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KV: Niedergelassene sind ein Schutzwall gegen die Coronapandemie

Gesundheitspolitik Autor: Ruth Bahners

Verstreute Gäste, viele Monitore. Auch der Gesundheitskongress des Westens musste coronagerecht laufen. Verstreute Gäste, viele Monitore. Auch der Gesundheitskongress des Westens musste coronagerecht laufen. © WISO/Schmidt-Dominé
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Standesfunktionäre sind überzeugt: Die Niedergelassenen haben wesentlich zur Bewältigung der Coronakrise beigetragen – auch mithilfe von Videosprechstunden. Jetzt gelte es, die ängstlichen Patienten zurückzugewinnen.

Laut Dr. Frank Bergmann, Chef der KV Nordrhein, haben die Praxen einen „Schutzwall für die Kliniken“ gebildet. Sechs von sieben Patienten mit einer SARS-CoV-2-Infektion seien ambulant behandelt worden. Die Zahl der Hausbesuche nahm deutlich zu. Dr. Bergmann tritt damit Behauptungen entgegen, die Vertragsärzte hätten sich zurückgehalten. Auch als es wenig Schutzmaterial gab, seien die Praxen offen geblieben, so der KV-Chef. „Die Niedergelassenen haben die Fahne hochgehalten.“ Die Fallzahlen des ersten Quartals 2020 seien nicht dramatisch eingebrochen. Das zweite Quartal mit April und Mai bleibt allerdings „spannend“.

Mithilfe des Coronaschutzschilds hätten stark von Einbußen betroffene Praxen stabilisiert werden können, allerdings nur bis zu 90 % des Vergleichsumsatzes. Mehr sehe die Regelung nicht vor. Dr. Bergmann erkennt dennoch die Unterstützung durch die Politik an. Deren schnelles Handeln habe diese Hilfe ermög­licht. Auch die gesetzlichen Krankenkassen hätten mitgezogen.

Zähe Verhandlungen über Kauf von Schutzausrüstung

Die PKV habe sich nicht in dem Maße wie die GKV am Rettungsschirm beteiligt. Für Praxen mit hohem Privatanteil erwartet Dr. Bergmann „besonders hohe Verluste, da die PKV nicht zur Hilfe bereit war“.

Das größte Problem bleibe die Beschaffung von medizinischem Material, insbesondere von Schutzausrüstung. Die KV habe über alle Kanäle versucht, Schutzkleidung zu ergattern, und eine Lieferlogis­tik aufgebaut. Denn sogar Lungenfachpraxen oder Dialysezentren habe es an Materialen gemangelt. „Besonders ärgerlich ist aber, wenn man dann noch auf den Kosten sitzen bleibt“, sagt Dr. Bergmann mit Blick auf die Krankenkassen. Die Verhandlungen über die Kostenerstattung für die Schutzausrüstung, die die KV beschafft habe, zögen sich hin.

Auch die fehlende elektronische Infrastruktur habe sich in der Krise bemerkbar gemacht, meint der niedergelassene Schmerztherapeut und Director medical care des health innovation hub (hih) des Bundesgesundheitsministeriums, Dr. Philipp Stachwitz. Um unnötige Besuche in der Praxis zu vermeiden, hätten seine Kollegen Patienten auf dem Postweg mit Rezepten versorgen müssen. Weil dieser aber langsam sei, hätten begrenzt gültige BTM-Rezepte nicht rechtzeitig eingelöst werden können. Mit dem E-Rezept wäre das nicht passiert.

Immerhin: Die Akzeptanz elektronischer Anwendungen wie der Videosprechstunde ist stark gewachsen, so Dr. Stachwitz. Während 2017 70 % befragter Ärzte die Video­sprechstunde ablehnten, seien es jetzt nur noch 40 %. Das habe eine Umfrage des hih ergeben. Dr. Bergmann bestätigt diesen Eindruck. Vor der Pandemie habe es keine 1000 Praxen im Rheinland gegeben, die Videosprechstunden anboten. Heute seien es 5000. Der KV-Chef sieht kein Akzeptanzproblem. Vielmehr fehlten die erforderlichen zertifizierten Systeme. „Die Praxisverwaltungssysteme können keine Vernetzung und keine Kommunikation.“ Dr. Bergmann: „Eigentlich wollen die Ärzte, aber sie können nicht.“

Dabei ist elektronische Kommunikation das entscheidende Instrument, um die Fallzahlen wieder zu steigern. Davon ist Daniel Zehnich, Bereichsleiter Gesundheitsmärkte und -politik der Apotheker- und Ärztebank, überzeugt. Die Praxen sollten auf sich aufmerksam machen. Eine Homepage sei dafür am besten geeignet. Dort könne über Sprechstundenzeiten, Arbeitsabläufe, Hygienemaßnahmen und die Pandemie aufgeklärt werden. Patienten reagierten positiv auf die Online-Terminvergabe.

Quelle: Gesundheitskongress des Westens

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