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Callcenter-Einsatz löst Ermittlungen aus

Praxismanagement , Praxisführung Autor: Anouschka Wasner

Beauftragung externer Dienstleister ist weiterhin ein potenzieller Strafrechtsbestand. Beauftragung externer Dienstleister ist weiterhin ein potenzieller Strafrechtsbestand. © thinkstock
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Das Netz ist voll mit Callcentern, die Arztpraxen Telefondienste anbieten. Dann wird das ja wohl erlaubt sein? Eine Landesärztekammer hat jetzt ein Ermittlungsverfahren gegen eine Arztpraxis angestrengt.

Der Hinweis auf der Homepage auf eine 0180-Nummer als Praxiskontakt war der Auslöser. Er war Anlass für die Landesärztekammer des Mandanten von Rechtsanwalt Lutz Krüger, Wiesbaden, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen und den Arzt wegen Verdachts auf Verschwiegenheitsverletzung vor dem Berufsgericht anzuschuldigen. Thema ist also ein Verstoß berufsrechtlicher Art im Zusammenhang mit der Schweigepflicht. Aber wie kommt die Ärztekammer darauf?

Die berufsrechtliche Regelung zur ärztlichen Schweigepflicht findet sich in § 9 der Berufsordnung. Strafrechtlich ist die ärztliche Schweigepflicht in § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB abgesichert. Zur Erinnerung: Der Arzt ist zur Offenbarung der Patientengeheimnisse nur befugt, wenn er von der Schweigepflicht entbunden worden ist oder die Offenbarung zum Schutz eines höherwertigen Rechtsgutes erforderlich ist. Als Patientengeheimnis gilt dabei schon die erste Kontaktaufnahme mit der Arztpraxis, da hier bereits Name, Kontaktdaten und oft auch der Grund der Kontaktaufnahme bis hin zur individuellen Krankheitsgeschichte ins Spiel kommen.

Schweigepflichtserklärung löst das Problem nicht

Dabei gelten die Mitarbeiter bzw. Personen, die "zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind", als Gehilfen des Arztes. Sie müssen von ihm über die Pflicht zur Verschwiegenheit belehrt werden, dürfen dann aber über alle Vorgänge Kenntnis erlangen. Die Mitarbeiter eines Callcenters sind jedoch nicht in gleichem Maße in die Organisation der Praxis eingebunden und gelten damit nicht als Gehilfen. Dieser Umstand bleibt unveränderlich, auch wenn Schweigepflichtserklärungen der Mitarbeiter eingeholt werden.

Die einzige Möglichkeit, wenn ein Callcenter eingesetzt werden soll: Die Patienteneinwilligung in die Offenlegung der persönlichen Daten einholen. Bei bekannten Patienten ließe sich das ja beim nächsten Praxisbesuch erledigen.

Bei Neupatienten bleibt nur, die mündliche Einwilligung am Telefon zu holen. Der Callcenter-Mitarbeiter, der den Hörer abhebt, muss sich also direkt als solcher zu erkennen geben und erklären, dass der Anrufer gerade nicht mit einem Mitarbeiter der Praxis spricht. Der anrufende Patient hat dann die Wahl, das Gespräch weiterzuführen oder nicht.

Bei den Anbietern hat sich diese Variante des offenen Spiels, um Datenschutzprobleme zu minimieren, noch nicht herumgesprochen. Einer wirbt sogar mit dem Satz: "Ihre Patienten merken dabei nicht, dass unser Fachpersonal und nicht die Sprechstundenhilfe Ihrer Praxis den Anruf entgegennimmt." Das scheint eher nicht im Sinne des Patienten.

Schon der erste Anruf fällt unter Schweigepflicht

Das Problem mit der Beauftragung von Dienstleistern ist keineswegs neu: Seit Jahren schon beschäftigt Datenschützer der § 203 Strafgesetzbuch, der die Verlängerung der Schweigepflicht nur auf die eigenen Mitarbeiter des Geheimnisträgers bezieht.

Streng genommen befindet sich der Arzt also z.B. mit der Beauftragung eines IT-Dienstleisters stets mit einem Bein auf der Anklagebank. Beauftragt er ihn dagegen nicht, läuft er Gefahr, durch fehlendes Expertenwissen den datenschutzrechtlichen Anforderungen nicht nachzukommen.

Ende 2016 hat das Bundesminis-terium für Justiz und Verbraucherschutz einen Referentenentwurf vorgelegt, der die Einbindung externer Dienstleister erleichtern soll und damit den Arzt aus der Schusslinie nimmt. Das wird grundsätzlich begrüßt – Kritik kommt jedoch vom Bundesrat und von Experten, die unscharfe Begrifflichkeiten, fehlende Europarechtskonformität und die Hintenanstellung der Geheimschutzbelange der Betroffenen bemängeln.

Rechtsanwalt Krüger hat jetzt erst einmal – u.a. mit der Zusage, dass ab sofort die mündliche Einwilligung der Patienten eingeholt wird – den Antrag gestellt, das Verfahren nicht zu eröffnen. Hat sein Mandant Glück, schafft es der Gesetzentwurf so schnell über die diversen Hürden, dass das Ermittlungsverfahren hinfällig wird.

Quelle: Medical-Tribune-Recherche

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