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Telematik ist wie Telefon mit Wählscheibe

e-Health , Apps und Internet , Telemedizin Autor: Cornelia Kolbeck; Foto: Fotolia/BK

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Die Zahl der Gesundheitsapps auf Smartphones und Tablets wächst kontinuierlich und die Nutzerzahlen steigen. Bei der Telemedizin der Ärzteschaft und den Anwendungen auf der eCard aber hakt es nach wie vor.

In einem gesundheitspolitischen Symposium beim Diabetes Kongress erinnerte Ralf Sjuts, Geschäftsführer der patiodoc GmbH, daran, dass die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eCard) vom Gesetzgeber bereits 2003 beschlossen wurde.

Vieles ist geplant – von der Speicherung der Notfalldaten über die elektronische Fallakte und die elektronische Patientenquittung bis hin zur Prüfung der Arzneimitteltherapiesicherheit. Getan hat sich diesbezüglich bis heute kaum etwas. Die Funktionalität der Karte ist deutlich eingeschränkt.

Derzeit sind auf der eCard gerade einmal Verwaltungsdaten gespeichert und ein Foto dient zur Identifizierung des Karteninhabers. Zwar macht die Bundesregierung mit dem eHealth-Gesetz der verantwortlichen Gesellschaft für Telematikanwendungen (gematik) – konkret den Spitzenverbänden von Krankenkassen und Vertragsärzten – Druck.

Sanktionen in Millionenhöhe drohen, falls Termine nicht eingehalten werden. Doch es ist die Industrie, die die notwendigen Konnektoren, mit denen sich u.a. Ärzte an das Telematiknetz anschließen können, nicht liefert.

Ralf Sjuts überzeugt das Gesetz jedenfalls nicht. Er kritisierte auch, dass der Gesetzgeber ab Oktober nur den Anspruch auf einen Medikationsplan in Papierform zur Pflicht macht. Erst ab 2018 soll der elektronische Medikationsplan auf der eCard gespeichert werden. "Die Telematik führt ein Schattendasein", sagte Sjuts. Sie sei aus seinem Verständnis wie "das Telefon mit Wählscheibe", während andernorts bereits über den Nachfolger des Smartphones geredet werde.

Was mit "Apps & Co." passiert, ist nicht geregelt worden

Es gebe bereits digitale Anwendungen, doch ihnen fehle der Zugang zum System, kritisierte er. Es fehlten auch wichtige Bausteine wie der elektronische Heilberufeausweis oder eine stärkere Einbindung der Hausärzte. Auch die Frage, was mit "Apps & Co." passiere, sei nicht geregelt. "Wenn jetzt nicht Geschwindigkeit aufgenommen wird, werden ausländische Großkonzerne handeln", sagte Sjuts, auch Vorsitzender des Bundesverbandes Managed Care.

Zustimmung kam aus dem Auditorium: "Konzerne werden helfen, sie haben schließlich Interesse an den Daten", meldete sich ein Zuhörer. Ein anderer zeigte sich überzeugt, dass die Gesundheitskarte bald "überholt" sein wird. 

"Eklatantes Versagen von Politik und Selbstverwaltung"

"Wer hat eigentlich Einfluss auf die Daten auf der Karte", fragte ein Dritter. Sjuts erklärte, dass die Gesellschafter der gematik dies gemeinsam entscheiden. Wer Einfluss darauf nehmen wolle, der solle Lobbyarbeit betreiben. Sich an die gematik zu wenden, hält Sjuts für nicht erfolgversprechend. Er riet stattdessen, an die Türen der Mitarbeiter im Gesundheitsministerium zu klopfen.

Dr. Dietrich Garlichs, Geschäftsführer der Deutschen Diabetes Gesellschaft, bekräftigte die Kritik des Redners. Auch er sieht ein "eklatantes Versagen von Politik und Selbstverwaltung".

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