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Abrechnung nach EBM und GOÄ Lukrative Legendenlektüre

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung , Privatrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Bei der Abrechnung empfiehlt es sich, die Gebührenordnungen genau zu lesen. Bei der Abrechnung empfiehlt es sich, die Gebührenordnungen genau zu lesen. © everythingpossible – stock.adobe.com
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Die Abrechnungen nach EBM und GOÄ können auf Wirtschaftlichkeit und sachliche Korrektheit geprüft werden. Wer die Beschreibungen der Leistungspositionen aber genau beachtet, ist auf der sicheren Seite.

Sind GOP-Leistungsbestandteile mit „und“ verbunden, bedeutet dies, dass fürs Berechnen der Leistung beide Anteile erbracht sein müssen. So fordert die Legende der Nr. 15 GOÄ z.B. eine „Einleitung und Koordination flankierender therapeutischer und sozialer Maßnahmen“, was bei ihrem Ansatz oft zu Nachfragen, insbesondere von Beihilfestellen, führt.

Werden dagegen zwei obligate Anteile durch „und/oder“ verknüpft, reicht das Erfüllen einer Bedingung aus, um die Nr. abrechnen zu dürfen. Beispiel: die Nr. 03360 EBM „Geriatrietypische Morbidität (Patienten, bei denen mindes­tens ein nachfolgendes geriatrisches Syndrom dokumentiert ist) und/oder Vorliegen einer Pflegestufe“. Werden mehrere Leistungsanteile, die so verknüpft sind, erbracht, kann die Gebühr allerdings nicht mehrfach berechnet werden.

Eine Wundbehandlung plus zwei Kontakte = Nr. 02310

Auch bei einer neuen EBM-Leis­tung ist dies zu beachten. Die Nr. 01734 für das Hepatitis-Screening lautet „Zuschlag zur GOP 01732 für das Screening auf Hepatitis-B- und/oder auf Hepatitis-C-Virusinfektion“. Wird das Screening deshalb z.B. nur im Hinblick auf eine Hepatitis-C-Infektion durchgeführt, kann die Leis­tung trotzdem berechnet werden.

Ob im Leistungstext Singular oder Plural verwendet werden, ist der nächste Knackpunkt. Beispiel: Die Nr. 02310 EBM lautet „Behandlung einer/eines/von sekundär heilenden Wunde(n) und/oder Decubitalulcus(-ulcera), mindestens drei persönliche Arzt-Patienten-Kontakte im Behandlungsfall“.

Komplizierter kann man eine Legende eigentlich kaum formulieren. Hier ist aber eindeutig die Behandlung (Singular) einer oder mehrerer sekundär heilender Wunden gefordert. Und es werden obligat mindestens drei persönliche Arzt-Patienten-Kontakte (APK) genannt. In den Allgemeinen Bestimmungen des EBM wird der persönliche APK definiert. Und dort steht nichts von Wundversorgung. Ein persönlicher APK setzt vielmehr die räumliche und zeitgleiche Anwesenheit von Arzt und Patient und die direkte Interaktion derselben voraus.

Das bedeutet, dass eine sekundär heilende Wunde nicht dreimal behandelt werden muss, damit man die Nr. 02310 berechnen kann. Es genügt vielmehr eine einzige Wundbehandlung, sofern es in dem betreffenden Quartal zwischen dem Patienten und dem Arzt – unabhängig von der Wundbehandlung – noch zu zwei weiteren persönlichen Kontakten kommt.

In den Allgemeinen Bestimmungen des EBM steht unter Punkt 2.1: „Eine Gebührenordnungsposition ist nur berechnungsfähig, wenn der Leistungsinhalt vollständig erbracht worden ist.“ Das bedeutet z.B. bei der Langzeit-Blutdruckmessung nach Nr. 03324: Es muss obligat ein automatisiertes Aufzeichnen von mindestens 20 Stunden Dauer, eine computergestützte Auswertung, ein Aufzeichnen der Blutdruckwerte mindestens alle 15 Minuten während der Wach- und mindestens alle 30 Minuten während der Schlafphase mit gleichzeitiger Registrierung der Herzfrequenz sowie ein Auswerten und Beurteilen des Befundes stattfinden. Diese Leistung ist deshalb erst vollständig erbracht, wenn der Befund aufgezeichnet, ausgewertet und beurteilt wurde, konkret also erst an dem Tag, an dem das Gerät zurückgebracht wird, nicht etwa an dem Tag, an dem es angehängt wurde.

