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Wie und warum angehende Ärzte umgarnt werden

Gesundheitspolitik Autor: Anke Thomas, Michael Reischmann

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Eine Plattform „von und für“ Medizinstudenten, die für kleines Geld Service sowie Vergünstigungen anbietet und wohltätige Zwecke unterstützt, das klingt super. Doch Medizinstudenten – die einkommensstarken Ärzte von morgen – sollten stets genau hinterfragen, mit wem sie es zu tun haben. Denn in der Wirtschaft gibt es nichts umsonst.

Letztes Jahr öffnete das Portal www.medinero.de im Internet seine Pforten. Es richtet sich in frischem, jugendlichem Gewand an Medizinstudenten in Mainz und bietet für 12 Euro Jahresbeitrag zahlreiche Vergünstigungen. Wer Mitglied wird, kann in mehrfacher Hinsicht profitieren: Neben kostenlosen Beratungen und Seminaren bei Kooperationspartnern sowie einem kostenfreien Zugang zu „Electives Network“ (Plattform, um Auslandsfamulatur oder PJ-Tertial zu planen) gibt es jedes Jahr ein Gutscheinheft im Wert von 16,90 Euro. Zusätzlich tun Studenten Dritten Gutes, denn laut medinero unterstützt jedes Mitglied auch die studentische Hilfsorganisation „developmed.aid“, die Behandlungskosten für Patienten in Burkina Faso übernimmt.

Verein, Stiftung, Beirat, Sponsoren, Social Media

Das hört sich nicht nur für Medizinstudenten richtig klasse an, sondern wirkt auch auf potenzielle Sponsoren überzeugend, die mit kleinen oder größeren Summen die jungen Leute unterstützen möchten. Kooperationspartner und Sponsoren, die auf der Homepage genannt werden, sind z.B. ein Kneipenführer, eine Steuerberaterkanzlei und ein Rechtsanwalt.

Die Verwendung der Mittel wird von einem aus Mainzer Medizinstudenten bestehenden Gremium beschlossen, ist auf der Homepage zu lesen. Dass neben Kommilitonen noch andere mit im Boot sind, kommt manchem Studenten wohl spätestens dann in den Sinn, wenn er nach der  Anmeldung eine E-Mail erhält. In dieser wird das neue Mitglied eingeladen, sich doch in der Geschäftsstelle des Finanzdienst­leisters MLP in Mainz ein Gutscheinbuch abzuholen.

Medinero fußt auf einem Förderverein (medinero e.V.) und der medinero-Stiftung. Der Verein wurde von MLP-Mitarbeitern gegründet – allerdings nicht in ihrer Funktion als MLP-Mitarbeiter, sondern privat in ihrer Freizeit, erklärt der Mainzer MLP-Geschäftsstellenleiter Stefan Greth auf Anfrage von MT. Die Initiative zu solch einem Verein sei aus der Studentenschaft in Gesprächen mit MLP-Mitarbeitern entstanden. Im Stiftungsbeirat seien ausschließlich Medizinstudenten tätig. Der Verein dient der Mitgliederverwaltung, die Stiftung kümmert sich um  die Verwaltung der Mittel.

MLP: Mitarbeiter sind ehrenamtlich engagiert

Vorsitz, stellvertretenden Vorsitz sowie die Funktion des Schatzmeis­ters – diese Positionen haben bei medinero e.V. nach wie vor MLP-Mitarbeiter inne. Stefan Greth ist der Domaininhaber der Homepage medinero.de. Zusätzlich zu der Homepage gibt es einen Facebook-Infodienst für Studenten, um medinero bekannt zu machen. MLP-Pressesprecher Frank Heinemann erklärt: „Solange noch kein ehrenamtlicher Student gefunden wurde ..., der die Vereinsverwaltung übernehmen möchte, kümmern sich einige Berater des MLP-Medizinerberaterteams Mainz ehrenamtlich darum.“ Hier habe man ein Henne-Ei-Problem zu lösen gehabt.

Auf die MT-Frage nach der Transparenz über die Einbindung von MLP bei medinero hat das Unternehmen übrigens sofort reagiert. Heinemanns Aussage findet sich nun auch auf der Vereins-Homepage.

Strukturen und Betrieb sind noch im Aufbau

Damit ist jetzt auf medinero.de besser erkenntlich, dass MLP sich hier stark engagiert. Wie viel Geld bisher von medinero e.V. von Sponsoren eingesammelt wurde, ist nicht bekannt. „Sowohl medinero e.V. als auch die medinero-Stiftung befinden sich noch im Aufbau. Die Vereins­eintragung und Anerkennung der Stiftung erfolgte erst vor wenigen Wochen. Ein regulärer Betrieb ist für Sommer 2012 vorgesehen“, teilt Heinemann mit. Derzeit erfolge die externe Prüfung der Bücher, sodass im März oder April der Jahresabschluss für Verein und Stiftung vorliege. Es seien jedenfalls bisher nur sehr geringe Beträge über Stiftung oder Verein geflossen.

Finanzprodukte mit langer Wirkung

Der Finanzdienstleister MLP ist dafür bekannt, dass seine bevorzugte Zielgruppe Akademiker sind, weiß Brigitte Mayer von der Verbraucherzentrale Frankfurt.

Entsprechende Angebote bzw. Verträge lassen in der Regel nicht lange auf sich warten, so Mayer. Potenzielle Kunden sollten sich gut beraten lassen und Entscheidungen mit Sorgfalt treffen. Die Produkte können durchaus passen. Aus ihrer Beraterpraxis kennt die Verbraucherschützerin aber auch Fälle, in denen junge Leute letztendlich Geld draufgezahlt haben.

Meist kommt das erste Erwachen nach drei bis fünf Jahren, so Mayer. Häufig geht es um Altersvorsorgeprodukte. Die Beiträge sind in den ersten Jahren verlockend niedrig, steigen dann aber stetig und können zur Belastung werden, besonders wenn Veränderungen in den Lebensphasen (Kinder, Arbeitslosigkeit, Kauf einer Immobilie) eintreten. Dann kann es heißen, sich zwischen Beelzebub und Teufel entscheiden zu müssen: Vertragskündigung, Beitragsfreistellung oder Vertragsänderung – je nachdem, wo die Nachteile am kleinsten sind. Manche Verträge sind so gestaltet, dass sie sich erst im Alter von 105 Jahren rechnen, so Brigitte Mayer. 

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