Anzeige

Pneumologie-Vollversorgungsvertrag: Raucher intensiv beraten und schulen

Niederlassung und Kooperation Autor: Michael Reischmann

Das Programm zur Tabakentwöhnung sieht eine dreistufige fachärztliche Beratung und Schulung von Rauchern vor. Das Programm zur Tabakentwöhnung sieht eine dreistufige fachärztliche Beratung und Schulung von Rauchern vor. © pix4U – stock.adobe.com
Anzeige

Das Facharzt-Programm von AOK Baden-Württemberg und Bosch BKK mit rund 800 000 Versicherten wird um die Pneumologie erweitert. Dabei werden mehr Gesprächsleistungen ermöglicht und vergütet.

Starten soll die flächendeckende Versorgung am 1. Juli 2021, wenn das Vertragssoftwaremodul auf den Praxisrechnern läuft. Als Anschubfinanzierung bezuschussen AOK und Bosch BKK die ersten 75 Fälle pro Vertragsteilnehmer mit je 15 Euro. Ihre Partner auf ärztlicher Seite sind MEDI Baden-Württemberg und der Berufsverband der Pneumologen in Baden-Württemberg (BdP). MEDI-Vorstandsvize Dr. Norbert Smetak freut sich über den Ausbau der § 140a-Vollversorgungsverträge im Land und unterstreicht: „Wie in allen Verträgen gibt es eine feste Vergütung ohne Fallzahl- oder Mengenbegrenzungen.“

Dreistufige fachärztliche Beratung und Motivation

Ein Schwerpunkt liegt auf dem Thema Tabakentwöhnung. „Rauchen ist die wichtigste Ursache für die Entstehung von COPD und für zunehmende Luftnot. Der Rauchstopp ist die wichtigste Maßnahme, um zu helfen und anspruchsvoll in der Beratung“, hebt AOK-Chef Johannes Bauernfeind hervor. „Daher unterstützen wir den Aufwand hierzu durch eine dreistufige fachärztliche Beratung und Motivation.” Stufe eins sieht eine wiederholbare „intensivierte“ fünfminütige Einzelberatung vor, die mit 10 Euro honoriert wird, die zweite Stufe einmal in drei Jahren eine 90-minütige psychoedukative Gruppenschulung (25 Euro) und die dritte Stufe eine mehrfache, kombinierbare 45-minütige Raucherberatung als Einzel- (80 Euro) oder Gruppentherapie (25 Euro).

Augenmerk wird auch auf häufige pulmologische Komorbiditäten, wie etwa COPD und Schlafapnoe, gelegt. Dr. Frank J. Heimann, Vorsitzender des BdP in Baden-Württemberg, kommentiert: „Im Gegensatz zum EBM setzt der Vertrag besonders auf Beratung und individuelle Versorgung statt einseitig auf Technik.“ Patienten mit Komorbiditäten benötigten häufig eine intensivere Betreuung. Der Vertrag biete „die nötige Abrechnungsflexibiliät, sodass eine qualifizierte bedarfsorientierte Versorgung tatsächlich möglich ist“. 

Seit fast 20 Jahren kommen in den Praxen pneumologische Assistentinnen in Beratung und Schulung zum Einsatz. Für die Ausbildung zur Entlastungs­assistentin in der Facharztpraxis (EFA®) gibt es einen Honorarzuschlag. Liegen beim Patienten wegen bestehender oder drohender Atemwegs- oder Lungenkrebserkrankungen familiäre, berufliche und/oder soziale Belas­tungen vor, können unterstützend der Soziale Dienst der AOK bzw. die Patientenbegleiter der Bosch BKK eingeschaltet werden. Die Verknüpfung des Facharztprogramms mit der Hausarztzentrierten Versorgung erlaubt eine schnelle Terminvergabe und harmonisierte Arzneitherapie. 

Neue Wege gehen die Vertragspartner mit der Festlegung von acht Qualitätsindikatoren zu Versorgungseffekten. Sie sollen der regelmäßigen Ergebnismessung und als Grundlage zur Fortsetzung des Vertrags nach drei Jahren Laufzeit dienen. Betrachtet werden z.B. die Anteile der Asthmatiker, bei denen mindestens einmal jährlich der Grad der Asthmakontrolle bestimmt wird, die Anteile der rauchenden Asthmatiker bzw. COPD-Patienten mit regelmäßiger Beratung zur Tabakentwöhnung, die Hospitalisierungsrate der COPD-Patienten, die Inanspruchnahme des ambulanten notärztlichen Systems durch Asthmatiker und COPD-­Patienten sowie der Anteil der Praxen mit zur EFA® geschulten MFA. Im Jahr 2020 gab es bei der AOK Baden-Württemberg rund 170 000 Versicherte mit COPD und 240 000 mit Asthma bronchiale, jeweils mit jährlichen Zuwachsraten von 5 bis 6 %. Nach europaweiten Erhebungen weisen 57 von 100 Asthma-Patienten keine optimale Asthmakontrolle auf.

Medical-Tribune-Bericht

Anzeige