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Die Praxisbewertungs-Empfehlungen der Bundesärztekammer

Niederlassung und Kooperation Autor: Rechtsanwalt Udo H. Cramer, Foto: thinkstock

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Der Sachverständiger für die Bewertung von Arztpraxen Udo H. Cramer, Rechtsanwalt, München, erläutert die Praxisbewertungs-Richtlinien der Bundesärztekammer.

Die BÄK macht Vorgaben zur Ermittlung des ideellen Wertes und des Sachwertes. Während der Sachwert nach dem Substanzwertverfahren ermittelt wird, also dem Verkehrswert oder Zeitwert der Praxiseinrichtung etc. zum Bewertungsstichtag, errechnet sich nach der bisherigen Methode der ideelle Wert aus den Praxisumsätzen der Vergangenheit (Mittel der letzten drei Jahre) unter Abzug eines kalkulatorischen Arztlohns. Der gedrittelte Betrag daraus sollte den ideellen Wert der Praxis ausmachen. Der kalkulatorische Arztlohn wurde bisher so beziffert: Bruttojahresgehalt 2006 eines Oberarztes nach BAT I b, verheiratet, 2 Kinder, Endstufe mit Urlaubsgeld, davon 100 % = ca. 63 000 €. 

Kritisiert wurde die Kammermethode schon immer. Dies vor allem, weil die Kostensituation der Praxis nicht berücksichtigt und die Vergangenheit ohne nähere Prognose der Zukunft fortgeschrieben wurde. Ein Problem gerade in schwierigen Zeiten, die inzwischen Dauerzustand geworden sind. Auch gab und gibt es keine Begründung für den Drittelfaktor. Zudem wurden die grundlegenden Veränderungen der Angebots- und Nachfragesituation mit der Einführung der strengen Bedarfsplanung 1993 („Seehofer- Reform“) bisher nicht erfasst.

Während der langen Gültigkeitszeit der BÄK-Richtlinien haben sich andere Verfahren wie das Ertragswertverfahren immer mehr durchgesetzt: Diese kommen aus der Unternehmensbewertung in Industrie und Handel, wurden früher von den Standesorganisationen abgelehnt unter Hinweis auf die Personengebundenheit der ärztlichen Leistung, die sich schneller verflüchtige als z.B. der Ruf einer gut eingeführten Firma. Dem hat man Rechnung getragen, indem man den Betrachtungszeitraum verkürzte. Zentraler Punkt ist die Frage: „Welches Einkommen (in BWL-Deutsch: „dauerhaft entnehmbare Überschüsse“) kann ich mit dieser Praxis erzielen?“

Neue Methode geht von übertragbarem Umsatz aus

Die neue Methode geht von einem übertragbaren Umsatz aus, der geringer sein kann als der Gesamtumsatz. Von ihm werden übertragbare Kosten abgezogen, um den übertragbaren Gewinn zu erhalten. Davon wird ein nun anders berechnetes Arztgehalt abgezogen, um den nachhaltig erzielbaren Gewinn zu erhalten. Dieser wird mit einem Prognosefaktor multipliziert (2 bzw. 2,5), um den ideellen Wert (Goodwill) zu erhalten. Ergänzt um den materiellen Wert ergibt sich der Gesamtpraxiswert.

Das abzuziehende Arztgehalt ist wie folgt abhängig von der Größe des übertragbaren Umsatzes:


UmsatzGehalt
240 T€ 100 % = 76 000 €
215 T€90 % = 68 400 €
190 T€80 % = 60 800 €
165 T€70 % = 53 200 €
140 T€60 % = 45 600 €
115 T€50 % = 38 000 €

 usw.

Bei einem übertragbaren Umsatz unter 40 000 Euro soll laut BÄK kein Abzug erfolgen. Dies wohl, um einen negativen Praxiswert zu vermeiden. Das Arztgehalt wurde für 2008 mit 76 000 € (brutto) in Anlehnung an Facharztgehälter im Krankenhaus, bei Verbänden und in der Pharmaindustrie angesetzt und ist in den Folgejahren nach den Tarifänderungen anzupassen. 

Beurteilung der Methode

Die Erfolgsgrößen der Praxis werden jetzt zukunftsbezogen ermittelt („übertragbarer ...“) unter explizitem Einbezug der Praxiskosten. Das ist ohne Zweifel ein Fortschritt. Dagegen ist der „Prognosefaktor“ – der offensichtlich die bisherige starre Drittelregelung ersetzen soll – problematisch. Außer aus der Bezeichnung ist inhaltlich in keiner Weise ersichtlich, inwieweit sich daraus gerade in diesem Multiplikatorbereich der richtige Praxiswert ergeben soll. Und: Welcher Faktor gilt bei welcher Praxis? Immerhin findet sich die Erläuterung, dass bei mehreren Gesellschafter-Ärzten „die Patientenbindung durch einen oder mehrere verbleibende Gesellschafter höher ist als bei einer Einzelpraxis“ und deshalb der Prognosefaktor „in der Regel“ 2,5 Jahre beträgt.

Was den Praxiswert noch beeinflussen kann

Die BÄK nennt weitere „wertbeeinflussende Faktoren“:

  • Ortslage der Praxis (Großstadt-, Kleinstadt- oder Landpraxis)
  • Praxisstruktur nach Patientenkreis (z.B. Überweisungspraxis, Konsiliarpraxis, Einzelpraxis, Anteil der Privatpatienten)
  • Arztdichte im Praxisbereich
  • Praxisräume übernahmefähig?
  • Dauer der Berufsausübung des Abgebers
  • Praxisumsatz und Maßnahmen der KV
  • Qualitätsmanagement
  • Tätigkeitsumfang (nachdem es jetzt halbe und weiter aufgeteilte Arztstellen gibt)
  • gesperrter Planungsbereich
  • Anstellung von Ärzten
  • Kooperationen (Praxis-, Apparate-, Med. Kooperationsgemeinschaft etc.)

Die BÄK geht davon aus, dass sich der ideelle Wert durch diese Faktoren um nicht mehr als 20 % ändert.

Aufgaben der Praxisbewertung

Es bleibt Aufgabe bei der Praxisbewertung: Welche konkreten Erfolge – als ökonomischer Oberbegriff für Umsatz, Kosten und Überschuss – sind in Zukunft zu erwarten? Motto dabei ist: „Der Kaufmann gibt für die Vergangenheit nichts.“

Die Ertragskraft ist zu ermitteln auf der Grundlage der Vergangenheit und je nach den sich abzeichnenden Entwicklungen wie

  • externen und internen strukturellen Änderungen der und für die Praxis,
  • Auswirkungen aus (in immer schnellerer Folge kommenden und immer komplizierter werdenden) Honorarreformen,
  • Qualifikationen von Abgeber und Übernehmer,
  • Praxisumfeld,
  • Wettbewerb etc.
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