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Verband will Hausarztzentren etablieren

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Michael Reischmann, Foto: Lopata/axentis.de

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Nach der Hausarztzentierten Versorgung (HzV) plant der Deutsche Hausärzteverband den nächsten großen Wurf: das Hausarztzentrum. Es soll Praxisabgeber und Jung-Ärzte zusammenbringen.

Mit dem fachgleichen Medizinischen Versorgungszentrum hat Schwarz-Rot dem Hausärzteverband (wie auch anderen Akteuren) einen neues Betätigungsfeld eröffnet: die Organisation von Hausarztzenten. Über das Konzept des Bundesverbandes wurde bei der Delegiertenversammlung in geschlossener Sitzung gesprochen. Noch dieses Jahr könnte das Pilotprojekt starten, heißt es vage.

In seinem Lagebericht erläuterte Verbandschef Ulrich Weigeldt die Intention: Kollegen, denen gegen Ende ihrer Berufstätigkeit der Praxisnachfolger fehlt, könnten ihren Vertragsarztsitz "zu vernünftigen Konditionen" an ein Hausarztzentrum übertragen und dort je nach Gusto Voll- oder Teilzeit ihre Patienten noch eine Zeit lang betreuen.

Gleichzeitig könnten jüngere Kollegen als Angestellte mit flexiblen Arbeitszeiten im Zentrum tätig werden und ggf. ihre Weiterbildung absolvieren. "Die umliegenden Hausärzte werden kommunikativ eingebunden und wirtschaftlich beteiligt, sodass keine Wettbewerbssituationen entstehen können", erklärt Weigeldt. Zusammen mit kooperierenden Krankenhäusern ließen sich auch Weiterbildungsverbünde bilden.

Der Hausärzteverband würde bei dieser Konstruktion mehr als nur beratend tätig werden. Auch muss es sich bei solch einem Zentrum nicht um ein Gebäude handeln, es kann auch eine vernetzte Struktur sein. Diskussionen über eine Kettenbildung oder ein Franchisesystem werden wohl noch zu führen sein.

Gesamtkonzept zur HzV hat mittlerweile überzeugt

Richtig attraktiv werde das Konzept in Verbindung mit der HzV, betont Weigeldt, da dann im Kollektivvertrag für MVZ bestehende Behinderungen weniger ins Gewicht fallen. Er appelliert deshalb an die Landesverbände, die ihre HzV in Add-on-Verträgen abwickeln, auf Vollversorgungsverträge umzuschwenken. Knapp 5,8 Mio. Menschen sind in der HzV eingeschrieben, davon gut vier Mio. im Vollversorgungssystem.

"In der Politik sehen wir uns bestätigt", stellt Weigeldt fest. Die HzV habe im § 73b SGB V ihren Platz behalten, "während die übrigen selektivvertraglichen Regelungen größtenteils im § 140a SGB V zusammengefasst worden sind".

Anerkennung bringe dem Verband das Gesamtkonzept:

  • Eigene Honorarordnungen mit den Kassen, die "eine auskömmliche Einkommenssituation ... ohne ständige Änderungen, Restriktionen und Wertschwankungen" schaffen,
  • ein eigenes Fortbildungsystem,
  • das Qualifikations-/Delegationsmodell der Verah (über 8000 MFAs).


Allerdings: Die Anbindung fachärztlicher Versorgungspfade gelang bislang nur im Bereich Rheuma. Um den Hausarzt bei der Patientensteuerung in der zentralen Position zu halten, verwirft der Verband Überlegungen in der KBV zu einer "Grundversorgung" auch durch Fachärzte. Das sei "rückschrittlich", meint Weigeldt.

Allgemeinärzte lösen mehrere Probleme gleichzeitig

Denn die Hausärzte lösten in über 80 % der Fälle die Patientenprobleme – ggf. sogar mehrere gleichzeitig. Oft kämen Patienten mit einer zunächst banal erscheinenden Beschwerde in die Praxis, um dann während der Untersuchung und Beratung eine ernstere Problematik zu offenbaren. "Dazu müsste der Patient bei gebietsfachärztlicher Primärversorgung schon mal mindestens einen weiteren gebietsärztlichen Termin vereinbaren."

Vize Dr. Berthold Dietsche warnt: Die "Grundversorger"-Idee ziele darauf, den Fachärzten zusätzliches Honorar zulasten der Hausärzte zu verschaffen. Er wendet sich auch gegen "Angriffe", dass es zur Patientenversorgung zusätzlicher Qualifikationen in Schmerzmedizin, Ger­iatrie und Diabetologie bedürfe. "Wir müssen gegen diese Aushöhlung unserer Kompetenzen vorgehen."

Da erscheint es logisch, dass der Hausärzteverband auch mit der PKV gerne HzV-Tarife vereinbaren würde, deren Leistungspositionen und Vergütungssätze von der GOÄ abweichen. Die Delegierten stimmten jedenfalls dafür.



Quelle: Delegiertenversammlung des Deutschen Hausärzteverbandes

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