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Warnung der Ärztekammer vor zu dicken Geschäften

Autor: RA Prof. Dr. Thomas Schlegel, Foto: Thinkstock

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Die Bundesärztekammer hat sich zu unternehmerischen Betätigungen und Unternehmensbeteiligungen von Ärzten geäußert.

Hier die BÄK-Empfehlungen im Überblick:


  1. Ärztliche Behandlungsentscheidungen müssen nach medizinischen Gesichtspunkten getroffen werden und dürfen sich nicht von berufsfremden Erwägungen, insbesondere nicht von merkantilen Aspekten, leiten lassen.

    Stellen Sie sicher, dass in den vertraglichen und sonstigen beruflichen Beziehungen zu Dritten Ihre ärztliche Unabhängigkeit für die Behandlung der Patienten gewahrt ist.

    Anmerkung: Diese Kernregel ärztlicher Ethik ist bereits hinreichend im ärztlichen Berufsrecht verankert (§§ 1, 2, 3, 7, 30, 31, 32, 33 M-BO).


  2. Unternehmerische Betätigung sowie die Beteiligung an Unternehmen sind Ihnen als Arzt umso eher gestattet, je klarer diese von Ihrer ärztlichen Tätigkeit getrennt sind und je weniger die unternehmerische Tätigkeit mit Ihrer ärztlichen Tätigkeit in Verbindung gebracht werden kann.

    Anmerkung: Hier stimmen die Begrifflichkeiten nicht: Unternehmer ist jeder freiberuflich und selbstständig tätige Arzt, der ein unternehmerischer Risiko trägt. Tatsächlich meint die BÄK damit die Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit, die bereits in § 1 M-BO geregelt ist. Diese muss strikt von der freiberuflichen Tätigkeit getrennt werden.


  3. Wenn Sie bei einer unternehmerischen Betätigung ärzt­liche Kompetenz einbringen, bleiben Sie an die Pflichten der Berufsordnung, insbesondere an das Gebot der gewissenhaften Berufsausübung, gebunden.

    Anmerkung:
    Gemeint ist die gewerbliche Tätigkeit.


  4. Sprechen Sie Empfehlungen für einen bestimmten Leis­tungserbringer, unabhängig davon, ob Sie an seinem Unternehmen beteiligt sind oder nicht, nur aus, wenn Sie der Patient aus eigenem Antrieb darum bittet oder dafür ausnahmsweise ein hinreichender Grund besteht.

    Anmerkung:
    In § 31 der Muster-Berufsordnung ist bereits normiert, dass Patienten nur mit einem hinreichenden (medizinischen) Grund an andere Heilberufe verwiesen werden dürfen. Ein kategorisches Zuweisen ist verboten, da es die freie Wahl des Patienten ausschließt.


  5. Schaffen Sie gegenüber den Patienten Transparenz über die ggf. vorhandenen wirtschaftlichen Zusammenhänge zu einem Unternehmen, um das Recht der Patienten auf Wahlfreiheit unter den Leistungserbringern zu gewährleisten.

    Anmerkung: Eine Beteiligung an einem anderen Unternehmen mit einem Heilberufler zusammen ist nur in Form einer medizinischen Kooperationsgemeinschaft zulässig. Jedwede gemeinsame Betätigung an einem Patienten bedarf der Ankündigung (z.B. auf dem Praxisschild, Briefbogen), damit der Patient weiß, mit wem er den Behandlungsvertrag schließt. Dies gilt auch für Versorgungsformen nach dem SGB V (Integrierte Versorgung, SAPV o.ä.).


  6. Beachten Sie, dass es unzulässig ist, wenn Ihre Verordnungen oder die Zuweisung von Patienten einen spürbaren Einfluss auf Ihren Ertrag aus der Unternehmensbeteiligung haben. Dabei kann sich schon aus der Gesamthöhe der zufließenden Vorteile die Unzulässigkeit einer Beteiligung ergeben.

    Anmerkung:
    Diese „Spürbarkeits­theorie“ wurde vom Bundesgereichtshof entwickelt und ist leider nicht griffig. Streng genommen würde jede sinnvolle integrierte Versorgung darunter fallen. Das ist auch vom BGH nicht gewollt. Wichtig ist, dass die Verordnung oder Zuweisung nicht zu einem Qualitätsverlust in der Versorgung des Patienten führt.


  7. Prüfen Sie Beteili­gungsangebote kritisch, wenn Sie Anhaltspunkte dafür haben, dass nur bestimmte Gruppen von Leistungserbringern angesprochen werden oder Ihnen eine deutlich über den üblichen Marktkonditionen liegende Rendite versprochen wird.

    Anmerkung:
    Diese Diktion gilt sicherlich für alle wirtschaftlichen Beteiligungen und klingt nach einer Warnung vor Börsenprospekten. Da ärztliche Leistungen i.d.R. an GOÄ und EBM gebunden sind, sind darüber hinausgehende Renditeversprechen ohnehin häufig unwirksam.


  8. Bedenken Sie, dass Werbung für eigene oder fremde gewerbliche Tätigkeit im Zusammenhang mit Ihrer ärztlichen Tätigkeit berufsrechtlich unzulässig ist.

    Anmerkung:
    Das wird oft übersehen. Bei vielen ärztlichen Internetauftritten werden gewerbliche Anbieter ebenfalls aufgeführt, z.B. Medizintechnikfirmen. Das ist unzulässig.


  9. Berücksichtigen Sie, dass entscheidend für die rechtliche Bewertung nicht die formale vertragliche Ausgestaltung des Beteiligungsmodells ist, sondern wie das im Vertrag Festgelegte im Alltag gelebt wird.

    Anmerkung:
    Wichtiger Hinweis! Vertragliches „Tarnen und Täuschen“ kann von dem tatsächlich Gelebten rechtlich ausgehebelt werden. Gehen Sie keine Scheinverträge ein, um einen anderen Sachverhalt zu kaschieren. Im Zweifel sind diese Verträge unwirksam, sodass Sie auch Ihren Honorar-/Gewinnanspruch verlieren können.


  10. Stimmen Sie Ihre Pläne für unternehmerische Betätigungen oder für eine Beteiligung an Unternehmen vorher mit der für Sie zuständigen (Landes-)Ärztekammer ab, um auch insofern Transparenz zu schaffen. Legen Sie vor Vertragsabschluss die Entwürfe zur Prüfung der berufsrechtlichen Implikationen der (Landes-)Ärztekammer vor und leiten Sie die Entwürfe zur Prüfung der vertragsarztrechtlichen Aspekte auch der KV zu.

    Anmerkung:
    Ein wünschenswerter Vorgang. Sollten Sie sich von den Aussagen der Kammer aus nicht nachvollziehbaren Gründen an Ihrem Vorhaben gehindert sehen, kündigen Sie dennoch dessen Umsetzung der Kammer an, wenn Sie sicher sind, dass Sie die besseren und juristisch einwandfreien Argumente haben.
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