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Regressbescheid kam nicht an – Hat Widerspruch noch Zweck?

Autor: RA Rainer Kuhlen, Foto: Thinkstock

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Leser fragen MT-Experten: Ein Regressbescheid kam niemals in der Praxis an. Hat es noch Zweck, Widerspruch einzulegen?

Dr. G. S., Hausarzt aus D.:

Mir wurde ein Sprechstundenbedarfs-Regress für das Jahr 2011 in Höhe von 8000 Euro angedroht. Gegenüber der Prüfungsstelle Westfalen-Lippe habe ich telefonisch mein Verordnungsverhalten begründet und bin davon ausgegangen, dass die Sache damit erledigt ist.

Dann teilte mir die Prüfungsstelle mit, dass sie am 9.12.13 einen Regressbescheid an die Praxis geschickt hätte. Diesen habe ich aber nie erhalten und habe deshalb auch keine schriftliche Stellungnahme abgegeben. Nun sind die Fristen verstrichen. Habe ich jetzt noch die Möglichkeit, dagegen  Widerspruch einzulegen?


RA Rainer Kuhlen
Fachanwalt für Medizinrecht
Vellmar:

Im Bereich der KV Westfalen-Lippe werden Sprechstundenbedarfs(SSB)-Regressbescheide von der Prüfungsstelle regelmäßig mit einem sogenannten Übergabeeinschreiben versendet.
Die konkrete Art und Weise der Zustellung ist von KV zu KV unterschiedlich.

Bei einem Übergabeeinschreiben wird das Schreiben dem Empfänger oder einem zum Empfang berechtigten Dritten gegen Unterschrift ausgehändigt.

Hatte vielleicht eine MFA das Schreiben angenommen?

Werden der Empfänger oder ein empfangsberechtigter Dritter nicht an der Adresse angetroffen, wirft der Postbote einen Benachrichtigungsschein in den Briefkasten des Empfängers, mit dem dieser aufgefordert wird, sich das Einschreiben kurzfris­tig auf der zuständigen Postfiliale abzuholen.

Soweit der Empfänger zwar den Benachrichtigungsbescheid erhält, die auf der Post lagernde Sendung aber nicht abholt, liegt nach Ansicht des BGH (vgl. BGH, Urteil vom 26.11.1997, Az.: VIII ZR 22/97) kein wirksamer Zugang vor, da das Schreiben noch nicht in den Machtbereich des Empfängers geraten ist.

Im vorliegenden Fall sollte der Arzt der Prüfungsstelle zunächst einmal schriftlich mitteilen, dass ihm der Regressbescheid vom 9.12.2013 bisher nicht zugegangen ist.

Soweit die Prüfungsstelle nachweisen kann, dass der Prüfbescheid dem Arzt bzw. der Praxis zugestellt wurde, wäre vorliegend ein Widerspruch nicht mehr Erfolg versprechend, da dieser nach Ablauf der Widerspruchsfrist, also verspätet erhoben werden würde.

Sofern also z. B. eine MFA durch ihre Unterschrift bestätigt hat, dass der Postbote den Bescheid in der Praxis abgegeben hat, ist dies dem Arzt auch dann zuzurechnen, wenn er den Brief selbst nicht in die Hände bekommen hat.

Kein Widerspruch gegen nicht existenten Bescheid

Sollte die Prüfungsstelle dagegen nicht belegen können, dass der Bescheid in der Praxis entgegengenommen wurde, wäre der Regressbescheid nicht exis­tent, sodass gegen einen solchen ein Widerspruch nicht eingelegt werden kann.

Der Prüfungsstelle bliebe in diesem Fall nichts anderes übrig, als den Regressbescheid dem Arzt nochmals zuzustellen. Der Arzt könnte dann erst innerhalb eines Monats gegen den Bescheid Widerspruch einlegen.

Sollte – für den Fall, dass der Zugang des Regressbescheides durch die Prüfungsstelle nicht nachweisbar ist – die KV bei der nächsten Honorar-Abrechnung die Regress-Summe von 8000 Euro einziehen bzw. verrechnen, wäre dem Arzt zu raten, gegen den Honorarbescheid (in jedem Fall) Widerspruch einzulegen.

Dies sollte mit der Begründung geschehen, dass der Praxis der Regressbescheid der Prüfungsstelle nicht zugegangen ist und dass die Prüfungsstelle den Zugang des Bescheides auch nicht nachweisen konnte.

Alternativ könnte er in einem solchen Fall auch ein Eilverfahren vor dem Sozialgericht anstrengen mit dem Ziel, den – mangels Zugang des Regressbescheides – zu Unrecht einbehaltenen Regressbetrag in Höhe von 8000 Euro ungekürzt an ihn auszuzahlen.

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