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Langfristgenehmigung von Heilmitteln für schwer Kranke

Autor: Anke Thomas, Foto: thinkstock

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Die neuen Regelungen zur Langfristgenehmigung von Heilmitteln sind im Interesse von Patienten, die über längere Zeit Heilmittel benötigen, und schützen Ärzte vor Regressen. Die Änderungen sind jedoch nicht unkompliziert.

„Schwer erkrankt plus Heilmittelverordnung genehmigen lassen“ war bisher eine Formel, deren Ergebnis meist Frust lautete. Diesem Treiben hat der Gesetzgeber einen Riegel vorgeschoben und definiert, bei welchen Krankheiten eine langfristige Genehmigung infrage kommt. Zudem gibt es neben regionalen Gegebenheiten auch bundesweit definierte Praxisbesonderheiten. Was das für die Praxen bedeutet, erklärte Dr. Mathias Flume, Verordnungsmanagement der KV Westfalen-Lippe.

Grundsätzlich sind fünf verschiedene Sachverhalte zu unterscheiden.

1. Wegen seiner schweren Erkrankung benötigt ein Patient dauerhaft ein Heilmittel. Seine Erkrankung und das erforderliche Heilmittel sind im Katalog zu Langfristgenehmigungen aufgeführt bzw. ICD-10-Code und Indikationsschlüssel sind in der passenden Kombination gelistet. Dann sieht der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Bedarf für eine langfristige Versorgung mit diesen Heilmitteln. Sobald der Arzt diese Kombination im Heilmittelrezept einträgt (ICD-10-Code und Indikationsschlüssel) gilt die Genehmigung bei den meisten Krankenkassen als erteilt.

Der Vorteil für den Patienten: Er muss nicht jedes Quartal einen neuen Antrag stellen und auf die Gnade der Kasse hoffen. Der Vorteil für den Arzt: Er muss keine langwierigen Gespräche mit der Kasse für seine Patienten führen oder jeweils Atteste und Gutachten ausstellen. Zudem unterliegen Langfristgenehmigungen nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung.

2. Nur einige wenige Krankenkassen pochen trotz Empfehlung des G-BA auf ihren Genehmigungsvorbehalt. Hier müssen Patienten wie früher auch eine Langfristgenehmigung bei ihrer Krankenkasse beantragen. Das gleiche Prozedere gilt für Heilmittel, die nicht im G-BA-Katalog aufgeführt sind. Eine Genehmigung kommt hier in Betracht, wenn die Schwere und Dauerhaftigkeit der Erkrankung mit den Diagnosen im Katalog vergleichbar sind.

Sobald eine Langfristgenehmigung erteilt ist, gilt auch hier: Diese unterliegen nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Sicherheitshalber sollte der Arzt eine Kopie dieser Genehmigung in der Krankenakte hinterlegen.

3. Das Heilmittel ist als Praxisbesonderheit bundesweit anerkannt bzw. im Katalog aufgeführt, auf den sich KBV und GKV-Spitzenverband geeinigt haben. Auch hier sollten auf dem Rezept Indikationsschüssel und ICD-10-Code nicht fehlen. Im Unterschied zu Langfristgenehmigungen sind Praxisbesonderheiten prüfrelevant bzw. sie zählen zunächst zum Budget dazu, werden aber in einem Prüfverfahren automatisch berücksichtigt.

4. Es handelt sich um ein „normales“ Heilmittel, das budget­relevant ist.

5. Es gibt regionale Vereinbarungen für Praxisbesonderheiten bei Heilmitteln, die nicht im genannten Katalog aufgeführt sind. Hier wird es in Zukunft, glaubt Dr. Flume, zu bundesweiten Angleichungen kommen und in den regionalen Prüfvereinbarungen werden vorrangig ergänzende Besonderheiten zu den bundesweiten Empfehlungen vereinbart.  

Langfristgenehmigungen mindestens ein Jahr gültig

Die im Katalog aufgeführten Langfristgenehmigungen haben für mindestens ein Jahr Gültigkeit bzw. so lange, wie die Voraussetzungen beim Patienten vorliegen. Dennoch darf der Arzt eine Heilmittelverordnung nur für maximal zwölf Wochen ausstellen. Sollte es tatsächlich so sein, dass sich der Zustand des Patienten derart verbessert hat, dass kein Heilmittel mehr benötigt wird, darf der Arzt nicht weiter rezeptieren.


Sucht sich der Patient einen neuen Arzt, ist eine bestehende Langfristgenehmigung weiterhin gültig. Aber Vorsicht: Wechselt ein Patient seine Kasse, wird die Langfristgenehmigung ungültig und ein neuer Antrag ist erforderlich.

Ärzte sollten künftig genau überprüfen, ob beim Patienten eine im Katalog aufgeführte Erkrankung vorliegt, so Dr. Flume auf dem KVWL-Workshop „Praxisbesonderheiten und Langfristverordnungen“ in Dortmund.
Wichtig ist es allerdings auch, das „normale“ Budget nicht zu vergessen und die Patienten bei Bedarf mit Standardtherapien (z.B. Krankengymnastik) zu versorgen, damit die Richtgrößen mangels entsprechender Ausschöpfung nicht sinken.

Außerdem können in einer Wirtschaftlichkeitsprüfung weiterhin individuelle Praxisbesonderheiten (z.B. postoperative Versorgung, Betreuung von Alten-, Pflege- und/oder Behindertenheimen) geltend gemacht werden. Diese sollte der Arzt genau aufzeichnen bzw. dokumentieren, damit in Prüfungen entsprechend argumentiert werden kann.

Insgesamt, sagt Dr. Flume, ist es für schwer kranke Patienten und deren behandelnde Ärzte mit den bundesweiten Regelungen etwas einfacher geworden. Probleme könnten künftig HNO-Ärzte oder Pädiater bekommen, denn der Bereich Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie, aber auch die Ergotherapie, wird vom G-BA nicht pauschal – wie in einigen KVen bislang üblich – als Praxisbesonderheit anerkannt.

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