotolia/zlikovec
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Einmal Asthma, immer Asthma. Per definitionem verläuft die Erkrankung chronisch – oder etwa doch nicht? Kanadische Ärzte konnten die Krankheit in einer Kohortenstudie bei 33,1 % der vermeintlichen Asthmatiker ausschließen.

Asthma kann sehr unterschiedliche Ursachen, Trigger und Ausprägungen haben, weshalb die eindeutige Diagnose oftmals nicht leicht zu stellen ist. Zum einen liegt das an den verschiedenen Phänotypen wie atopisches, nicht allergisches oder Spätasthma mit zum Teil völlig unterschiedlichen Triggern und klinischen Bildern. Zum anderen erschweren episodische, rezidivierende oder remittierende Verläufe die Dia­gnose. Nicht selten wird dann laut einer aktuellen kanadischen Multicenterstudie trotzdem ohne weitere Untersuchungen wie beispielsweise der Spirometrie die Diagnose Asthma gestellt und eine Medikation angesetzt.

Dass Kinder oftmals aus ihrem Asthma «herauswachsen» ist bekannt, aber gilt das auch für Erwachsene? Die kanadische Arbeitsgruppe um Dr. Shawn Aaron von der Universität Ottawa ist der Frage nachgegangen, ob Asthmadiagnosen bis zu fünf Jahre nach der Erstdiagnose immer noch Bestand haben oder nicht.

Spontanremission vs. nie da gewesen

Dazu registrierten die Wissenschaftler bei insgesamt 613 erwachsenen Asthmatikern über mehrere Wochen wiederholt die Symptome. Außerdem führten sie spirometrische Messungen und inhalative Provokationstests durch. Bei 203 der untersuchten Personen (33,1 %) konnte eine Asthmaerkrankung ausgeschlossen werden. Eine eindeutige Fehldiagnose lag bei 12 Patienten (2 %) vor. Sie litten an anderen schwerwiegenden kardiorespiratorischen Erkrankungen, aber nicht an einem Asthma. Auch in den Nachfolgeuntersuchungen der restlichen Teilnehmer ein Jahr später konnte bei 181 Personen (29,5 %) zu diesem Zeitpunkt ein Asthma bronchiale ausgeschlossen werden.

Rein statistisch betrachtet wirkte das Ergebnis außerordentlich erfreulich. Ob es sich aber bei allen Fällen tatsächlich um Spontanremissionen handelte, war laut Dr. Aaron fragwürdig. Auffällig war beispielsweise, dass bei der Erstdiagnose in der Gruppe der letztlich doch asthmafreien Studienteilnehmer weitaus seltener Tests und Messungen durchgeführt worden waren, als dies bei den „echten“ Asthmatikern der Fall gewesen war (43,8 % versus 55,6 %). Zudem handelte es sich um Patienten, die entweder nicht täglich oder überhaupt keine Medikamente mehr gegen Asthma einnahmen.

Quellen: Aus der Fachliteratur
Aaron SD et al. JAMA 2017; 317: 269-279

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