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Darf sich ein Kassenpatient als Privatversicherter ausgeben?

Praxismanagement , Patientenmanagement Autor: Rechtsanwältin Henriette Marcus, Foto: thinkstock

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Wie soll sich der Arzt bzw. das Praxisteam verhalten, wenn der Patient bei der Terminvereinbarung am Telefon behauptet, er sei Privatpatient? Kann der Arzt die Behandlung ablehnen?

Zunächst gilt: Auch Patienten haben Pflichten als Partner eines Behandlungsvertrages! Aus dem Behandlungsvertrag erwächst für den Patienten als sog. Nebenpflicht, die Behandlungstermine ordnungsgemäß zu vereinbaren, einzuhalten und alle erforderlichen Informationen im Rahmen der Vertragsanbahnung wahrheitsgemäß mitzuteilen.

Wird bei der Terminvereinbarung über die Versicherungsart getäuscht, liegt darin eine Täuschung über die Konditionen der Hauptleistungspflicht zur Vergütung der ärztlichen Dienstleistung, um beim Arzt bzw. dem Praxispersonal einen schnelleren Termin zu erhalten.

Mit der höflichen Frage, ob sich der Patient, der sich ja als Privatpatient angemeldet hat, privat und auf eigene Rechnung behandeln lassen will, kann diese Täuschung zunächst aufgeklärt werden.

Kassenpatienten haben Recht auf nächstmöglichen Termin

Verneint der Patient dies, kann die Bereitschaft, den Kassenpatienten als Privatpatient anzunehmen, wegen Täuschung angefochten werden mit der Erklärung, dass über das Bestehen einer Privatversicherung getäuscht wurde und zu den Konditionen einer Privatbehandlung auf Wunsch des Patienten nicht behandelt werden soll. Ohne ausdrücklichen Wunsch des Patienten darf der Vertragsarzt ihn auch gar nicht dahingehend beeinflussen.

Die Terminvereinbarung für eine Privatbehandlung, die gar nicht stattfinden soll, ist daher nichtig und der vereinbarte Termin für die privatärztliche Behandlung kann von der Praxis abgelehnt werden.

Jedoch ist der Vertragsarzt zur Behandlung von GKV-Patienten (während der Sprechstundenzeiten für Kassenpatienten) verpflichtet. Die Praxis muss daher Kassenpatienten, die einen Behandlungstermin wünschen, grundsätzlich den nächstmöglichen Termin innerhalb der Sprechstundenzeiten, die für gesetzlich versicherte Patienten ausgewiesen sind, tatsächlich anbieten.

Sind die Sprechstundenzeiten für Kassenpatienten auf bestimmte Wochentage festgelegt und Zeiten definiert, kann hier unproblematisch nach Lage des Terminbuchs ein Ersatztermin zu einem späteren Zeitpunkt gefunden und vereinbart werden.

Schwieriger ist dies, wenn Sprechstundenzeiten nicht gesondert nach der Versicherungsart (gesetzlich / privat) ausgewiesen und angekündigt werden – dann ist jedem Patienten, unabhängig von seiner Versicherungsart, grundsätzlich der zeitlich nächstmögliche Termin nach Blick ins Terminbuch anzubieten.

Vertrauensbasis von Anfang an zerstört

Aber ist der Arzt überhaupt verpflichtet, einen Patienten, der schon bei der Vereinbarung eines Behandlungstermins geschummelt hat, noch anzunehmen? Schließlich zerstört der Patient mit seiner Lüge die erforderliche Vertrauensbasis.

Der Patient hat im Rahmen eines Behandlungsvertrages die Pflicht, auch selbst zum Gelingen der Behandlung mitzuwirken und dem Arzt für die Behandlung, etwa bei der Anamnese, wahrheitsgemäße und vollständige Angaben nach bestem Wissen zu machen.

Hierauf kann der Arzt ggf. nicht mehr vertrauen, wenn der Patient schon bei der Terminvergabe vorsätzlich getäuscht und nicht wahrheitsgemäß Auskunft erteilt hat. Ob sich der Arzt im Einzelfall davon beeindrucken lässt, muss er für sich prüfen.

Denn es gilt auch: Je mehr der Kassenpatient auf die Behandlung dieses Vertragsarztes angewiesen ist und keine anderweitige GKV-Behandlungsmöglichkeit besteht, umso intensiver ist abzuwägen, ob in dem "Terminschummeln" tatsächlich ein gravierender sachlicher Grund für die Ablehnung seitens des Vertragsarztes zum Abschluss des GKV-Behandlungsvertrages vorliegt.


Quelle: Expertenkommentar

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