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Kasse: Hausarzt zu dumm zum Krankschreiben

Autor: Dr. jur. Karin Hahne

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Dr. Michael P. Adrian,

Facharzt für Allgemeinmedizin,

Köln:

 

Eine Patientin ist psychisch erkrankt und seit längerer Zeit wegen ihrer Depressionen von mir arbeitsunfähig geschrieben. Sie bezieht Krankengeld. Nun schreibt die Krankenkasse der Patientin, dass sie nur noch Geld bekommt, wenn Sie eine AU-Bescheinigung von einem Psychiater vorlegt. Gleichzeitig fordert die Kasse von mir eine Beurteilung des Zustandes meiner Patientin. Wie reagiere ich angemessen auf diese drastische Aktion der Kasse, die mit Krankengeldsperre droht und von mir, als „inkompetentem“ Arzt dennoch eine Beurteilung verlangt?

Dr. jur. Karin Hahne,
Fachanwältin für Medizinrecht, Frankfurt:

Grundsätzlich gibt es in den Vorschriften zur vertragsärztlichen Versorgung keine Regelung, wonach nur ein Facharzt die Arbeitsunfähigkeit bescheinigen kann, auch wenn die Krankheit in ein spezielles Fachgebiet fällt. Nach den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien werden AU-Bescheinigungen von Vertragsärzten ausgestellt.

Soweit sich nun die Kasse an den Hausarzt mit der Bitte um Auskunftserteilung wendet, ist dem Anschreiben zu entnehmen, dass es um die stufenweise Wiedereingliederung in den Erwerbsprozess geht. Hier ist der Anlage 1 zu den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien geregelt, dass die stufenweise Wiedereingliederung eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Versichertem, behandelndem Arzt, Arbeitgeber, Arbeitnehmervertretung, Betriebsarzt, Krankenkasse sowie ggf. MDK und Rehabilitationsträger auf der Basis der von dem behandelnden Arzt unter Beachtung der Schweigepflicht gegebenen Empfehlungen für die Wiedereingliederungsphase erfordert. Unterstellt, dass eine entsprechende Schweigepflichtsentbindungserklärung der Patientin für Auskünfte gegenüber Kasse und Arbeitgeber besteht, hält sich die Auskunftsanforderung der Kasse im Rahmen dieser Vorschriften.

Soweit sich die Krankenkasse an die Patientin hinsichtlich der fachärztlichen Bestätigung ihrer Arbeitsunfähigkeit wendet, überschreitet sie hier eindeutig ihre Kompetenzen. Bei Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit oder am Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit ist der Medizinische Dienst einzuschalten, der eine gutachterliche Stellungnahme abzugeben hat. Wenn der Medizinische Dienst bei der Überprüfung eine fachärztliche Abklärung für notwendig hält, muss dieser eine solche veranlassen; eine Zuständigkeit der betroffenen Krankenkasse dafür ist gesetzlich nicht vorgesehen. Hierauf sollte der Arzt die Krankenkasse verweisen.

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