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Lohnt es sich, die Praxis einfach an meine KV zu verkaufen?

Autor: Henriette Marcus, Foto: thinkstock

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Leser fragen, MT-Experten antworten: Einen Praxissitz zu veräußern kann eine nervenaufreibende Angelegenheit sein. Sollte man sich diese Plackerei rund um den Praxisverkauf nicht einfach ersparen?

Dr. K. aus S.:
Bevor sich ein Arzt dem Stress mit der Praxissitz-Ausschreibung, den Vertragsverhandlungen etc. aussetzt, wäre es dann nicht besser, gleich eine KV-Entschädigung anzunehmen? Wäre es z.B. sinnvoll, vorab seine Zustimmung zur Entschädigung (beispielsweise bei zwei Quartalsumsätzen Entschädigungssumme) zu signalisieren? Und wer wäre dann der Ansprechpartner?


Henriette Marcus,
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht, Frankfurt/Main:


Die Frage des Arztes zielt auf die Anfang 2012 neu eingeführte Regelung in § 105 Abs. 3 SGB V ab. Die lautet: „Die KVen können den freiwilligen Verzicht auf die Zulassung als Vertragsarzt finanziell fördern. In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, ist eine finanzielle Förderung auch durch den Aufkauf der Arztpraxis durch die KV möglich, wenn auf eine Ausschreibung zur Nachbesetzung nach § 103 Absatz 4 Satz 1 verzichtet wird.“


Ziel der Regelung ist, dass der Vertragsarzt endgültig und dauerhaft auf seine Zulassung verzichtet und diese ohne Nachbesetzung schließt. Wirtschaftlich ist die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu beachten, wonach gilt, dass „die Interessen des ausscheidenden Arztes oder seiner Erben (vom) Gesetzgeber auf die Höhe des Verkehrswertes der Praxis begrenzt (sind)“. Dies dürfte die Obergrenze der  Kaufpreiszahlung bei Aufkauf einer Praxis durch die KV aus rechtlicher Sicht darstellen.

Praxisabgabe: Wie wird der Verkehrswert ermittelt?

Zur Ermittlung des Verkehrswerts der Praxis wird regelmäßig die modifizierte Ertragswertmethode angewendet, bei der neben dem Substanzwert der Praxis, d.h. dem Zeitwert der bewertbaren Wirtschaftsgüter, der immaterielle Wert in Form eines Goodwills berücksichtigt wird. Nach dieser Rechtsprechung müsste die KV durch einen Sachverständigen anhand der modifizierten Ertragswertmethode den Verkehrswert einer Praxis feststellen lassen, wenn über die Zahlung der KV keine Einigung zur Frage der Höhe zustande käme.


Die Maßnahmen sind dabei aus Mitteln der KV zu zahlen, da keine gesonderten Geldmittel vom Gesetzgeber dafür bereitgestellt wurden oder im System vorgesehen sind. Das bedeutet, dass Zahlungen aus der Gesamtvergütung zu entnehmen sind und daher in der Satzung der jeweiligen KV als Fördermittel vorgesehen sein müssen. Es empfiehlt sich daher, die jeweilige KV-Satzung daraufhin vorher zu prüfen.


Aus praktischer Erfahrung und unserer Sicht sollte nach wie vor der Fokus auf die Nachfolgersuche gelegt werden. Nur so kann der Vertragsarzt erreichen, dass er den Unternehmenswert seiner Praxis durch mehr oder weniger angemessene Kaufpreiszahlung eines niederlassungswilligen Kollegen realisiert. Sofern auch nach angestrengter und längerer Suche kein Nachfolger in Sicht ist oder gefunden wird, kann von dem abgabewilligen Vertragsarzt zumindest versucht werden, auf die KV zuzugehen und eine Förder- oder Kaufpreiszahlung durch die KV zu erwirken.

„KV könnte Verhandlungen 
mit abgabewilligen Ärzten einfach aussitzen“

Zuständig ist – je nach KV-Organisation je Bundesland – in der Regel die Abteilung Niederlassungsberatung/Sicherstellung, nicht hingegen der Zulassungsausschuss und dessen Geschäftsstelle. Faktisch ist zu bedenken, dass sich die Frage stellt, ob die KV entsprechende Versuche abgabewilliger Ärzte und solche Verhandlungen einfach „aussitzt“, bis der Vertragsarzt letztlich von alleine aufgibt und verzichtet. Das auch deshalb, um keine (bei den übrigen Niedergelassenen unpopulären) Zahlungen zulasten der Gesamtvergütung anzubieten, wenn der Vertragsarzt ohnehin letztlich keinen Kaufinteressenten findet.


Die neuen Regelungen wurden vom Gesetzgeber als Möglichkeit ausgestaltet. Das heißt, es steht der KV frei, die vom Gesetzgeber eröffnete Variante anzubieten. Nach unserer Kenntnis gibt es noch keinen Fall, der nach § 105 Abs. 3 SGB V geregelt wurde und auch noch keine KV, die eine entsprechende Regelung bisher in ihrer Satzung vorsieht.

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