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Organspende: Wieder Vertrauen gewinnen

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

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Die Bereitschaft, im Fall des Todes seine Organe zu spenden, sinkt seit Bekanntwerden der Manipulationen von Transplantationsverfahren. Mehr Kontrolle und Transparenz könnten die Lage ändern.

Die Politik will die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Definition des Hirntods und zur Warteliste der Organspender künftig vom Bundesgesundheitsministerium genehmigen lassen. Und Manipulationen der Warteliste sollen künftig strafbar sein. Ein Änderungsantrag zur  Neuregelung des Transplantationsgesetzes wurde an den Gesetzentwurf zur „Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung“ angehängt.


Die Spitze der Bundesärztekammer ist allerdings überzeugt: Das nach den Skandalen geschärfte ärztliche Instrumentarium reicht aus;  es bedarf keiner erneuten Änderung des Transplantationsgesetzes. „Ich glaube nicht, dass durch eine staatliche Intervention das System verbessert würde“, sagte BÄK-Präsident Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery auf dem Hauptstadtkongress. Eine rechtsförmliche Prüfung durch das Ministerium hält er für denkbar, eine inhaltliche Prüfung jedoch für „höchst bedenklich“.

Organspende - „Unregelmäßigkeiten ohne Skandalisierung aufarbeiten“

Beispielsweise seien die Richtlinien zur Feststellung des Hirntods in einem komplexen Verfahren unter Hinzuziehung einer Gruppe von Wissenschaftlern aus Transplantationsmedizin, Ethik und Religionswissenschaft entwickelt worden. Eine Überprüfung „durch einen einfachen Abteilungsleiter aus dem Bundesministerium für Gesundheit“, sei „nicht der Stein des Weisen“, so Prof. Montgomery.


Der BÄK-Präsident hält eher ein Verständigen darüber für nötig, wie das „Dilemma“ von Transparenz und Vertrauensschutz gelöst werden kann. Die Ärzte seien zu Transparenz verpflichtet. Doch diese fördere den Jagdtrieb von Journalisten. Deren Berichte wiederum führten in der Bevölkerung zur Unsicherheit. „Es muss uns gelingen, die bei über 4000 Operationen jährlich vorkommenden Unregelmäßigkeiten ohne Skandalisierung aufzuarbeiten“, so Prof. Montgomery.


Dr. Christina Berndt, die als Journalistin maßgeblich an der Aufdeckung des Transplantationsskandals beteiligt war, bedauert, dass durch die Veröffentlichungen „sicher Lebenszeit verloren“ ging. „Das bewegt mich persönlich“, so die Redakteurin der Süddeutschen Zeitung. Aber für Journalisten sei klar: Solche Missstände müssen an die Öffentlichkeit, auch wenn die Folgen zunächst negativ sind.


Journalisten und Chirurgen hätten da etwas gemeinsam: „Mitunter müssen sie Schmerzen verursachen, um zu heilen.“ Letztendlich habe die Berichterstattung auch Gutes gebracht: die Stärkung der Kontrollen durch eine Task Force, das Sechs-Augen-Prinzip sowie, „dass Boni zur Steigerung der Transplantationszahlen in den Kliniken jetzt pfui sind“.

Transplantationsmedizin als Lebensretter

Ob die getroffenen und geplanten Maßnahmen reichen, die Organspendebereitschaft zu steigern, hängt aus Sicht der Journalistin davon ab, wie transparent die Task Force künftig mit Prüfungsergebnissen umgeht. In der Vergangenheit seien solche Berichte derart verklausuliert gewesen, dass man nicht einmal daraus ersehen konnte, wo und wann etwas geschehen war. Dr. Berndt kritisiert auch, dass „kleine Unregelmäßigkeiten“ immer noch als normal angesehen würden.


Dr. Rainer Hess, hauptamtlicher Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), hält es ebenfalls für notwendig, Fehler öffentlich zu machen: „In jedem System gibt es Fehler, Fehler sind doch nichts Außergewöhnliches – auch nicht in der Medizin.“


Es sei zudem wichtig, „zu zeigen, welche Maßnahmen ergriffen werden, damit der Fehler nicht noch einmal passiert“. Man müsse viel offener mit diesen Fragen umgehen, um das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen, so der Jurist. Der Stellenwert der Transplantation als Maßnahme zur Lebensrettung müsse allerdings ebenfalls immer wieder dargestellt werden – auch von den Medien.


Quelle: Hauptstadtkongress 2013, Berlin, 2013

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