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Übergangsgeld-Hickhack nun vor Gericht

Gesundheitspolitik Autor: Hermann Müller

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Am 19. Dezember verhandelt das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg darüber, ob Berlins KV-Chefin Dr. Angelika Prehn und ihre Vorstandskollegen Dr. Uwe Kraffel und Burkhard Bratzke Übergangsgelder kassieren durften oder ob sie die rund 550 000 Euro zurückzahlen müssen.

Das Urteil am 19. Dezember zum Thema "Übergangsgeld" könnte Einfluss auf das parallel laufende strafrechtliche Ermittlungsverfahren haben. Vor einem Jahr enthüllt das ARD-Fernsehmagazin „Kontraste“, der Berliner KV-Vorstand habe trotz seiner Wiederwahl Übergangsgelder von 549 000 Euro kassiert. Die Aufsichtsbehörde von Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) fordert in einem Verpflichtungsbescheid die Rückzahlung der Gelder – dagegen klagt die KV – und Ende Februar durchsucht die Staatsanwaltschaft Büros und Privaträume der drei Vorstände wegen des Verdachts der Untreue.

Nach den Dienstverträgen steht den Vorständen ein Übergangsgeld zu, sofern sie nach dem Ausscheiden ihre „bisherige ärztliche Tätigkeit hauptberuflich fortführen“. Trotz ihrer Wiederwahl am 27. Januar 2011 erhalten die drei kurze Zeit später jeweils 183 000 Euro. Am gleichen Tag vereinbart Dr. Joachim Treisch, neugewählter Vorsitzender der Vertreterversammlung (VV), als Dienstherr mit dem Vorstand eine „Anpassung“ der Dienstverträge.

„Die Parteien sind sich einig“, die VV stimmt zu

Die „Parteien sind sich einig“, heißt es, dass das „Übergangsgeld mit Ablauf des 28. Februar 2011 ausgezahlt wird“ – unabhängig von Neuwahl oder hauptberuflicher Rückkehr in die Praxis. Erst zwei Monate später soll die Vertreterversammlung den Deal absegnen, doch viele Mitglieder sind empört, der Beschluss wird vertagt. Am 5. Mai stimmt die Mehrheit der VV nachträglich für die Auszahlung.


Nach der Kontraste-Sendung herrscht Begründungsnotstand, die KV verstrickt sich in Widersprüche. Mal ist von einer „prospektiv erfolgsabhängigen Prämie“ die Rede, mal von einer „Auszahlung der Übergangsgelder für die vorangegangene Amtszeit“. Das Thema sorgt wochenlang für Schlagzeilen, der Vorstand gerät in die Defensive. Die Ärztekammer Berlin will die Wogen glätten. Die Delegiertenversammlung empfiehlt die Einzahlung der Gelder auf ein Notaranderkonto bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit. Das sagen ihr Dr. Prehn und Bratzke zu.

Sonderzahlungen sind laut Gutachten rechtens

Auf Fragen, bei welchem Notar das Konto geführt wird und ob alle drei Vorstände das Geld komplett eingezahlt haben, reagiert der KV-Vorstand nicht. Die Kammer wiederum erklärt, sie habe keine „aufsichtsrechtlichen Befugnisse“ zur Kontrolle.  Der Vorstand beauftragt den Berliner Rechtsanwalt Professor Dr. Wolfgang Spoerr mit einem Gutachten. In seiner 62-seitigen Expertise führt der Arbeitsrechtler den Begriff „Sonderzahlungen“ ein und kommt nach einer „Gesamtbetrachtung“ zu dem Ergebnis, der Vorstand habe einen „Anspruch auf Sonderzahlungen von jeweils 183 000 Euro“.


Kritiker außerhalb der VV, die das Gutachten zustimmend zur Kenntnis nimmt, sprechen von einem „Gefälligkeitsgutachten“. Was diese Ausführungen wert sind, könnte sich vor dem Landessozialgericht herausstellen – dort vertritt Prof. Spoerr die Interessen des KV-Vorstands. Nach monatelanger Ruhe sorgt nun ein Beschluss der VV für Erstaunen. Etwas überraschend erhielt der Vorstand kürzlich während der Debatte über den Haushalt 2011 keine Entlastung. Die VV votierte in namentlicher Abstimmung mit 23 zu 13 Stimmen für eine Aussetzung des Beschlusses.

Entlastung des Vorstands: Beschluss ausgesetzt

VV-Mitglieder monierten vor allem die Verbuchung der „erfolgsunabhängigen Prämie“ im Haushalt als Entnahme aus der Rückstellung der Übergangsgelder. „Die Mehrheit hatte ein mulmiges Gefühl“, beschreibt ein Teilnehmer die Stimmung. Hat sich in der VV, diese hat den Vorstand bisher stets gestützt, der Wind gedreht? Oder wartet die VV auf die vorweihnachtliche LSG-Entscheidung? Es dürfte voll und spannend werden in Saal 3 des Gerichts in Potsdam. Dem Vernehmen nach soll der ermittelnde Oberstaatsanwalt den Termin in seinem Kalender vermerkt haben.

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