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Jens Spahn: Aufholen, was versäumt wurde

Gesundheitspolitik Autor: Thomas Trappe

Datenschutz ist etwas für Gesunde! Diese Position kann Jens Spahn als Minister nicht mehr uneingeschränkt vertreten.
Datenschutz ist etwas für Gesunde! Diese Position kann Jens Spahn als Minister nicht mehr uneingeschränkt vertreten. © conhIT 2018
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Die Wähler erwarten jetzt bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens Fortschritte, glaubt Jens Spahn. Ein in diesem Sinne neu strukturiertes Gesundheitsministerium soll die nächsten Schritte anschieben.

Der Bundesgesundheitsminister konnte sich bei einer der größten Gesundheits-IT-Messen Deutschlands gut aufgehoben fühlen. Bevor Spahn (CDU) in Berlin die conhIT eröffnete, wurde er selbst äußerst herzlich begrüßt. Jens Naumann, Vorstandschef des Bundesverbands Gesundheits-IT (bvitg) lobte, dass Spahn schon in seiner Zeit als gesundheitspolitischer Sprecher einen „großen Hang zur Digitalisierung“ gezeigt habe. Die Branche wolle daher gerne eng mit ihm zusammenarbeiten. „Wir können Hinweise geben, wo Leinen zu lösen sind, vielleicht auch gordische Knoten zu durchschlagen“, so Naumann. Patienten und Ärzte würden genau darauf warten.

Nach der Sommerpause „werden wir konkreter“

Spahn sieht das ebenso. Die Wähler würden es nicht verstehen, wenn es bis zur nächsten Bundestagswahl keine digitalen Fortschritte im Gesundheitswesen gebe. „In dem Bereich haben wir noch viel vor der Brust.“ Akzeptanz für digitale Anwendungen werde es aber nur geben, wenn diese „das Leben leichter machen“. So gelte es, schnellstmöglich die elektronische Patientenakte umzusetzen. Und die Ärzte warteten auf Anwendungen, die ihnen die Arbeit erleichtern.

Er wisse auch um die vielen Bedenken, sagte Spahn. Seine persönliche Haltung deutete er bei der Messe-Eröffnung an, indem er auf ein Buch aus seiner Feder verwies, in dem er einst postulierte, Datenschutz sei etwas für Gesunde. Als Gesundheitsminister würde er dies selbstredend nicht sagen, schob er nach.

Tele- und Internetmedizin für bessere Versorgung nutzen

Fest steht, dass das Bundesgesundheitsministerium in den kommenden Monaten stärker auf Digitalisierung getrimmt werden soll. Zusammen mit dem neuen Abteilungsleiter Gottfried Lude­wig, der vorher in der Berliner CDU-Landespolitik tätig war und jetzt das Thema Digitalisierung im Ministerium verantworten soll, will Spahn „sehr intensiv“ eine Bestandsaufnahme machen. Nach der parlamentarischen Sommerpause sei mit Ergebnissen zu rechnen. „Dann werden wir konkreter.“

Spahn kündigte drei Schwerpunkte für diese Legislatur an. Oben auf der Agenda stünden Fragen zur Tele- bzw. Internetmedizin. Spahn nannte das Fernbehandlungsverbot. „Ein zunehmender Teil der Ärzteschaft ist bereit, zu schauen, welche Möglichkeiten es für eine bessere Versorgung gibt.“ Konzepte, die helfen, die Versorgung vor allem auf dem Land zu verbessern, will er „weiter befördern“.

Der zweite Schwerpunkt ist die Versorgungsforschung mithilfe Big Data. Wie schon Amtsvorgänger Hermann Gröhe sprach Spahn von „massig“ vorhandenen Versorgungsdaten, die kaum für die Forschung genutzt würden. „Wenn man das noch mit künstlicher Intelligenz verknüpft, liegen da wahnsinnig viele Chancen drin.“ Auch das dritte von Spahn genannte Ziel ist kein ganz neues im BMG: So will man Bürgern bald offizielle Einschätzungen über den Mehrwert von Gesundheitsapps geben können.

Jens Spahn schloss seine Rede mit einer Mischung aus ministeriellem Optimismus und der Selbstkritik eines langjährigen Gesundheitspolitikers. Ja, man habe in den letzten Jahren vieles versäumt, sagte er. „Aber je weiter man hintendran ist, desto mehr kann man aufholen.“

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