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Zustimmung in NRW zur einheitlichen Hausarztverträgen

Gesundheitspolitik Autor: Jost Küpper

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Ein Schiedsspruch für mehr als 60 Kassen in NRW ermöglicht landesweit die Einschreibung in neue Hausarztverträge. Die Delegierten der Hausärzteverbände Nordrhein und Westfalen-Lippe haben für die Vertragsumsetzung votiert.

Wer HzV-Verträge nach altem Recht, bei denen eine Refinanzierung oberhalb des KV-Honorars keine Pflicht war, durchackerte, hatte einen Suchpunkt: Wo steht die Fallwert-Obergrenze? Diese Mühe kann man sich in neuen Kontrakten nach § 73b sparen. Jetzt ist die Fallwerthöhe theoretisch unendlich. Aber: Ein Plazet der Aufsicht gibt es nur, wenn bei Überschreitungen des KV-Durchschnitts „sichergestellt wird, dass diese Mehraufwendungen durch Einsparungen und Effizienzsteigerungen … finanziert werden“.

Daran hat sich der neueste HzV-Versuch orientiert. Über 100 Seiten dick wurde er kassenübergreifend für Nordrhein-Westfalen vom Ex-CDU-MdB Gerald Weiß geschiedst. Betroffen sind die AOK Nordwest, die AOK Rheinland-Hamburg, die Barmer GEK, die DAK, die Knappschaft und viele BKKen. Die Vorsitzenden der beiden Landesverbände, Dr. Norbert Hartmann und Dr. Dirk Mecking, begrüßen den Schiedsspruch, allerdings müssten „noch bestehende Unklarheiten und Restriktionen“ beseitigt werden. Vorbild sind die angelaufenen, einvernehmlich geschlossenen HzV-Verträge mit TK und IKK classic. Bundesvorsitzender Ulrich Weigeldt ermuntert die Kollegen zu „raschen flächendeckenden Einschreibungen“.

Und das ist vorgesehen:

HzV-Honorar. Zunächst soll bei der HzV nur die Summe ausbezahlt werden, die durch die Bereinigung mit der KV (Regel- plus extrabudgetäre Leistungen) gedeckt ist. Dazu kommt eine Pauschale von 10 % der Bereinigung als Vorfinanzierung. Die Ermittlung der endgültigen Vergütung erfolgt, wenn klar ist, ob eine „Refinanzierung durch kompensatorische Einsparungen und Effizienzsteigerungen“ erfolgt ist.
Das läuft nicht per Schnellschuss. Die Erreichung des Ziels wird „nach einem Zeitraum von 24 Monaten überprüft“. Da die HzV-Honoraranlage zwischen dem 1. April und dem 1. Dezember 2012 Realität werden soll, heißt die Kontrollperspektive April bis Dezember 2014. Allerdings ist im September 2013 Bundestagswahl. Kommen dann SPD & friends ans Berliner Ruder, gilt ein „§ 73b alt“ als programmiert. Dann sind HzV-Mehraufwendungen wohl wieder erlaubt.

Über- und Unterzahlung. Bleibt gesetzestechnisch alles wie es ist, gilt dieses HzV-Drehbuch: Entstehen „wider Erwarten“ Mehraufwendungen, die nicht per Einsparung oder Effizienzsteigerung ausgeglichen werden, „sind diese unverzüglich … an die Krankenkasse zurückzuzahlen“. Anders herum läuft’s so: Der Kassenausgleich für höhere Einsparungen und Refinanzierungen ist nur „im hälftigen Umfang an die teilnehmenden Hausärzte auszuzahlen“.

Vorläufiges Rechenexempel. Viele KVen machen bei generellen Hausarzt-Fallwerten die Schotten dicht. RLV-Fallwerte werden aber munter gehandelt. Der Wert liegt in der KV Westfalen-Lippe bei rund 36 Euro im Quartal. Das ist übrigens die Summe, die für die NRW-HzV in drei Monaten gestückelt (12 Euro pro Monat) als Abschlag ausreichen soll. Eine oft benutzte Faustformel geht davon aus, dass bei Hausärzten der RLV-Fallwert zwei Drittel des Gesamtfallwerts ausmacht. Folgt man dieser Lesart, kommt man auf 54 Euro. Dann läge das zunächst avisierte HzV-Honorar im KVWL-Bereich bei rund 60 Euro. Für die KV Nord­rhein werden vergleichbare RLV-Fallwerte bei Hausärzten gemeldet.

Die Sparmodule der HzV in NRW

In einer „Zielvereinbarung“ außerhalb der HzV-Verträge sollen nach den Vorstellungen des Schiedsmannes Gerald Weiß „Parameter und quantifizierte Vorgaben“ als Sparmodule vereinbart werden. Ausdrücklich erwähnt werden:

  • Reduktion der Facharztkontakte
  • wirtschaftliche Pharmakotherapie (Steigerung Generikaquote; Absenkung Me-Too-Quote)
  • Reduktion der Krankenhauseinweisungen (dabei: Liste mit verpflichtender Facharzt-Einschaltung vor stationärer Aufnahme).

Weitere Stellschrauben:

  • Senkung der Krankentransportkosten
  • Reduzierung der „Fehlkontakte“ (sprich: Besuch „anderer Ärzte“ trotz Überweisungsbindung; hier kann man auch die HzV-Patienten für Mehrkosten haftbar machen)
  • strikte DMP-Anwendung
  • umfangreiches Qualitätsmanagement.
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