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Netzärzte sehen sich als dritte Säule der Versorgung

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

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Mindestens drei Jahre lang sollen Arztnetze bestehen, bevor sie sich bei KVen um Zuschüsse bewerben können. So lautet eines der Kriterien in der kommenden Rahmenvorgabe zur Anerkennung förderungswürdiger Praxisnetze.

Die Vorgabe für die KV-Richtlinien wird wohl zum 1. April in Kraft treten. Als Dr. Bernhard Gibis auf dem von der Agentur deutscher Arztnetze (ADA) organisierten Workshop zur Netzförderung referierte, lag die Rahmenvorgabe nach § 87b SGB V dem GKV-Spitzenverband zur Unterschrift vor. Dr. Gibis, Leiter des für Bedarfsplanung zuständigen KBV-Dezernats, zeigte sich bezüglich der Zustimmung zuversichtlich. „Jetzt besteht die Hoffnung, dass Praxisnetze fester Bestandteil der Versorgung werden.“


Die Rahmenvorgabe, die als Basis für die noch zu beschließenden Richtlinien der KVen dienen soll, ist teils eng gefasst: Drei Jahre muss ein Praxisnetz bereits bestehen, es muss in der Region etabliert und bei der Ärztekammer eingetragen sein. Das Netz sollte aus 20 bis 100 Praxen bestehen, neben Hausärzten mindestens zwei weitere Fachgruppen umfassen und mindestens einen Kooperationspartner eingebunden haben.

Klare Strukturen für Praxisnetze

Gefordert werden klare Managementstrukturen wie eine Geschäftsstelle, einen Geschäftsführer (angestellt oder mit Honorarvertrag) und einen ärztlichen Leiter. Ein weiteres Kriterium für die Förderungswürdigkeit ist der richtige Gesellschaftervertrag. So müssen die Netzpartner mehrheitlich Ärzte sein. Eine „Logistikendkette eines Medizinprodukteherstellers“ werde nicht anerkannt, ebenso keine Kaufmannsgesellschaft, so Dr. Gibis.


Das Netz muss sich gezielt um Patienten in einem speziellen Bereich kümmern und nicht allgemein um die Versorgung im Kreis oder KV-Bezirk. Als Problem stellte Dr. Gibis die Netzförderung aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung dar. Wenn per Beschluss der Vertreterversammlung 95 % der Ärzte an 5 % der Kollegen etwas abgeben sollen, sei das „schwierig“.


Idealerweise schießen Krankenkassen in Add-on-Verträgen etwas zu, doch momentan rechnen weder KV-Vertreter noch Netzärzte mit großer Bereitwilligkeit. In Niedersachsen geht die KV deshalb einen anderen Weg, wie KV-Chef Mark Barjenbruch berichtete. Für die Netzförderung steht bis 2016 eine Million Euro aus Haushaltsmitteln bereit. Maximal 50 000 Euro sind pro Netz eingeplant, sowohl als verlorener Zuschuss als auch als Kredit, wenn eine Rückzahlung möglich ist.

Gleichen Praxisnetze den Ärztemangel aus?

Die Förderung soll nicht nur seit Jahren bestehenden, anerkannten Praxisnetzen zugute kommen, sondern auch Einsteigern. Fabian Demmelhuber, Referatsleiter Versorgungskonzepte und Zusatzverträge bei der KV Bayerns, gab an, dass von den laut KBV bundesweit ca. 30 förderungswürdigen Netzen rund zehn in Bayern arbeiten. Die KV geht von einer Zunahme der anerkennungsfähigen Netze in den nächsten drei Jahren aus. Sie sieht aber die „Gefahr des Wertverlusts durch inflationäre Anerkennung“ von Praxisnetzen, der Förderung von Netzen auf Kosten von Nicht-Netzärzten sowie der Benachteiligung von Ärzten, die sich gegen eine Netzteilnahme entscheiden.


Praxisnetze, die die Versorgung tatsächlich verbessern, werden künftig im KV-System den Ärztemangel ausgleichen und dafür vielleicht auch den Sicherstellungsauftrag übertragen bekommen. Davon zeigten sich Netz- und KV-Vertreter im Workshop überzeugt. „Wir können mit den Netzen alle regionalen Bereiche abbilden“, so der ADA-Vorsitzende Dr. Veit Wambach, 
der eine „erhebliche Dynamik“ in der Netzwelt konstatiert. Er bezeichnete Praxisnetze als küntige dritte Säule der ambulanten Versorgung – neben Kollektiv- und Selektivverträgen.


Quelle: Workshop Agentur deutscher Arztnetze, Berlin, 2013

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