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DiGA 400 Euro für 90 Tage App-Nutzung

e-Health , Apps und Internet Autor: Michael Reischmann

Rund 13 Mio. Euro gaben die gesetzlichen Kassen im ersten DiGA-Jahr aus. Rund 13 Mio. Euro gaben die gesetzlichen Kassen im ersten DiGA-Jahr aus. © iStock/DragonImages
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Es sind vor allem Allgemeinärzte, die Apps auf Rezept verordnen, und Frauen, die sie nutzen. Doch die Vorteilhaftigkeit bleibt unklar – insbesondere in Relation zu den Kosten, wie GKV-Vertreter anmerken.

Fast anderthalb Jahre nach dem Start enthält das Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 30 zulasten der GVK verordnungsfähige Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA). Zehn davon sind dauerhaft gelistet und 20 vorläufig, sie sind ein bis zwei Jahre in der Erprobung.

Der GKV-Spitzenverband zieht nun eine erste Bilanz der DiGA für die 20 Apps im Zeitraum 01.09.2020 bis 30.09.2021. Er meint: Es ist ein „gesetzliches Update notwendig“.

Jeder fünfte Zugangscode bleibt ungenutzt

Den Kassenverband stört, dass sich das Gros der DiGA in der Nutzen­erkundung befindet. Allerdings sei nicht nur bei ihnen der Effekt fraglich. Die Kassen wissen, dass im Beobachtungszeitraum 50.112 DiGA ärztlich verordnet bzw. von den Kassen direkt genehmigt wurden. Ein Fünftel davon wurde aber gar nicht freigeschaltet, blieb also ungenutzt. Was die anderen Patienten von ihrer App hatten, können nur sie sagen.

In der Regel wird eine DiGA 90-Tage-weise verordnet. Zu einer zweiten Verordnung oder Genehmigung kam es bei der DiGA „M-sense“ (Migräne) in jedem fünften Fall, bei „zanadio“ (Adipositas) zu 17 %, bei „Rehappy“ (Schlaganfall) zu 14 % und „Kalmeda“ (Tinnitus) zu 12 %. Bei „M-sense“ gab es in 5 % der Fälle auch eine dritte Verordnung.

Berliner haben den höchsten Bedarf an DiGA

Da jede zweite gelistete Anwendung für psychische und Verhaltensstörungen vorgesehen ist, entfallen hierauf die meisten Verordnungen bzw. Genehmigungen. 69 % aller Verordnungen wurden von Haus­ärzten (32 %), HNO-Ärzten (20 %) und Orthopäden (17 %) vorgenommen. Dabei verschrieben die beiden Facharztgruppen jeweils eine Anwendung aus ihrem Bereich, die Hausärzte dagegen Diverses, nämlich „zanadio“ (36 %), „M-sense“ (13 %), ­„Selfapy“ (Depression, 12 %), „somnio“ (nichtorganische Insomnie, 11 %) und „Vivira“ (Muskel-Skelett-Erkrankungen, 10 %) – alles Anwendungen mit den meisten durchschnittlichen Einlösungen pro Tag.

Die Anwendung „Mika“ zur Linderung psychischer und psychosomatischer Folgen von Krebsdiagnosen und -therapien ist die DiGA mit dem höchsten Anteil an Genehmigungen durch eine Kasse (30 %). Das Verhältnis von verordneten zu genehmigten Apps – die auch freigeschaltet wurden – beträgt 9:1.

Je 100.000 Versicherte wurden in Berlin die meisten DiGA verordnet – 2,5-mal so viele wie in Niedersachsen am Tabellenende. Fast 70 % aller eingelösten Freischaltcodes wurden von Frauen genutzt – in einem Durchschnittsalter von 46 Jahren.

Insgesamt gaben die Kassen bis Ende September 2021 für 35.055 verordnete und 4.313 genehmigte Apps, die freigeschaltet wurden, 12,8 Mio. Euro aus, also im Schnitt rund 400 Euro pro Quartalsanwendung. Das Preisspektrum bewegt sich zwischen 119 Euro für eine Einmallizenz und 743,75 Euro für 90 Tage Nutzungsdauer.

Der GKV-Spitzenverband bewertet das als zu teuer. Die von den Herstellern für das erste Jahr frei festlegbaren Preise seien zum Teil deutlich höher als bei Apps außerhalb des DiGA-Verzeichnisses und als Vergütungen für konventionell erbrachte Leistungen. Das sollte geändert werden. Die von der Schiedsstelle Mitte Dezember 2021 festgesetzten Regelungen zu Höchstbeträgen und Schwellenwerten regulierten jedenfalls das hohe Preisniveau nicht. Bei Erstverschreibungen sollten auch Testzugänge für bis zu 30 Tage möglich sein, meint der GKV-Spitzenverband. Er moniert auch, dass bisher keine DiGA eine herkömmliche analoge Leistung ersetzt habe. „Es handelt sich ausschließlich um Add-on-Produkte; und das bei im Regelfall nicht nachgewiesener Wirkung für die Patientinnen und Patienten.“

Quelle: Pressemitteilung des GKV-Spitzenverbandes

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