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Kassenpraxis ade, Privatpraxis juchhe

Gesundheitspolitik Autor: Anke Thomas

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Drei Ärzte berichten von GKV-Ausstieg, Arbeitszufriedenheit und mehr Lebensqualität.

Ärzte, die ihre Kassenpraxis aufgaben und nun in reinen Privatpraxen arbeiten, berichteten auf dem 4. Bundes­kongress für Privatmedizin über ihre Erfahrungen. Kaum Zeit für die Patienten, wenig Geld und entsetzlich viel Formularkram waren die Gründe, warum die Kollegen den Schritt zur reinen Privatpraxis wagten.


Der Krefelder Augenarzt Dr. Karl Boden, 
seit 1995 niedergelassen, gab seine Kassenpraxis 2009 auf. Er verkaufte seine Zulassung nicht, sondern verzichtete auf sie. Anfangs war es schon sehr komisch, so Dr. Boden, denn das Wartezimmer war leer, viele Patienten wanderten ab. Das ging ein halbes Jahr so und die Abschlagszahlungen der KV fehlten schmerzlich. Auch spürte Dr. Boden Anfeindungen von Kollegen, die ihm Rosinenpickerei vorwarfen.

Kurze Wartezeiten und gute Betreuung spricht sich rum

Doch schnell sprach sich herum, dass die Wartezeiten in der Augenarztpraxis minimal sind und dass der Arzt sich für seine Patienten Zeit nimmt. Nach nunmehr drei Jahren Erfahrung mit der Privatpraxis bereut Dr. Boden den Schritt nicht. Die Kassenpatienten kehren nach und nach zurück. Mittlerweile betreut Dr. Boden täglich etwa 15 Patienten. Finanziell, sagt er, geht es ihm besser als zuvor. Kollegen, die den Schritt wagen wollen, rät er zu Geduld (zwei bis drei Jahre). Unerlässlich seien kommunikationsstarke Mitarbeiterinnen (Schulungen), das Herausarbeiten eines Alleinstellungsmerkmals und der Nutzen für die Patienten. Dann könne eigentlich nichts schief gehen.


Die Allgemeinärztin Dr. Birgit 
Hickey ist seit zehn Jahren rein privatärztlich tätig. Sie hat sich auf die systemische Medizin und Familientherapie spezialisiert und stellt damit keine Konkurrenz für andere Hausärzte dar. Die Kollegin, die zehn Jahre lang eine Kassenpraxis führte, berichtete über deutlich mehr Lebensqualität: Sie müsse nicht mehr täglich am Rande des Burnouts leben.

Chirurgische Privatpraxis: Höchstens vier Operationen am Tag

Kann eine chirurgische Privatpraxis auf dem platten Land funktionieren?, fragte sich Professor Dr. René Holzheimer, der sich über die schlechten Rahmenbedingungen im KV-System ärgerte. Als er bayerischen Krankenkassen 2003 unterbreitete, dass das Risiko eines erneuten Leistenbruchs nach einer Hernienoperation bei ihm im mehr als zweistelligen Bereich niedriger als üblich ist, zeigten diese kein Interesse an einer vertraglichen Zusammenarbeit. Heute arbeitet der Chirurg nur privatärztlich und führt täglich maximal vier Operationen durch.

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