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Jederzeit zur Versorgung der Patienten bereit

Autor: Dr. Günter Gerhardt

Eine Darmkrebsvorsorge ohne langes Warten würde die Akzeptanz der Maßnahme deutlich erhöhen. Eine Darmkrebsvorsorge ohne langes Warten würde die Akzeptanz der Maßnahme deutlich erhöhen. © fotolia/WunderBild
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Das Thema in unserer Praxiskolumne: Die Rolle des Labors für Hausarztpraxen.

Haben Sie einmal darüber nachgedacht, warum wir den neuen Stuhltest (iFOBT) in unseren Praxen nicht mehr selbst auswerten dürfen, sondern ans Labor schicken müssen? Mit einem immunologischen Stuhltest für die Praxis wäre das doch kos-tenneutral für die Kassen möglich.

Wir verzichten damit auf jahrelang praktizierte Kompetenz. Zudem ist das neue Verfahren umständlich und patientenunfreundlich, da der Patient länger als früher auf das Ergebnis warten muss. Eine Darmkrebsvorsorge ohne langes Warten würde dagegen die Akzeptanz der Maßnahme erhöhen.

Hängt diese Bindung ans Labor etwa mit dem Druck zusammen, dem die deutschen Labore derzeit ausgesetzt sind? Dazu würde die Gründung des Dachverbandes Ärztliche Diagnostikfächer (DVÄD) passen, der mit der Feststellung "70 % aller Diagnosen werden von Ärzten der Laborfächer erstellt" auf sich aufmerksam machen will.

Solche Nebenkriegsschauplätze brauchen wir nicht. Es geht vielmehr um die Zukunft der ambulanten Medizin. Wir müssen uns gegen eine Front von Politik, Krankenkassen, Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) und Gemeinsamen Bundesausschuss behaupten. Die Gründung eines DVÄD hilft uns nicht weiter.

»Verlust des Sicherstellungsauftrags wäre das KV-Ende«

In die gesundheitspolitische Diskussion müssen sich alle Niedergelassene einmischen, und wir dürfen uns keinen Sand in die Augen streuen lassen. Veränderungen im System wie der Ärztemangel auf dem Land oder die Feminisierung in der Medizin werden zwar vordergründig erkannt und es werden zu unserer Beruhigung Masterpläne und ähnliche Papiertiger erstellt. In Wirklichkeit aber wird die ambulante Medizin umgeplant. Hinter schönen Namen wie „das ambulante Krankenhaus“ oder "Patient First!" (der Friedrich-Ebert-Stiftung) verbergen sich Versuche, unser bewährtes System auf den Kopf zu stellen. Zum Glück hat das die neue KBV-Spitze erkannt und zukunftsträchtige Konzepte entwickelt, mit denen wir und unser Nachwuchs (über-)leben können.

Zwei Aussagen charakterisieren das neue Denken im KBV-Vorstand:
1. Es gibt keine haus- oder fachärztlichen Patienten.
2. Vorsicht, eine Systementscheidung steht an: inhabergeführte Praxis oder zentralistische Steuerung über das Krankenhaus?

Allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen da auch mitziehen. Wenn wir über eine sektorenübergreifende Versorgung reden, müssen wir zunächst die Sektorengrenzen bei den ambulant Tätigen, egal ob selbstständig oder angestellt, überwinden. Wir alle sind Tag und Nacht zuständig für die ambulante Versorgung der Bevölkerung. Der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Gassen hat das im Mai in seiner Rede vor der KBV-Vertreterversammlung deutlich zum Ausdruck gebracht: "Wir garantieren die flächendeckende Versorgung unserer Patienten bei hoher Qualität in Deutschland, und zwar 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche."

»Versuche, unser System auf den Kopf zu stellen«

Das Ganze nennt man Sicherstellungsauftrag. Für den sind die KVen (also wir) verantwortlich. Er wurde am 25. Mai 1955 in Stein gemeißelt, als der Deutsche Bundestag das Gesetz über das Kassenarztrecht verabschiedete. Und dieser Sicherstellungsauftrag wird permanent angegriffen, etwa von der DKG, wenn sie behauptet: "Die KVen können ihren Sicherstellungsauftrag nicht erfüllen."

Ich ahne, was viele Leserinnen und Leser jetzt denken, deshalb folgende Klarstellung: Niemand kann 365 x 24 Stunden erreichbar sein. Deshalb haben wir, die KVen, das selbst geregelt, beispielsweise mit kollegialen Vertretungsringen oder Bereitschaftsdienstpraxen. Sicherstellen tun wir auch, wenn wir dem anrufenden Patienten eine Vertretung anbieten; allerdings muss der Text auf dem Anrufbeantworter auch stimmen. Ein Verweis werktags um zwölf Uhr auf die noch geschlossene Bereitschaftspraxis geht nicht. "Bitte wenden Sie sich an das nächstgelegene Krankenhaus" geht auch nicht, weil die KVen die ambulante Versorgung sicherstellen und die Krankenhäuser nicht zur KV gehören.

Der Verlust des Sicherstellungsauftrags wäre das Ende der KV, die wir dringend brauchen und bei Verlust nie mehr wiederbekämen. Erinnern wir uns: Letztendlich wurde der Gedanke Selbstverwaltung 1900 von Dr. Hermann Hartmann gezündet, der seine Kollegen aufforderte, sich zu organisieren, um der Macht der Krankenkassen entgegenzutreten. Bismarck hatte nämlich in der 1883 gegründeten gesetzlichen Sozial- und Krankenversicherung verankert, dass für die Sicherstellung und die Honorierung der Ärzte die Krankenkassen zuständig sind. Dahin will doch wohl keiner von Ihnen zurück, oder? Also müssen wir den Sicherstellungsauftrag gemeinsam verteidigen, aber auch erfüllen.

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