Aber nicht immer sind die Leis­tungsbeschreibungen so eindeutig. Wird z.B. außerhalb der Sprechzeit eine eingehende Beratung nach Nr. 3 GOÄ durchgeführt und dafür die Kombination 3A abgerechnet, könnte der Praxiscomputer monieren, dass neben der Nr. 3 keine weitere Leistung mit Ausnahme der GOÄ-Nrn. 5 bis 8, 800 und 801 berechnungsfähig ist. Das stimmt aber nicht, auch wenn es in der Fußnote der Nr. 3 in der GOÄ so steht. Bei dem Buchstaben A handelt es sich um einen Zuschlag und keine Gebühr im Sinne des Gebührenrechts, sodass eine Berechnung neben der Nr. 3 möglich ist. Gleiches gilt für die übrigen Zuschläge B, C, D und K1 in der GOÄ.

Wiederholungsleistungen sollte man kennzeichnen

Honorarbeanstandungen kann man nicht nur durch aufmerksames Lesen der Legenden vermeiden, sondern auch durch Automatismen. So beugt z.B. die automatische Übernahme der Dauerdiagnosen Einbußen vor. Chronikerpauschale, ger­iatrischer Komplex oder fachspezifische Zusatzpauschalen fordern jedes Quartal eine Prüfung, ob die Voraussetzungen für deren Ansatz (noch) erfüllt sind und eine Abrechnung möglich ist. Jede Praxis-IT lässt es zu, bestimmte GOP zu hinterlegen. Man kann z.B. ein Modul „Dauerpositionen“, die jedes Quartal abzurechnen sind, kreieren und dort alle Patienten, die für eine „Dauerposition“ des EBM infrage kommen, mit den entsprechenden GOP hinterlegen. Wenn ein so gekennzeichneter Patient im nächsten Quartal zur Behandlung kommt und seine elektronische Gesundheitskarte eingelesen wird, gibt die Praxissoftware die hinterlegten Positionen an und macht darauf aufmerksam, dass diese hier abzurechnen sind.

Im haus­ärztlichen Bereich sind dies z.B. die klassischen Zusatzpauschalen bei chronisch Kranken (EBM-Nrn. 03220, 03221) und der ger­iatrische Behandlungskomplex (Nr. 03362). Der geriatrische Basiskomplex nach Nr. 03360 hingegen ist nicht in jedem Quartal abrechnungsfähig und muss als Voraussetzung für den Ansatz der 03362 auch nur alle vier Quartale zum Ansatz kommen. Hierfür ist eine angepasste „Erinnerung“ zu etablieren.

Bei dieser Vorgehensweise muss man nur einmal festlegen, bei welchen Patienten die Voraussetzungen für das Berechnen einer (oder mehrerer) jedes Quartal einmalig abzurechnenden GOP gegeben sind. Man erkennt mit einem Blick auf den Monitor auch, ob bei dem betreffenden Patienten die Leistung in dem Quartal schon abgerechnet wurde. Dieses Vorgehen reduziert die Quote der vergessenen Pauschalen.

Das bekannteste Beispiel für eine solche Kennzeichnung sind die Ausnahmekennziffern 32004 bis 32023, bei deren Ansatz eine Befreiung vom Laborbonus nach Nr. 32001 erfolgt. Bei konsequentem Nutzen dieser Kennzeichnung geht es hier im haus­ärztlichen Bereich je 1.000 Behandlungsfälle um rund 2.000 Euro, die man haben kann – oder auch nicht.

Keine Anrechnung erbrachter oder veranlasster Laborleistungen auf den EBM-Laborbonus – die wichtigsten Kennziffern für Hausärzte
Kennziffer
Beschreibung
32004Diagnostik zur Bestimmung der notwendigen Dauer, Dosierung und Art eines ggf. erforderlichen ­Antibiotikums vor Einleiten einer Antibiotikatherapie oder bei persistierender Symptomatik vor erneuter Verordnung
32006Erkrankungen oder Verdacht auf Erkrankungen, bei denen eine gesetzliche Meldepflicht besteht
32012Erkrankungen unter antineoplastischer Therapie oder systemischer Zytostatika-Therapie und/oder ­Strahlentherapie
32015Orale Antikoagulanzientherapie
32018Chronische Niereninsuffizienz mit einer endogenen Kreatinin-Clearance < 25 ml/min
32022Manifester Diabetes mellitus
32023Rheumatoide Arthritis (PCP) einschl. Sonderformen und Kollagenosen unter immunsuppressiver oder ­immunmodulierender Langzeit-Basistherapie

Bitte beachten:

  • Beim Ermitteln des arztpraxisspezifischen Fallwertes bleiben auch die Laborleistungen nach den EBM-Nrn. 32125, 32779, 32816, 32880 bis 32882 und 01865 bis 01867 unberücksichtigt.
  • Die o.a. Kennziffern beinhalten einen Katalog konkret benannter Laborleistungen. Nur diese sind von der Anrechnung auf den Laborbonus ausgeschlossen. Bei der Ziffer 32015 führt dies z.B. dazu, dass Laborleistungen beim Einsatz von NOAK nicht berücksichtigt werden, da die angeführten Gerinnungswerte dort nicht zum Einsatz kommen.

Medical-Tribune-Bericht

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