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Schwierige Praxisübergabe vom Vater an den Sohn

Niederlassung und Kooperation Autor: Michael Reischmann, Foto: thinkstock

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Vater und Sohn sind sich eigentlich einig. Der Sohn soll die Facharztpraxis in Familientradition fortführen. Ein Vertrag wird aufgesetzt. Doch dann kommt es zum Streit über die Höhe des Kaufpreises. Wie lässt sich hier eine Lösung finden, die auch die familiären Bindungen rettet?

 

Ein Beispielsfall, wie er beim Wiesbadener Arbeitskreis für Mediation im Gesundheitswesen jüngst erörtert wurde: Der Facharzt Dr. V. möchte die Praxis in einer mittelgroßen Stadt in Norddeutschland, die er vor Jahrzehnten erworben und ausgebaut hat, an seinen Sohn Dr. S. übergeben. V. hat einen zweiten Vertragsarztsitz mitsamt dazugehörigen Patienten erworben und beschäftigt den Sohn als angestellten Arzt. Eine Anwaltskanzlei wird beauftragt, den Vertrag für die Praxisübernahme aufzusetzen.

Alles ist fertig, nur ein Punkt noch offen: der Kaufpreis. Denn über den können Vater und Sohn sich nicht einigen. V. möchte 450 000 Euro haben, S. aber maximal 250 000 Euro bezahlen. V. argumentiert, auf sein Lebenswerk blickend, dass die Praxis – auch nach überschlägiger Schätzung der KV – mehr wert sei. Außerdem sieht E., die Ehefrau von V. und Mutter von S., in der Summe eine eigene Absicherung. Immerhin habe sie von Anfang an ohne Gehalt in der Praxis mitgearbeitet.

Es gibt genügend andere Niederlassungsmöglichkeiten

S. kontert, der Marktwert der Praxis sei niedriger. Schließlich gibt es genügend freie Niederlassungsmöglichkeiten. Außerdem bringt er vor, dass die Mutter E. zwar auf Gehalt verzichtet, jedoch an einem erhöhten Familieneinkommen partizipiert habe. Er denkt aber auch an seine Ehefrau. Sie ist ebenfalls Ärztin und möchte in der Praxis ihres Vaters einsteigen. Hier sind die Konditionen noch offen.

Die Geschwister von S. beäugen das Geschehen misstrauisch. Kurz: Im Familiengebälk knirscht es gewaltig. Die Situation ist unübersichtlich und verfahren.

Lösungen mit der Gefahr, dass sich die Familie zerstreitet

Wie könnte eine Lösung aussehen? Stefanie Pranschke-Schade,
Fachanwältin für Medizinrecht und Mediatorin in Wiesbaden, weist darauf hin, dass es bei einer solchen Konstellation um mehr geht als den reinen Geldbetrag. Denn V. und S. könnten ja – als scheinbar einfache Lösung – ein Wertgutachten beauftragen, um die Preisdiskussion zu versachlichen.

Alternativ könnte S. die Verhandlungen beenden und sich anderswo niederlassen – zum Schaden seiner Eltern. Oder er zahlt den geforderten Preis, um den Frieden wiederherzustellen, selbst wenn er sich darüber ärgert, da auch seine Ehefrau das Geld für ihre Praxis benötigt hätte. In beiden Fällen besteht die Gefahr, dass sich die Familienmitglieder noch weiter zerstreiten.

Für eine Klärung könnte es hilfreich sein, die hinter den vorgebrachten Positionen liegenden Interessen und Bedürfnisse der Beteiligten zu ergründen, erklärt Rechtsanwältin Pranschke-Schade. Oft geht es um „Wertschätzung“ und um innerfamiliäre Angelegenheiten oder Konflikte aus der Vergangenheit, die das Sachproblem überlagern. Es kommt auch auf die Rollen an, in denen die beiden Ärzte mit­einander sprechen (als Vater oder als Unternehmer bzw. als Sohn oder als Kaufinteressent).

Um einen Ausweg zu finden, bedarf es vermutlich eines vermittelnden Dritten, eines professionellen Mediators. Dieser hat die Aufgabe, den Sachverhalt zu klären und die Beteiligten bei der Erarbeitung einer eigenen Lösung zu unterstützen. Der Erfolg ist nicht garantiert, einen Versuch dürfte es aber wert sein.

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