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Heimbetreuung: die 20 %-Hürde locker ignorieren

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Heimbetreuung als Honorarperspektive.
Heimbetreuung als Honorarperspektive. © iStock/TommL
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Eigentlich ist ein gemeinsamer Patientenanteil von über 20 % ein rotes Tuch für die KVen. Bei der Betreuung von Heimpatienten ist aber alles anders.

Am Hausärztemangel leiden insbesondere die Insassen von Alten- und Pflegeheimen. Deswegen hat die KBV im Jahr 2014 mit den Kassen eine „Vereinbarung nach § 119b Abs. 2 SGB V zur Förderung der kooperativen und koordinierten ärztlichen und pflegerischen Versorgung in stationären Pflegeheimen“ getroffen. Ärztegruppen sollte auf diesem Weg eine gemeinsame Heimbetreuung ermöglicht werden.

Die entsprechenden EBM-Ziffern 37100, 37102, 37113 und 37120 gibt es seit Juli 2016 und können von Ärzten berechnet werden, die einen Kooperationsvertrag mit einer Einrichtung schließen, wie in Anlage 27 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte definiert (Vertragsmuster: www.kbv.de/media/sp/Anlage_27_119b_SGBV.pdf). Die Leistungen im Rahmen der Versorgung in Pflegeheimen sind in den Gebührenordnungspositionen abgebildet:

  • Die EBM-Ziffer 37100 ist ein Zuschlag für die Betreuung der Heimpatienten zur Versichertenpauschale 03000. Sie kann einmal im Behandlungsfall (Quartal) berechnet werden und wird mit 13,16 Euro vergütet. 
  • Die Ziffer 37102 ist ein Zuschlag zu den Hausbesuchen nach den Ziffern 01410 oder 01413 und ist ebenfalls mit 13,16 Euro bewertet. Sie kann auch nur einmal im Quartal berechnet werden und ist im Behandlungsfall nicht neben der Nr. 37100 EBM ansatzfähig. Die beiden Leistungen nach den Nrn. 37100 und 37102 muss man so gesehen „auf Lücke“ abrechnen, da die Nr. 37100 nur zweimal im Krankheitsfall (d.h. im Zeitraum von vier Quartalen) berechnet werden kann. 
  • Weitere Besuche nach Ziffer 01413 erhalten je Besuch einen Zuschlag nach 37113 (11,16 Euro). 
  • Ein Mitglied der Kooperationsgruppe fungiert als koordinierender Arzt. Er kann dafür die Ziffer 37105 als Zuschlag zur Versichertenpauschale 03000 einmal im Quartal berechnen. Diese Leistung wird mit 28,96 Euro vergütet.

Schließt sich eine ausreichend große Zahl an Hausärzten zu einer Versorgungsgemeinschaft zusammen, kann eine solche Kooperation zur echten Honorarperspektive werden. Bei z.B. 100 gemeinsam betreuten Heimbewohnern erhält der koordinierende Arzt allein über die Koordinationsziffer 37105 rund 3000 Euro zusätzlich im Quartal. Bei den anderen Ärzten sind es durch die (wechselseitige) Abrechnung der Nrn. 37100 bzw. 37102 EBM immerhin auch noch rund 1300 Euro. Fallkonferenzen können von allen Ärzten abgerechnet werden, und zwar nach der Ziffer 37120 (6,74 Euro, auch telefonisch) bis zu dreimal im Krankheitsfall.

Plausibilität über das System selbst ausgeschaltet

Das Besondere bei der Abrechnung liegt aber noch in einem ganz anderen Punkt: Über die spezifischen Quartalspauschalen hinaus ist eine solche gemeinsame Patientenversorgung auch durch das Zusatzhonorar interessant, das aus der Fallzahlvermehrung durch die gemeinsam behandelten Patienten entsteht – hier ist ausdrücklich erlaubt, was sonst verboten ist!

§ 11 der Bundesvereinbarung zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfungen regelt zwar, dass eine Abrechnungshäufigkeit zu vermuten ist, wenn bei versorgungsbereichsidentischen Praxen 20 und mehr Prozent der Patienten identisch sind. Gegenstand einer diesbezüglichen Plausibilitätsprüfung können derart kooperativ behandelte Patienten aber nicht sein: Die Abrechnungshäufigkeit wird ja gewissermaßen durch die Gebührenordnung selbst erzeugt. Denn da die zusätzlichen Quartalspauschalen 37100 bzw. 37102 jeweils einen Zuschlag zur Versichertenpauschale darstellen, muss diese natürlich auch in allen Fällen der kooperativen Versorgung von allen beteiligten Ärzten berechnet werden.

Automatisch setzt die zuständige KV dann auch die Vorhaltepauschale nach Nr. 03040 EBM zu. In der Summe entsteht also allein aus dieser Kausalkette bei zu unterstellenden Patienten jenseits des 76. Lebensjahres ein weiteres Honorarvolumen aus den Ziffern 03005 sowie 03040 von 37,27 Euro pro Patient.

Heimbetreuung – da geht was!
EBM-Ziffer
Leistungsbeschreibung
Euro
03040Grundpauschale15,16
03005Versichertenpauschale ab dem 76.Lebensjahr22,11
37100Zuschlag zur Versichertenpauschale bei Heimbetreuung (1 x im Behandlungsfall, max 2 x im Krankheitsfall)13,16
alternierend mit:
01410Besuch22,32
37102Zuschlag zu Hausbesuch (1 x im Behandlungsfall)13,16
oder
01413Mit-Hausbesuch11,16
37113
Zuschlag zum Mit-Hausbesuch11,16
zuzüglich:
37120Fallkonferenz, je Teilnehmer, auch telefonisch (3 x im Krankheitsfall)6,74
Außerdem ggf. berechnungsfähig:
37105Zuschlag zur Versichertenpauschale für den koordinierenden Vertragsarzt (1 x im Behandlungsfall)28,96
03220Chronikerpauschale13,69
03221Zuschlag zur Chronikerpauschale4,21
03360Geriatrisches Assessment12,85
03362Geriatrischer Betreuungskomplex16,74
01102Inanspruchnahme an Samstagen zwischen 7 und 14 Uhr zusätzlich zur Ziffer 0141310,64
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