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Mit der HzV stehen heute alle besser da

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Michael Reischmann, Foto: fotolia

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Das 2008 gestartete Hausarztprogramm der AOK Baden-Württemberg hat die Patientenversorgung medizinisch und wirtschaftlich verbessert. Zu diesem Schluss kommen die Professoren Gerlach und Szecsenyi in ihrer dritten HzV-Evaluation.

"Heute sehen wir den positiven Re-Invest für alle", sagt AOK-Chef Dr. Christopher Hermann. Er spricht bei der HzV und den angedockten Verträgen mit Kardiologen, Gastroenterologen, Psychotherapeuten, Psychiatern, Neurologen, Orthopäden und demnächst Urologen sowie Rheumatologen lieber von einer "alternativen Regelversorgung" als von Selektivvertragsprojekten. Schließlich laufen die Angebote flächendeckend. 1,4 Mio.

AOK-Versicherte sind in der HzV eingeschrieben – jenes Drittel, das diese Versorgung braucht, ist Dr. Hermann überzeugt. Die Kasse will der Öffentlichkeit wissenschaftlich belegen, dass die freiwillig vereinbarten, selbst organisierten Abläufe und Strukturen zu besseren Ergebnissen führen als im KV-System und auch wirtschaftlich sind. Auf eine Evaluation des Kollektivvertrags warte man dagegen vergebens, sagt Dr. Hermann.

HzV-Effekte in der Längsschnittbetrachtung

Erneut haben die Wissenschaftler und Allgemeinmediziner Professor Dr. Ferdinand Gerlach, Frankfurt/M., und Professor Dr. Joachim Szecsenyi, Heidelberg, die HzV der AOK untersucht – über mehrere Jahre hinweg. Die wesentlichen Ergebnisse stellten sie und die Vertragspartner AOK, Hausärzteverband und Medi Baden-Württemberg in Berlin der Presse vor.

"Es zeigt sich nun erstmalig, dass in der HzV-Gruppe bei 119 000 Diabetikern im Verlauf von drei Jahren gut 1700 schwerwiegende Komplikationen wie Fußamputationen, Erblindungen oder Schlaganfälle, vermieden werden können", so Prof. Gerlach. Er nennt dafür zwei Gründe: Die DMP-Rate ist bei Typ-2-Diabetikern in der HzV mit 78 % deutlich höher als in der Regelversorgung (54 %). Und ein "HzV-Effekt" trägt dazu bei, u.a. die strukturierten Qualitätszirkel zur rationalen Pharmakotherapie.

Diese zeigen auch Auswirkungen, wie etwa weniger Verschreibungen potenziell inadäquater Arzneimittel der Priscus-Liste für über 65-jährige Patienten. Oder: Pro 100 Verordnungen rezeptieren die HzV-Ärzte ein Präparat weniger, das in der obligatorischen Vertragssoftware als "Me-too" rot markiert ist.

Weniger vermeidbare Krankenhauseinweisungen

Die Wissenschaftler ermittelten, dass in der HzV pro Jahr und 100 stationär eingewiesenen Versicherten eine "potenziell vermeidbare Krankenhauseinweisung" weniger vorkommt als in der Kontrollgruppe (15 zu 16). Das entspricht auf die Jahre 2011 bis 2014 und je eine Million Versicherte bezogen rund 40 000 Fällen. Davon entfallen laut Prof. Szecsenyi jährlich allein rund 3900 auf KHK und Herzinsuffizienz. Die durchschnittliche Anzahl der Einweisungen je 100 Versicherte war 2014 in der HzV vier Prozentpunkte niedriger als im KV-System und die stationären Kosten je eingewiesenem HzV-Patienten fielen 500 Euro geringer aus.

Mit dem Ende der Praxisgebühr stieg 2013 die Zahl der unkoordinierten Facharztkontakte bei Nicht-HzV-Patienten von durchschnittlich zwei auf fast drei im Jahr. In der HzV sank sie bis 2014 leicht auf 1,6. Die HzV-Teilnehmer haben im Schnitt zwölf Hausarztkontakte pro Jahr, die anderen neun.

Eine große Errungenschaft für die Hausärzte

"Die HzV war in den letzten 20, 30 Jahren sicherlich die größte Errungenschaft für die Hausärzte", sagt Dr. Berthold Dietsche, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Baden-Württemberg. Sie brachte den Ärzten eine einfache Abrechnung mit planbaren, höheren Honoraren, die Unterstützung durch die Praxisassistentin "Verah", ein eigenes Fortbildungssystem, mehr Zeit und schnelle Facharzttermine für ihre Patienten sowie eine größere Arbeitszufriedenheit. "Eine Praxis, die nicht an der HzV teilnimmt, ist heute praktisch nicht mehr zu verkaufen", sagt Dr. Dietsche.

Natürlich sind weitere Verbesserungen möglich, etwa mithilfe der Telemedizin. "Wir müssen wegkommen vom Fax-Standard", erklärt Dr. Werner Baumgärtner, Chef von Medi Baden-Württemberg. Medi erprobt mit der AOK eine IT-Lösung, die in die Telematik-Infrastruktur eingebunden werden könnte.

Dr. Baumgärtner kennt die Besonderheiten, die in Baden-Würt­temberg zu einer Versorgungsalternative geführt haben, wie sie in keinem anderen Bundesland exis­tiert. Er wünscht sich regionale Anreize für Facharztverträge, damit diese auch außerhalb Baden-Würt­tembergs eine HzV-Anbindung finden.

Dass mithilfe des Innovationsfonds "Laborversuche" gelingen, die sich anschließend einfach auf die Regelversorgung übertragen lassen, hält AOK-Chef Dr. Hermann dagegen für eine Wunschvorstellung der Politiker. "Es fehlt der lange Atem", meint er, stattdessen werde weitergewurschtelt.


Quelle: Pressekonferenz AOK, Hausärzteverband und Medi Baden-Württemberg

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