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Praxisnachfolge: So folgt der Wunschkandidat

Autor: Dr. Christian Link-Eichhorn, Foto: thinkstock

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Bei der Praxisübertragung auf einen Nachfolger erhält nicht immer der Wunschkandidat den Zuschlag. Welchen Spielraum der Zulassungsausschuss hat und worauf Praxisabgeber bei der Nachbesetzung ihres Vertragsarztsitzes achten sollten. - Expertentreff -

Im gesperrten Planungsbereich kann grundsätzlich keine Zulassung eines neuen Vertragsarztes erfolgen. Da aber die Praxis eines Abgebers auch vom grundgesetzlich garantierten Eigentumsschutz erfasst wird, kann diesem eine Verwertung seiner Praxis nicht gänzlich versagt werden. Der Praxisabgeber muss daher ein Nachbesetzungsverfahren in die Wege leiten und die Ausschreibung seines Arztsitzes veranlassen.


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Das GKV-Versorgungsstrukturgesetz erlaubt es dem Zulassungsausschuss, aus Versorgungsgründen ein Nachbesetzungsverfahren abzulehnen. Die KV hat dann den Arzt mit dem Verkehrswert der Praxis zu entschädigen – wobei es zwischen Praxisabgeber und KV zu unterschiedlichen Auffassungen über den Verkehrswert kommen kann.

Um daher überhaupt eine Ausschreibung des Vertragsarztsitzes als Bedingung eines Praxisverkaufs an einen Nachfolger sicher durchzusetzen, bleibt dem Praxisabgeber bei einem nicht verwandten Interessenten nur die Möglichkeit, vorher den Bewerber anzustellen oder mit ihm die Praxis gemeinschaftlich zu betreiben. In diesen Fällen kann der Zulassungsausschuss ein Nachbesetzungsverfahren nicht aus Versorgungsgründen ablehnen.

Einzelpraxis: Auch andere Bewerber haben eine Chance

Wird der Arztsitz ausgeschrieben, muss sich der Wunschnachfolger innerhalb der gesetzten Frist dafür bewerben. Auch andere Bewerber können das tun. Ein häufiger Irrtum bei Einzelpraxisabgebern ist die Annahme, dass die weiteren Bewerber bei der Auswahlentscheidung keine Chance hätten, da bereits ein Praxiskaufvertrag zwischen Abgeber und Wunschnachfolger geschlossen wurde.

Bei einer Berufsaus­übungsgemeinschaft kann der verbleibende Partner zivilrechtlich nicht gezwungen werden, einen Gesellschaftsvertrag mit einem ihm nicht genehmen Bewerber einzugehen.

Anders liegt der Fall aber bei der Einzelpraxis: Nach Ansicht der Sozialgerichte ist die zivilrechtliche Einigung mit einem Wunschkandidaten nur bei gleicher Eignung aller Mitbewerber zu berücksichtigen. Sobald ein Bewerber eine bessere Eignung als der Wunschkandidat aufweist, erhält Letzterer trotz bestehenden Kaufvertrags nicht den Zuschlag.

Echte Praxisfortführung oder eine Sitzverlegung geplant?

Die Auswahl des Praxisnachfolgers durch den Zulassungsausschuss richtet sich zunächst danach, ob die Bewerber die Praxis überhaupt fortführen wollen. Das Bundessozialgericht (BSG) fordert dafür einen strengen Maßstab. Da die Nachbesetzung im überversorgten Planungsbereich eine Ausnahme aufgrund der sonst fehlenden Verwertungsmöglichkeit des Abgebers darstelle, sei eine Kontinuität des Praxisbetriebs erforderlich.

Ein Ansinnen, den Vertragsarztsitz bei Zuschlag sofort zu verlegen, ist also problematisch, da es hier an einer Praxisfortführung mangeln könnte. In der Regel muss die Praxis in denselben Räumen mit demselben Personal weitermachen. Auch eine Anstellung in einer Zweigpraxis oder in einem MVZ lässt das BSG nicht als Praxisfortführung gelten. Unter den Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuss den Nachfolger „nach pflichtgemäßem Ermessen“ auszuwählen.

Bei der Auswahl für die Praxisnachfolge sind folgende Aspekte relevant:

  • berufliche Eignung n Dauer der ärztlichen Tätigkeit (nur bis fünf Jahre als Facharzt)

  • Approbationsalter (ebenfalls Fünfjahreszeitraum)

  • Tätigkeit in unterversorgten Gebieten n Bereitschaft, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen

  • Dauer der Warteliste-Eintragung

  • Ehegatten, Lebenspartner, Kinder

  • Anstellung bei oder gemeinschaftlicher Praxisbetrieb mit Abgeber


Diese Kriterien entfalten laut BSG keine strikte Verbindlichkeit. Denn es handele sich um eine Ermessens­entscheidung, wobei kein Vorrang einzelner Kriterien existiere und deren Gewichtung dem Zulassungsausschuss obliege. Auch darf der Ausschuss weitere Aspekte bei der Auswahl betrachten, so das BSG. Denn die gesetzlichen Kriterien seien nicht zu „beachten“ sondern nur zu „berücksichtigen“ (Urteil vom 20.3.2013, Az.: B 6 KA 19/12 R).

Durch diese Wortklauberei werden dem Zulassungsausschuss weitreichende Einzelfallentscheidungen ermöglicht. So kann der Ausschuss nach Ansicht des BSG auch eine Prognose über eine kontinuierliche Patientenversor­gung anstellen und einen jüngeren Bewerber bevorzugen.

Erhält aber ein anderer Bewerber als der Wunschkandidat des Praxisabgebers den Zuschlag, tritt der Zustand ein, dass mit diesem bislang kein Kaufvertrag besteht, dieser aber den Vertragsarztsitz zugesprochen bekommen hat. Einen findigen Bewerber könnte das zum Herunterhandeln des Kaufpreises animieren, denn der Abgeber hat regelmäßig nur Anspruch auf den Verkehrswert. Über dessen Höhe lässt sich aber trefflich streiten.

Was kann vorbeugend getan werden? Eine Tätigkeit des Wunschkandidaten als angestellter Arzt in der Praxis des Abgebers oder eine begrenzte gemeinsame Tätigkeit können die Auswahlchancen deutlich verbessern. Der Wunschkandidat sollte derjenige Bewerber sein, der die beste Gewähr für eine kontinuierliche Patientenversorgung bietet. Auch dieses Kriterium lässt sich durch frühzeitige Planung beeinflussen.

Dr. Christian Link-Eichhorn, Rechtsanwalt und Arzt

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