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Lobbyarbeit von Ärzten und Kassen

Autor: Cornelia Kolbeck, Foto: thinkstock

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Jetzt kann jeder Bürger im Internet nachlesen, welche Lobbyisten mit einem Hausausweis im Bundestag aus- und eingehen.

Die Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de stellte Ende November eine Liste mit 470 Verbänden, Unternehmen und Organisationen ins Netz, nachdem der Berliner "Tagesspiegel" mit einer erfolgreichen Eilklage beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Veröffentlichung der Daten durch die Bundestagsverwaltung erzwingen konnte. Die CDU/CSU-Fraktion hatte sich lange dagegen gesperrt, die Namen preiszugeben. SPD, Linke und Grüne veröffentlichten die Namen zumindest teilweise freiwillig.

Hausausweise vermitteln Zugang zu den Büros 
der Abgeordneten

Banken und Versicherungen, Ener­gieunternehmen, Stiftungen, Zigarettenhersteller, Autoindustrie, Pharmaunternehmen – es gibt auf den ersten Blick keinen Lobbybereich, für den die Bundestagsfraktionen nicht freigiebig die Türen des Bundestages geöffnet haben. Roman Ebner von abgeordnetenwatch.de spricht von den üblichen Verdächtigen, darunter auch die Waffen- und Frackinglobby.

Wer einen der begehrten Hausausweise besitzt, der hat freien Zugang u.a. zu den Abgeordnetenbüros, den Fraktionsebenen und zum Parlamentsrestaurant. Um das begehrte Dokument auf dem inoffiziellen Weg über die Fraktionen zu bekommen, benötigt man als Lobbyist lediglich die Unterschrift eines Parlamentarischen Geschäftsführers.

Auch die großen Player aus dem Gesundheitsbereich haben offenbar beste Kontakte zu den obersten Volksvertretern. Der KBV zum Beispiel genehmigten die SPD neun, die CDU fünf Hausausweise. Enge Verbindungen pflegen auch die KV Bayerns (CSU, ein Ausweis) und die KV Brandenburg (CDU, ein Ausweis). Der GKV-Spitzenverband erhielt 13 Ausweise von der CDU und acht von der SPD. Mit an Bord ist auch der Gemeinsame Bundesausschuss mit vier Ausweisen von der SPD und zwei Ausweisen von der CDU.

Beim Bürger kommt die geheime Vergabepraxis gar nicht gut an. "In Anbetracht dieser Gemengelage mit intensivster Beeinflussung unserer Bundestagsabgeordneten durch Lobbyisten aller Art, erscheint die geplante Verabschiedung eines Antikorruptionsgesetzes nur für Gesundheitsberufe wie eine schallende Ohrfeige für alle im Gesundheitswesen Tätigen", meint die Bürger Initiative Gesundheit e.V.

EU: Lobbyregister für Parlament und Kommission

Insgesamt wurden in dieser Legislaturperiode 1111 Ausweise über die Fraktionen vergeben. Die Aktivisten von abgeordnetenwatch.de sind zufrieden, dass darüber jetzt Transparenz erzwungen wurde. Allerdings geht ihnen die noch nicht weit genug. Sie fordern, wie auch die Initiative LobbyControl, ein Lobbyregister. Ein solches gibt es bereits für das Europäische Parlament und die Europäische Kommission. Hier ist von den Lobbyisten anzugeben, welche Interessen verfolgt werden und welche Finanzmittel dafür zur Verfügung stehen. 8733 Organisationen waren Anfang Dezember angemeldet.

Ein entscheidendes Manko gibt es jedoch: Die Registrierung ist freiwillig. Nur Organisationen und Einzelpersonen, die an Treffen mit Kommissionsmitgliedern, Kabinettsmitgliedern oder Generaldirektoren interessiert sind oder bei Anhörungen des Europäischen Parlaments das Wort ergreifen möchten, müssen sich registrieren lassen.



Quelle: Medical-Tribune-Recherche

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