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Stiftung gründen Wie Ärzte sich sozial engagieren

Niederlassung und Kooperation Autor: Isabel Aulehla

Ob Kunst, Sport oder Inklusion: Mit einer Stiftung können Ärzte vielfältige Gesellschaftsbereiche fördern. Ob Kunst, Sport oder Inklusion: Mit einer Stiftung können Ärzte vielfältige Gesellschaftsbereiche fördern. © iStock/VectorStory
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Jeder Arzt dürfte Hobbys oder Themen ­haben, für die er brennt. Möchte er das jeweilige Gebiet fördern, bietet sich dafür auch die Gründung einer (gemeinnützigen) Stiftung an. Das muss weder viel Zeit noch viel Geld kosten.

Seien es vereinsamte Senioren, die eher zum Reden in die Sprechstunde kommen als wegen echter Beschwerden, oder Menschen mit Lernbehinderung, die Diskriminierung erfahren: Ärztinnen und Ärzten begegnen täglich Personen, die von der Gesellschaft zum Teil im Regen stehen gelassen werden. Mancher Mediziner würde gerne Gutes für sie tun, doch dafür bleibt im Praxi­salltag keine Zeit.

Wer es wirklich ernst meint, kann sich allerdings trotzdem sozial einbringen – und z.B. eine gemeinnützige Stiftung gründen. Entgegen einiger Klischees ist dafür nicht zwingend ein hohes Vermögen notwendig. Die möglichen Förderbereiche sind vielfältig: Naturschutz, Sport, Bildung, Musik oder Kunst sind nur einige Beispiele. Im Folgenden drei Varianten gemeinnütziger Stiftungen.

1. Stiftung bürgerlichen Rechts

Eine Stiftung bürgerlichen Rechts ist ganz das „Projekt“ des Stifters. Sie kann als Ewigkeits- oder Verbrauchsstiftung errichtet werden. Der Stifter formuliert einen Stiftungszweck und eine Satzung, zudem plant er die Höhe des Grundstockvermögens sowie die Strukturen, die seine Stiftung einmal annehmen soll. Er muss die Stiftungsaufsicht davon überzeugen, dass die Stiftung ihren Zweck dauerhaft und nachhaltig erfüllen kann. Nur dann wird diese anerkannt.

Finanzieller Grundstock muss erhalten bleiben

Die Tätigkeiten der Stiftung werden aus den Erträgen ihres Vermögens finanziert, hinzu kommen Spenden und ggfs. Umschichtungsgewinne. Der finanzielle Grundstock selbst bleibt erhalten und kann durch Zustiftungen erhöht werden. Wie hoch das Errichtungskapital sein sollte, lasse sich pauschal nicht festlegen, erklärt ­Marie-Alix Ebner von ­Eschenbach, Leiterin des Bereichs Recht und Politik des Bundesverbands Deutscher Stiftungen. Die Aufsicht prüfe jeden Fall im ­Einzelnen.

Eine Praxis für obdachlose Menschen in Berlin

Die Kinderchirurgin Dr. Jenny De la Torre Castro hat vorgemacht, wie eine erfolgreiche Stiftung bürgerlichen Rechts gegründet wird. Ursprünglich in einer Klinik tätig, wünschte sich die Medizinerin mehr Zeit für die Versorgung ihrer Patienten – so heißt es auf der Homepage der nach ihr benannten Stiftung. In den 1990er-Jahren begann sie, obdachlose Menschen am Berliner Ostbahnhof mit einfachen Mitteln zu versorgen. Sie war mit Hautkrankheiten, Parasiten, offenen Beinen und chronischem Alkoholismus konfrontiert. Sie nahm die Betroffenen an, wie sie waren, hörte zu und schuf eine Vertrauensbasis. 1997 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz. Um eine niedrigschwellige medizinische Versorgung und psycho-soziale Betreuung obdachloser Menschen langfristig zu ermöglichen, gründete sie 2002 die Jenny De la Torre-Stiftung. In das Kapital flossen 25.000 Euro Preisgeld eines Medienpreises ein. Zunächst fokussierte sich die Stiftung auf ihre Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, um Spenden und Zustiftungen zu gewinnen. Dann wurde ein Gebäude gesucht, das als Gesundheitszentrum dienen sollte. Umbau und Sanierung konnten durch zahlreiche Sach- und Geldspenden von Bürgern, Unternehmen, Organisationen und Prominenten gestemmt werden. Laut Website versorgt das Gesundheitszentrum 50 bis 80 Patienten am Tag. Ärzte verschiedener Fachrichtungen bieten ehrenamtlich Sprechstunden an: Internisten, Augenärzte, Zahnärzte, Hautärzte, Orthopäden und Psychologen. Zudem gibt es eine Speisenversorgung, Angebote der Rechts- und Sozialberatung, einen Friseur sowie eine Kleiderkammer.

Um mittels des Grundstocks Erträge erzielen zu können, die eine Handlungsfähigkeit sichern, seien derzeit durchschnittlich 200.000 Euro ratsam. Allerdings brauche es diesen Betrag keinesfalls zwingend, betont die Expertin. „Niemand sollte sich von seiner Idee abbringen lassen. Es gibt keinen definierbaren Mindestbetrag. Wenn zum Beispiel ein überzeugendes Fundraising-Konzept vorliegt oder bereits Zustiftungen planbar sind – etwa durch testamentarische Verfügungen – kann auch weniger ausreichen. Es ist immer eine Frage des Einzelfalles, die sich danach richtet, ob der Stiftungszweck dauerhaft und nachhaltig erfüllt werden kann.“ Das Geld darf allein dem Stiftungszweck dienen.

