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Weihnachten feiern, was denn sonst?

Autor: Dr. Cornelia Tauber-Bachmann

© fotolia/Smileus/privat
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Das Weihnachtsfest steht vor der Tür, nach einem eher trubeligen Advent habe ich die Hoffnung auf ein paar erholsame freie Tage. Das Besondere: Keiner in unserer Familie mit einigen Mitgliedern im Medizinbetrieb hat in diesem Jahr Feiertagsdienst. Eine seltene Konstellation, die wir genießen müssen.

Ansonsten höre ich ja eher Klagen wie: „Dieses Jahr fällt Weihnachten besonders arbeitgeberfreundlich aus.“ Und: „Die Feiertage fallen aufs Wochenende, da muss ich viele Urlaubstage nehmen, um zwischen den Jahren zu Hause bleiben zu können.“ Da stellt sich mir die Frage, ist das Eigentliche an Weihnachten noch wichtig?

Mir ist es schon im November aufgefallen. Da war ich zufällig am 11. November in unserer benachbarten Großstadt. Während in unserem eher ländlich strukturierten Bereich die Kinder noch das Fest von St. Martin feiern und mit selbstgebastelten Laternen durch die Dämmerung ziehen mit Liedern wie „St. Martin ritt durch Schnee und Wind ...“, feierten die Großstadtkinder das „Laternenfest“. Und von den Veranstaltern (nach Wissen der Passanten verordnet vom Magistrat der Stadt) wurde sehr viel Wert auf diese Bezeichnung, politisch korrekt und religionsneutral, gelegt.

"Weihnachtsfeier bedeutet vor allem, der Chef zahlt!"

Die Verunsicherung unter den Passanten war allerdings groß und so wurde diskutiert, ob es sich um ein „Lichterfest“ oder das „Fest der Barmherzigkeit“ oder um eine Veranstaltung zur puren Kinderbespaßung handele. Dabei war auch der Umzug in unserem Städtchen vom städtischen Kindergarten und nicht von einer der Kirchengemeinden organisiert. Und jetzt Weihnachten. Was feiern wir nun an Weihnachten? Laut der FAZ vom Dezember 2015 wissen das nicht einmal mehr 39 % unserer Kinder. Dass die vielen Weihnachtsfeiern in den Betrieben, Praxen und Vereinen weniger mit Advent und Weihnachten zu tun haben, sondern mehr mit gemeinschaftsförderndem Zusammensein, gutem Essen und gutem Trinken, manchmal auch lustigen Aufführungen und Spielen, wissen wir ja alle. Und dass der Chef/die Chefin alles zahlt, auch.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich halte diese Treffen für sehr wichtig und in den meisten Fällen auch für bedeutsam und förderlich für das Betriebsklima, aber direkt mit Weihnachten hat das für mich nicht viel zu tun. Und so feiere ich seit vielen Jahren mit meinen Angestellten den Jahresabschluss mit einen ruhigen gemütlichen Abend in einem Restaurant im Januar. Vor allem die Mütter von mehreren kleinen Kindern genießen den familienfreien Abend dann besonders. Und es geht noch besser: eine Kollegin verriet uns kürzlich, dass sie mit ihrer Praxis die sog. Weihnachtsfeier erst im März veranstaltet. Ihre Angestellten seien richtig froh darüber, erzählte sie.

Um meine Zweifel an den Weihnachtsfestivitäten weiter zu nähren, erhielt ich kürzlich mit anderen den Auftrag, für eine Vereinsweihnachtsfeier doch nicht so christliche Lieder auszuwählen. Wie bitte? Ja, es solle eine eher „weltliche Weihnachtsfeier“ werden. Was ist eine „weltliche Weihnachtsfeier“? Jahresendfeier? Versöhnungsfeier? Friedensfest? Sonnwend? Die alten Römer feierten ja Ende Dezember den Sieg des Sonnengottes („sol invictus“) über die Finsternis. Was die Christen uminterpretierten mit Christus als der wahren Sonne. Aber das ist ja auch schon wieder religiös und sicher nicht politisch korrekt und religionsneutral.

"Steht zu Euren Traditionen und feiert sie!"

Die Trennung von Staat und Kirche ist elementar und ich bin eine Verfechterin der Religionsfreiheit; aber ich finde, man kann es auch übertreiben. Indem man alle Traditionen über Bord wirft, nur um nirgendwo anzuecken. Doch ecken wir überhaupt an? Als ich meine Beobachtungen mit meinem Sohn und seinem muslimischen Freund diskutierte, meinte dieser nur ganz trocken: „Ihr habt Eure Traditionen, also steht auch dazu und feiert sie!“In diesem Sinne nun: Ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest für Sie und Ihre Familien wünscht Ihnen

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