Anzeige

Prof. Beskes Vorschläge für Sparmaßnahmen in der GKV

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Anzeige

Gesetzliche Krankenkassen sollten in erster Linie die Versorgung im Krankheitsfall finanzieren. Prävention sollte es nur noch für Schwangere und Kinder, beim Impfen und zur Zahnkontrolle geben.

„Wir werden an den Katalog der GKV herangehen müssen“, meint der Gesundheitswissenschaftler Professor Dr. Fritz Beske. Wenn es im Gesundheitssystem einen Geldmangel gebe, müsse über Priorisierung und Rationierung geredet werden.

Jeder Einzelne überlege sich, wie viel Geld er zur Verfügung habe, und setze dann Prioritäten beim Ausgeben. „Das findet beim öffentlichen Haushalt statt, und das fordere ich auch für die Gesundheitspolitik.“ Prof. Beske verweist auf die aktuell überschuldeten Staaten, die kurzfristig Sozial- und Gesundheitsleis­tungen in Milliardenhöhe gestrichen und Gesundheitszentren geschlossen haben. Damit nicht auch bei uns über Nacht unkoordiniert und unsolidarisch Entscheidungen gefällt werden müssen, fordert Prof. Beske von der Politik, „sich darauf vorzubereiten, was unweigerlich auf uns zukommt“.

Eine Grundlage für eine „offene Diskussion“ über Prioritäten liefert die neue Publikation des Kieler Instituts für Gesundheits-System-Forschung zur Priorisierung und Rationierung. Bei Heilmitteln wird der unübersichtliche Leistungskatalog vollständig geprüft, heißt es hier. Massagen werden gestrichen. Die Kosten für die künstliche Befruchtung sollen umverteilt werden: Staat, GKV und das Paar sollen jeweils ein Drittel zahlen; heute zahlen GKV und das Paar je die Hälfte. Grundsätzlich soll die GKV nicht den Zahlmeister für die versicherungsfremden Leistungen machen (2010: rund 4,4 Mrd. Euro Ausgaben).  

Urlaub bei Arbeitsunfähigkeit

Es wird vorgeschlagen, die Belas­tungsgrenze für chronisch Kranke auf 2 % oder  3 % des Einkommens anzuheben. Die wohnortnahe, ambulante Reha soll ausgebaut und die stationäre Reha reduziert werden. Neu zu ordnen ist die ambulante psychotherapeutische Behandlung, um die Wartezeiten zu verkürzen. Für jede Einzelbehandlung ist eine Zuzahlung vorgesehen. Eingeführt werden zwei Karenztage bei Arbeitsunfähigkeit, die mit Urlaub abgegolten werden können.

Denkbar ist im Fall einer weiter verschärften Finanzlage auch die Streichung von Akupunktur, Krankengeld, der ambulanten psychotherapeutischen Behandlung (außer bei Kindern), Zahnersatz für Erwachsene und Fahrkosten. Die 28-Tage-Begrenzung der Zuzahlung im Krankenhaus könnte dann aufgehoben werden. Auf den Prüfstand stellen die Autoren in diesem Zusammenhang auch die zunehmende Zahl der Kaiserschnitte und die Versorgung von besonders früh Geborenen.

Die Wissenschaftler halten es für unangebracht, dass gesundheitliches Fehlverhalten zulasten aller Beitragszahler geht. Der Deutsche Ethikrat soll Vorschläge erarbeiten, wie Verursacher an den ausgelösten Kosten beteiligt werden können. Grundsätzlich gehen die Autoren davon aus, dass es besser ist, Festbeträge und Festzuschüsse einzuführen statt Leistungen zu streichen. Eine Praxisgebühr in der jetzigen Form soll es nicht mehr geben. Um den Erstkontakt mit dem Arzt nicht zu erschweren, ist ab dem vierten Praxisbesuch im Quartal für jeden weiteren Besuch eine Gebühr von zehn Euro angedacht.

Prof. Fritz Beske legt seit Jahren den Finger in diese Wunde der Gesundheitspolitik. Inwieweit seine Arbeiten bei politischen Entscheidungen berücksichtigt werden, kann er nicht einschätzen. „Wer so etwas macht wie ich, darf nicht im Ansatz depressiv veranlasst sein“, sagt er. „Aber der Zeitpunkt wird kommen, an dem man die Arbeiten aus dem Bücherschrank nimmt.“

Thinkstock Thinkstock
Anzeige