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Patientenberatung ab 2016 – unabhängig oder kassennah?

Autor: Cornelia Kolbeck, Foto: fotolia/ WavebreakMediaMicro

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Die Unabhängige Patientenberatung (UPD) hat ab kommendem Jahr mit der Sanvartis GmbH einen neuen Träger. Die Freude über ein Callcenter-Unternehmen als Verantwortlichen hält sich allerdings in Grenzen.

„Verbraucher und Patienten können sich künftig einfacher und schneller bei Fragen rund um ihre Gesundheit unabhängig, neutral und kompetent beraten lassen“, meldet das Bundesgesundheitsministerium. Die Berater der UPD seien ab Beginn nächsten Jahres wochentags bis 22 Uhr sowie samstags von 8 bis 18 Uhr und damit deutlich länger als bisher über eine bundesweit kostenfreie Rufnummer erreichbar.

Opposition: „Ein Bärendienst für die Patienten“

Während das Bundesgesundheitsministerium, der GKV-Spitzenverband und der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Staatssekretär Karl-Josef Laumann (CDU), den Trägerwechsel anpreisen, wird nach wie vor massive Kritik laut. Maria Klein-Schmeink, Sprecherin für Gesundheitspolitik der Grünen im Bundestag, befürchtet, dass die Patientenberatung zu Grabe getragen wird. Die Bundesregierung erweise den Patienten einen Bärendienst.

„Ohne Not wird eine bestehende Struktur zerschlagen, die unabhängige Patientenberatung in hoher Qualität über Jahre hinweg aufgebaut und geleistet hat“, erklärt die Sprecherin für Arzneimittelpolitik und Patientenrechte der Linksfraktion im Bundestag, Kathrin Vogler. Sie fragt sich, woher Sanvartis schon ab Januar 2016 fachlich qualifiziertes Personal für 30 Beratungseinrichtungen und für die telefonische Betreuung bekommen will. Am Ende könnten es „vielleicht genau dieselben Callcenter-Service-Agents sein, die im Augenblick am Telefon im Auftrag von Krankenkassen Patienten das Krankengeld verweigern“.

Die Professoren Marie Luise Dierks (Medizinische Hochschule Hannover) und Rolf Rosenbrock, (Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes) haben aus Protest über Sanvartis als Träger ihre Tätigkeiten im Expertenbeirat der UPD niedergelegt. Ihrer Einschätzung nach hat das ausgewählte Unternehmen den gesetzlich geforderten Nachweis der Neutralität und Unabhängigkeit nicht erbracht.

GKV: „Jegliche Einflussnahme  ist ausgeschlossen“

Sanvartis war im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung vom GKV-Spitzenverband als neuer Träger ausgewählt worden. Die Vergabe­kammer am Bundeskartellamt bestätigte das Verfahren. Der Zuschlag für die neue, über sieben Jahre dauernde Trägerschaft erfolgte Mitte September. GKV-Verbandsvorstand Gernot Kiefer sichert zu: „Jegliche Einflussnahmen auf Beratungsinhalte und/oder Beratungsstandards durch Dritte sind ausgeschlossen.“ Weder die Träger der gGmbH noch Kooperationspartner oder der GKV-Spitzenverband würden die Beratung beeinflussen können.

In den letzten Monaten seien „zum Teil wilde Spekulationen und Mutmaßungen verbreitet worden, die mit der Realität nichts zu tun haben“, beklagt Staatssekretär Laumann. Beispielsweise hatten die KBV und die KZBV die Vergabe scharf kritisiert. Der Bundes­ärztekammerpräsident hatte den Bundesgesundheitsminister aufgefordert, zu verhindern, dass die UPD „zu einem krankenkassennahen Callcenter verkommt“.

2011 bis 2015 addierten sich die Fördermittel für die UPD auf 25,4 Mio. Euro. 2016 bis 2022 werden insgesamt 62 Mio. Euro aus Beitragsmitteln der GKV zur Verfügung stehen plus 630 000 Euro von der PKV. Sanvartis plant mit dem neuen Budget einen deutlichen Ausbau der UPD. „Ziel ist es, die Anzahl der Beratungen auf mehr als 220 000 jährliche Kontakte nahezu zu verdreifachen“, erklärt Thorben Krumwiede, designierter Geschäftsführer.

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