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So werden Asylbewerber "wirtschaftlich" versorgt

Autor: Michael Reischmann, Foto: Fotolia

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Darf eine ärztliche Leistung für einen Asylbewerber sofort oder nur mit Kostenzusage erbracht werden? Was ist im Sinne des AsylbLG eine "ausreichende" Versorgung? In Sachsen geben Ministerien, Kammer, KV und Krankenhausgesellschaft Interpretationshinweise.

Nach Angaben der Landesärztekammer ist Sachsen das erste Bundesland mit einem solchen Katalog. Kammerchef Erik Bodendieck ist optimistisch: Die Interpretationshilfe des Sozialministeriums "wird die medizinische Versorgung vereinfachen".

Schließlich biete sie "für häufige Fälle konkrete und verbindliche Hinweise", wann es im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebots der schriftlichen Kostenzusage des Kostenträgers für eine Leistung bedarf, die der Arzt mit medizinischer Begründung formlos beantragen muss, und wann das obsolet ist.

Nicht nur im Freistaat befürchten Ärzte, später eventuell in Regress genommen zu werden, wenn sie bei der Versorgung von Flüchtlingen "zu viel" machen. Klare Ansagen, an die sich alle Beteiligten gebunden fühlen, können da Entlastung bringen.

Wenn eine Erkrankung ohne Behandlung chronisch wird

Das liest sich in der sächsischen Interpretationshilfe z.B. für Arzneirezepte so: "In der Regel ist nur die Verordnung der Packungsgröße N1 möglich ... Wenn möglich, sind Leitsubstanzen zu verordnen ... Bei chronischen Erkrankungen, die ohne Behandlung zum Notfall werden, insbesondere Diabetes, Herzkranzgefäßverengungen, Hypertonie und Epilepsie, ist die Verschreibung von N3-Packungsgrößen ohne Kostenzusage möglich."

Und: "Bei Patienten mit bekannter, stabiler KHK kann auch ohne schriftliche Vorbefunde die vollständige medikamentöse Therapie mit ASS, Statin, ß-Blocker, ACE-Hemmer und Nitroglycerin für Angina-pectoris-Beschwerden ohne Kostenzusage verordnet werden."

Kammerpräsident Bodendieck verweist auf die Klarstellung des Ministeriums: "Chronische Erkrankungen, die ohne Behandlung zu akuten Notfällen werden, können nach AsylbLG behandelt werden."

Dementsprechend wird in dem Papier unter anderem ausgeführt: Diabetiker müssen ausreichend eingestellt werden. Für eine antidiabetische Medikamentenverordnung ist keine Kostenzusage erforderlich.

Eine DMP-Teilnahme ist erst möglich, wenn der Patient in die GKV übernommen wurde. Nur mit Kostenzusage gibt es allerdings Blutzucker-Messgeräte und -Teststreifen sowie Routineuntersuchungen beim Augenarzt oder Facharztvorstellungen wegen des Verdachts auf Folgeerkrankungen.

Für Asylbewerber in den Erstaufnahmeeinrichtungen ist die Landesdirektion Sachsen als Kostenträger zuständig. Sind die Asylbewerber in die Kommunen verteilt, sind Städte und Landkreise in der Pflicht.

Kommunen müssen den Empfehlungen nicht folgen

Und an dieser Stelle wird die KV Sachsen vorsichtig bei der Einschätzung, inwieweit der Katalog wirklich den Ärzten die Arbeit vereinfacht. "In der Tat wollten die an der Erarbeitung und Abstimmung der Interpretationshilfe Beteiligten eine unkomplizierte Regelung für die handelnden Ärzte schaffen, die bei entsprechender Anwendung mögliche Regressgefahren minimiert bzw. gänzlich beseitigen sollte", antwortet sie auf Anfrage von Medical Tribune. Dies habe die Landesdirektion als eine Beteiligte versichert.

Doch die Kommunen müssten den Empfehlungen des Sozialministeriums nicht Folge leisten. Sie hätten das Recht, davon abzuweichen. "Insofern wird sich in der Praxis zeigen, ob auch die Kommunen die Interpretationshilfe als geeignetes Instrument zur Umsetzung der gesetzlichen Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes ansehen", so die KV.


Quelle: Sächsische Landesärztekammer Dresden

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