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Ärzte sollen von Verordnungs-Einsparungen profitieren

Autor: Anke Thomas, Foto: ABDA

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In Thüringen und Sachsen wird ein neues Konzept zur Arzneimittelversorgung, kurz "Armin" erprobt.

Ärzte und Apotheker sollen von reduzierten AOK-Ausgaben und die Patienten von mehr Therapiesicherheit und -treue profitieren. Für Dr. Klaus Heckemann, Chef der KV Sachsen, ist die Arzneimittel­initiative, kurz "Armin", ein alter, aber guter Hut.

Bereits vor rund 13 Jahren habe er versucht, eine Bonus-Arzneimittelvereinbarung mit der AOK abzuschließen. Leider sei das Projekt damals an anderen Plänen der Politik gescheitert, erzählt Dr. Heckemann auf den 10. Mitteldeutschen Fortbildungstagen.

Am 1. April ist „Armin“ gestartet. Das gemeinsame Projekt der Apothekerverbände und KVen Sachsen und Thüringen sowie der AOK Plus ist auf fünf Jahre angelegt und gliedert sich in drei Module: Wirkstoffverordnung, Medikationskatalog und Medikationsmanagement.

Die nächsten drei Monate dienen der Information der Ärzte und Apotheker, die sich in das Projekt einschreiben können. Ab dem 1. Juli 2014 soll die Wirkstoffverordnung für rund 200 Arzneistoffe, die für die hausärztliche Versorgung besonders relevant sind, starten. Zugleich wird Ärzten und Apothekern der Medikationskatalog zur Verfügung gestellt.

Wirkstoffe statt Fertigarzneimittel verordnen

Der Arzt soll künftig überwiegend anstelle eines konkreten Präparats den Wirkstoff verordnen. Wählt er für einen Patienten ein Fertigarzneimittel aus, wird über den Katalog, der im Praxisverwaltungssystem hinterlegt ist, ein Wirkstoff samt Wirkstärke, Darreichungsform und Packungsgröße vorgeschlagen.

Der Arzt entscheidet, ob er den Vorschlag übernimmt oder nicht (Setzen des Aut-idem-Kreuzes), erklärt Dr. Heckemann. Das Präparat eines bestimmten Herstellers wählt dann der Apotheker unter Berücksichtigung von Rabattverträgen aus.

Der von der KBV erarbeitete Medikationskatalog unterscheidet "Standard-", "Reserve-" und "nachrangig zu verordnende" Wirkstoffe. Er umfasst die Indikationen Hypertonie, Herzinsuffizienz, Koronare Herzerkrankung, Vorhofflimmern, Fettstoffwechselstörung, Osteoporose, Depression und Demenz.

Multimorbide Patienten im Fokus

2015 sollen Typ-2-Diabetes und Antibio­tika-Therapie der oberen bzw. der unteren Atemwege sowie bei Harnwegsinfektionen hinzukommen.

Letzte Stufe des Projekts ist das Medikationsmanagement für multimorbide Patienten, die mehr als fünf Arzneimittel dauerhaft einnehmen müssen. In der Apotheke werden dazu beim Patienten alle Medikamente erfragt (auch die von anderen Ärzten verordneten, Selbstmedikation etc.) und in einem Plan schriftlich erfasst.

Sofern die AOK Informationen erhält, dass der Patient weitere Mittel von einem Arzt verordnet bekommen hat, übersendet sie diese Info ebenfalls an Apotheke und Arzt. Den Plan erhalten Arzt und Apotheker, die die medikamentöse Therapie überwachen.

Pauschale für EDV ist zu Anfang am höchsten

Für die Teilnahme am Projekt erhalten Arzt und Apotheker zunächst eine Strukturpauschale, die für die nötige EDV fließen soll. Wer schnell „Ja“ zu „Armin“ sagt, bekommt 1500 Euro, ab dem dritten Quartal gibt es noch 1000 Euro, ab dem vierten 500 Euro.

Wer von Anfang an dabei ist, hat mit den 1500 Euro die EDV-Kos­ten für die geplante Dauer des Projekts von fünf Jahren abgedeckt, so die Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbandes, Monika Koch.

Die Einschreibung des Patienten ins Modell erfolgt beim Arzt oder Apotheker. Für die Einschreibung gibt es einmalig 94,50 Euro. Pro Folgequartal erhalten Arzt und Apotheker pro Patient 21 Euro, bei einer Akut­intervention oder einem Arzt- bzw. Apothekenwechsel sind es 42 Euro.

Die Konzentration auf Wirkstoffe soll helfen, die Therapiesicherheit zu erhöhen und das Risiko von Einnahmefehlern zu senken. Zudem erhofft sich die AOK reduzierte Verordnungskosten, von denen auch die Ärzte profitieren sollen. Einge­spartes Geld soll bei dem Arzt ankommen, der tatsächlich Einsparungen erzielt hat. Apotheker erhalten 20 Cent extra pro Verordnungszeile.

Nur sehr wenige Regressfälle wegen Budgetüberschreitungen

Ob das ausreicht, um vor allem die Ärzte zum Mitmachen zu bewegen, muss sich zeigen. Zwar locken die zusätzliche Vergütung und die Aussicht auf Verordnungen ohne Regressängste.

Andererseits ist der Aufwand für die Ärzte, die z.B. ein mindestens 90 Minuten langes Gespräch mit den Patienten führen müssen, nicht unerheblich. Zudem ist "Armin" auf die AOK Plus beschränkt, die zwar eine große Anzahl Versicherter in Sachsen/Thüringen abdeckt, aber eben doch nur ca. 50 %.

Ferner hat es in Sachsen und Thüringen nur wenige Fälle gegeben, bei denen Ärzte wegen Budget­überschreitung in Regress genommen worden sind.

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