Vermögensverwaltung ist auch Laien möglich

Insgesamt sei die Verwaltung des Vermögens auch für Laien gut zu bewältigen, wenn diese sich ein wenig einarbeiten, so Ebner von Eschenbach. „Man sollte sich mit dem Kapitalerhaltungsgrundsatz vertraut machen und eine Anlagestrategie entwickeln “, so die Expertin. Zudem sollten Stiftende abwägen, ob sie z.B. das sogenannte „Impact-Investing“ wünschen. Dabei handelt es sich um Investitionen in Unternehmen, Organisationen und Fonds, die gesellschaftlich positive Entwicklungen fördern. Zudem kann gezielt in bestimmte Bereiche investiert werden. Derzeit geben viele Banken die Negativzinsen, die sie selbst für ihre Einlagen bei der EZB zahlen müssen, an ihre Kunden weiter. Es sei wünschenswert, wenn gemeinnützige Organisationen von diesen ausgenommen würden, meint Ebner von Eschenbach. Entsprechende Regelungen seien in Deutschland aber nicht in Sicht. In Österreich gebe es bereits eine Initiative, um eine Lösung auf europäischer Ebene zu finden.

Erkennt das Finanzamt Stiftungen als gemeinnützig an, werden sie steuerlich begünstigt. Sie sind dann von Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit, auch Körperschaft- und Gewerbesteuer entfallen. Spendende können den jeweiligen Betrag von der Steuer absetzen.

Reform des Stiftungsrechts tritt zum Juli 2023 in Kraft

Wie viel Arbeitsaufwand auf einen Gründer zukommt, hängt vom Konzept der Stiftung ab. „Geht es etwa darum jährlich Fördergelder für bestimmte Personen zu vergeben, reicht es möglicherweise, sich einmal im Jahr zusammenzusetzen“, erklärt die Expertin. Wolle die Stiftung aber viele Projekte initiieren, Fundraising-Veranstaltungen ins Leben rufen und Zustiftungen gewinnen, sei mit höherem Aufwand in Planung und Organisation zu rechnen. In jedem Fall muss die Stiftung der Aufsicht einen Jahresabschluss vorlegen und dokumentieren, wie sie ihrem Zweck nachkam. Des Weiteren kann es föderal unterschiedliche weitere Pflichten geben. So gebe es mitunter von Stiftungsaufsichten die Vorgabe einer jährlichen Wirtschaftsprüfung, sagt die Expertin. Der Bundesverband deutscher Stiftungen erhofft sich eine stärkere Vereinheitlichung durch die Reform des Stiftungsrechts, die dieses Jahr beschlossen wurde und zum 1. Juli 2023 in Kraft tritt. Es sei für angehende Stifterinnen und Stifter  sinnvoll, sich die entsprechenden Regelungen schon jetzt einmal anzusehen, empfiehlt Ebner von Eschenbach.  Da die Gründung und Verwaltung einer gemeinnützigen Stiftung bürgerlichen Rechts je nach Größe etwas Zeitaufwand mit sich bringen kann, bietet sie sich etwa für Ärztinnen und Ärzte an, die nach einer erfüllenden Tätigkeit im Ruhestand suchen.

2. Treuhandstiftung

Wollen Stiftende sich nicht um die Stiftungsverwaltung kümmern oder nur um einen bestimmten Teil davon, kommt eine Treuhandstiftung in Betracht. „Das ist ein beliebtes Modell, weil es nicht der Aufsicht untersteht“, so Ebner von Eschenbach. Es gibt zwei Möglichkeiten der Gründung. Schließen Stifter und Treuhänder einen Schenkungsvertrag, geht das Vermögen an den Treuhänder über, der es getrennt von seinem eigenen verwaltet und die Erträge für einen vereinbarten Zweck nutzt. Der Treuhänder sollte sehr vertrauenswürdig sein, betont Ebner von Eschenbach. Denn wenn dieser das Vermögen nicht im Sinne des Stiftungszwecks einsetzen sollte, könne der Stifter de facto kaum etwas daran ändern. Ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit einem Treuhänder bietet u. U. mehr Sicherheit. Auch Gründe für eine Kündigung des Vertrags können festgehalten werden. Die Gründung einer Treuhandstiftung setzt neben dem Errichtungsgeschäft (Schenkung oder Geschäftsbesorgungsvertrag) und der Satzung eine Treuhandvereinbarung voraus, in der die Bedingungen der Verwaltung geregelt werden. Bei Fragen zur konkreten Ausgestaltung sollte im Zweifel Beratung eingeholt werden. Bei der Auswahl eines Treuhänders bietet das vom Bundesverband Deutscher Stiftungen intiierte „Qualitätssiegel für Treuhandstiftungen“ Orientierung.

3. Bürgerstiftung

Geht es darum, gemeinsam mit vielen Interessierten, aber wenigen finanziellen Mitteln im lokalen Umfeld Gutes zu tun, kommt die Gründung einer Bürgerstiftung infrage. Diese sind demokratisch organisiert und widmen sich einem breiten Feld gemeinnütziger Förderung. Unter anderem können sie Vereine und Initiativen unterstützen. Sie bauen ihr Vermögen kontinuierlich durch Zustiftungen von Bürgern auf, die dieses Engagement gutheißen. Natürlich helfen auch Spenden. Existiert im lokalen Umfeld eines angehenden Stifters bereits eine Bürgerstiftung kann dies für ihn auch interessant sein, weil sie als Treuhänder anderer Stiftungen eintreten kann.

Medical-Tribune-Bericht

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