Anzeige

EBM: Die Tücken der Chronikerziffer umschiffen

Autor: Anke Thomas, Foto: Thinkstock

Anzeige

Abrechnungsexperte Dr. Gerd W. Zimmermann bringt Licht in die teils unverständlich formulierten Begrifflichkeiten der Chronikerziffern.

Bekanntlich ist die Abrechnung der Chronikerziffern an verschiedene Bedingungen geknüpft, die Dr. Zimmermann auf einem Medical-Tribune-Abrechnungsseminar in ihre Bestandteile zerlegte. Zur Abrechnung der Ziffern muss:

  1. mindestens eine lebensverändernde,

  2. chronische Erkrankung vorliegen,

  3. für die eine gesicherte Diagnose der chronischen Erkrankung gemäß ICD-10-GM besteht bzw. dokumentiert werden muss, und

  4. wegen dieser Erkrankung muss eine bestimmte Anzahl an Arzt-Patienten-Kontakten über vier Quartale erfolgt sein.

Vielen Kollegen wäre eine Liste am liebsten, in der aufgeführt ist, welche chronischen Erkrankungen denn nun genau zur Abrechnung der Ziffern berechtigen. Solch eine Liste existiert offiziell jedoch nicht.

Hier rät Dr. Zimmermann einen Blick auf die ICD-10 zu werfen: Abgesehen vom Kapitel XV (Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett) sowie von den Kapiteln XXI (Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen ...) und XXII (Schlüsselnummern für besondere Zwecke) erfüllen ansons­ten alle ICD-10-Codes die Anforderung "chronisch krank" und können zur Dokumentation der Nrn. 03220/03221 herangezogen werden.

Was lebensverändernd ist, ist individuell zu entscheiden

Bei dem schwammigen Begriff "lebensverändernd" in Verbindung mit "chronisch" entscheidet der individuelle klinische Aspekt, kommentiert Dr. Zimmermann.

Eine Krankheit wird dabei immer dann als chronisch bezeichnet, wenn sie länger andauert. Zur individuellen Beurteilung führt Dr. Zimmermann folgende Beispiele an:

  • Eine allergische Hautreaktion (Allergie = chronische Erkrankung) kann für die Kosmetikerin im Kundenkontakt bis zur Aufgabe ihrer Tätigkeit führen und somit lebensverändernd sein.

  • Auch die Feststellung, dass ein Patient aufgrund seiner Erkrankung nicht seinen gewünschten Beruf ausüben kann, wird als lebensverändernd wahrgenommen.

  • Eine Hypotonie ist meist eine eher banale, aber chronische Erkrankung. Muss ein Hypotoniker in ein Pflegeheim wechseln, weil seine Bezugsperson gestorben ist, ist das lebensverändernd.

  • Ein chronisch kranker Patient kann aus welchen Gründen auch immer eine Reise nicht antreten, auf die er sich lange gefreut hat. Auch das kann ein lebensverändernder Aspekt sein.

Vor allem die letzten beiden, etwas zugespitzten Beispiele sollen verdeutlichen, dass Ärzte nicht zu ängstlich mit den Chronikerziffern umgehen müssen, meint Dr. Zimmermann. Denn schließlich stehe auch nirgendwo, dass das "lebensverändernd" in Zusammenhang mit der chronischen Erkrankung vorkommen muss.

Bereitschaft nach Nr. 01435 zählt als mittelbarer Kontakt

Die weitere Hürde Nr. 4 in der eingangs geschilderten Liste zur Abrechnung der Chronikerziffern, nämlich das Kriterium der erforderlichen mittelbaren und
unmittelbaren Patientenkontakte über vier Quartale, lässt sich am besten an der Grafik verdeutlichen.

 

Bei den mittelbaren Kontakten zählt auch die Haus-/Fachärztliche Bereitschaftspauschale Nr. 01435, die mit 8,91 Euro bewertet ist, mit.

Insgesamt müssen mindestens zwei der Arzt-Patienten-Kontakte persönlicher Art sein, drei müssen in der gleichen Praxis stattgefunden haben und der Patient muss an vier aufeinanderfolgenden Quartalen behandelt worden sein.


Hierzu wurde jüngst ein Problem geklärt: Das laufende Quartal zählt mit, sagt Dr. Zimmermann. Das heißt: Setzt ein Arzt im ersten Quartal 1-2014 die Ziffer an, sind die Kontakte in den Quartalen 4-, 3- und 2-2013 entscheidend.

Dabei liegt eine kontinuierliche ärztliche Behandlung auch dann vor, wenn ein Arztwechsel bzw. ein Kontakt bei einem anderen Arzt stattgefunden hat. Dieser Kontakt ist mit einem H neben der Ziffer 03220 bzw. 03221 zu dokumentieren.

Hierbei macht Dr. Zimmermann aufmerksam: Vorsicht, die KV kann nicht kontrollieren, ob es tatsächlich zu einem Kontakt in einer anderen Praxis gekommen ist, die Krankenkassen sind aber durchaus dazu in der Lage.

Anzeige