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750 Ärzte bieten Zweitbeurteilungen an – Auswirkungen auf Fallzahlen ungewiss

Niederlassung und Kooperation Autor: Petra Spielberg

Die erste Evaluation des G-BA soll 2023 zeigen, wie das Angebot genutzt wird. Die erste Evaluation des G-BA soll 2023 zeigen, wie das Angebot genutzt wird. © grivina – stock.adobe.com
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Für bestimmte Indikationen räumt der Gesetzgeber seit Dezember 2018 Patienten das Recht ein, eine medizinische Entscheidung mithilfe einer ärztlichen Zweitmeinung zu hinterfragen. Ob das Verfahren die Mengenausweitungen wie erwartet bremst, lässt sich derzeit noch nicht beurteilen.

Nach Empfehlungen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen soll für 15 planbare Eingriffe das gesetzliche Zweitmeinungsverfahren gelten, um unnötigen Fallzahlsteigerungen entgegenzuwirken. Dies betrifft unter anderem kardiologische, kardiochirurgische sowie gefäßchirurgische Eingriffe und Untersuchungen, aber auch HNO-Eingriffe, abdominalchirurgische Operationen, Prostatektomien oder der Hüftgelenkersatz bei Coxarthrose.

Ein rechtlicher Anspruch besteht bislang allerdings erst für fünf der 15 Eingriffe, nämlich die Entfernung von Gaumen- oder Rachenmandeln, Hysterektomien, Schulterarthroskopien, die Implantation einer Knieendo­prothese oder die Amputation beim diabetischen Fußsyndrom.

G-BA berät über weitere Indikationen

Voraussichtlich noch in diesem Jahr sollen Eingriffe an der Wirbelsäule hinzukommen. Aktuell berät der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) überdies darüber, ob die Implantation eines Defibrillators oder Herzschrittmachers oder eine elektrophysiologische Herzuntersuchung sowie das Veröden von krankhaften Muskelzellen ebenfalls in die im Dezember 2018 verabschiedete Zweitmeinungsrichtlinie aufgenommen werden sollen.

Ob und inwieweit sich die politischen Erwartungen an das Verfahren erfüllen, ist indes unklar. Eine erste Evaluation des G-BA soll frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2023 vorliegen. Der Verband der Ersatzkassen bestätigt lediglich, dass mehr Versicherte vom gesetzlichen Zweitmeinungsverfahren Gebrauch machen als von den freiwillig angebotenen Leistungen der ihm angeschlossen Mitgliedskassen zur Zweitbeurteilung für weitere Indikationsgebiete.

Beziffern lässt sich dagegen die Zahl der Vertragsärzte, die bereits Leistungen des gesetzlichen Zweitmeinungsverfahrens abrechnen dürfen. So haben zwischen 2018 und Juni 2020 rund 750 Niedergelassene eine entsprechende Zulassung ihrer KV erhalten, wie aus einem Bericht der KBV hervorgeht.

Die meisten Genehmigungen erteilten die KVen Frauenärzten für die Beurteilung geplanter Hysterektomien, gefolgt von HNO- und Kinderärzten zur Bewertung der Notwendigkeit von Tonsillektomien sowie Spezialisten aus orthopädischen und chirurgischen Fächern für die Beratung von Patienten zur Indikation von Schulterarthroskopien.

Zweitbeurteilung auch per Videosprechstunde

Etwa 300 Anträge wurden abgelehnt, da die Antragsteller die vorgeschriebenen Qualitätsanforderungen für eine Zulassung zum Zweitmeinungsverfahren nicht erfüllt hatten. Dazu gehören eine mindestens fünfjährige Berufserfahrung, eine ausreichende Anzahl an Fortbildungspunkten sowie eine Weiterbildungs- bzw. akademische Lehrbefugnis.

Seit Mitte dieses Jahres dürfen die zugelassenen Ärzte eine Zweitbeurteilung auch im Rahmen einer Videosprechstunde abgeben. Hierfür gelten dieselben Abrechnungsbestimmungen wie für die Abrechnung von Videosprechstunden außerhalb des Zweitmeinungsverfahrens.

Medical-Tribune-Bericht

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