Anzeige

Der neue EBM in der Praxis

Autor: MT, Foto: thinkstock

Anzeige

Detailfragen offenbaren sich erst in der Praxis. Das gilt auch für den seit Anfang Oktober gültigen Hausarzt-EBM. Die AAC GmbH hat Fragen von Ärzten gesammelt. Dr. med. Georg Lübben, Geschäftsführer der AAC GmbH, antwortet.

Fragen an Dr. med. Georg Lübben, Geschäftsführer der AAC GmbH, zum neuen EBM:

Ist bei Notfällen eine Vorhaltepauschale ansetzbar?

Dr. Lübben: Nein, leider wird in diesen Fällen keine Vorhaltepauschale hinzugesetzt.

Was kann jetzt bei einem Gespräch mit einem Angehörigen abgerechnet werden?

Dr. Lübben: Erstmals gibt es eine spezifische Gesprächsziffer, die auch bei einem Gespräch mit einem Angehörigen des Patienten in Ansatz gebracht werden kann. Die 03230 darf allerdings nicht neben der 01435 abgerechnet werden. Das heißt im Detail, dass diese nicht in der gleichen Konsultation, aber im Behandlungsfall (= Quartal) bei einer anderen Gelegenheit ansetzbar ist.

Was passiert, wenn man mehr als die maximal zulässige Zahl an Gesprächen abrechnet?

Dr. Lübben: Wenn die Nr. 03230 häufiger als bei jedem zweiten Patienten bzw. mehr als 50 % abgerechnet wird, werden die Leistungen nicht honoriert. Ausnahme: In der KV Sachsen wird bei einer Überschreitung der Obergrenze die Nr. 03230 abgestaffelt vergütet. Auch ist der häufige Ansatz kritisch, weil auf dem Konto der Prüfzeit die zusätzlichen Leistungen voll durchschlagen. Gerade große Versorgerpraxen müssen aufpassen, dass sie nicht wegen dieser (nicht honorierten!) Gesprächsleistungen im Zeitprofil auffällig werden. Deshalb sind Ratschläge à la „Die 03230 sollte ruhig so häufig wie klinisch nötig in Ansatz gebracht werden; so wird auch der Mehrbedarf dokumentiert, um bei späteren Verhandlungen mit der Kassenseite eine ,Entdeckelung‘ zu erreichen“ mit äußerster Vorsicht zu genießen.

Meine Patientin ist 70 Jahre alt. Sie kommt erstmals im Quartal in die Praxis und ich muss ein längeres Gespräch mit ihr führen. Welche Prüfzeiten resultieren daraus?

Dr. Lübben: Erstabrechnung der 03230 mit 03004: 23 Minuten Prüfzeit im Quartals- und 20 Minuten im Tagesprofil. Überprüfen Sie hier bitte die Angaben Ihres Praxisverwaltungsprogramms. Wir von der AAC GmbH haben immer wieder – gerade bei EBM-Änderungen – fehlerhafte Angaben gesehen.

Darf ich die geriatrische Betreuung neben der Versichertenpauschale, d.h. beim Erstkontakt, abrechnen?

Dr. Lübben: Ja. Aber es ist zwingend ein weiterer persönlicher (!) Arzt-Patienten-Kontakt im Behandlungsfall erforderlich. Ansonsten wird die 03362 aller Wahrscheinlichkeit nach gestrichen.

Reicht es aus, wenn ich die geria­trische Morbidität mit der Kodierung R 54 G kennzeichne?

Dr. Lübben: Dies wird von vielen KVen in der Zwischenzeit empfohlen und als ausreichend erachtet. Es widerspricht allerdings dem differenzierten Umgang mit den Kodierungsmöglichkeiten des ICD-10. Wir empfehlen, die objektiv vorhandene Morbidität auch differenziert zu dokumentieren. Immerhin ist die Weiterentwicklung des Honorars auch an die Entwicklung der Morbidität der Bevölkerung gekoppelt.

Ich betreue ein Altenheim und möchte auch bei meinen geria­trischen Patienten die Versorgungsziffer 03362 abrechnen. Dafür muss ich aber vorher das Basis­assessment durchführen. Darf ich diese Leistung an das Pflegepersonal delegieren?

Dr. Lübben: Das ist eine sehr kniffelige Frage. Grundsätzlich ist die Durchführung des Basisassessments eine delegierbare Leistung. Viele Praxen haben eine Medizinische Fach­angestellte benannt, die die Tests durchführt und dokumentiert. Bei dem Pflegepersonal handelt es sich jedoch nicht um Mitarbeiter der Praxis. Außerdem führt die Vereinbarung von KBV und Spitzenverband der Krankenkassen zu den delegierbaren ärztlichen Leistungen nur MFA und Krankenschwestern auf. Aber andererseits gilt: Die Vereinbarung hat lediglich Vorschlagscharakter, ist also nicht abschließend. In der geschilderten Situation ist entscheidend, dass der Arzt sich von der Qualifikation der Person, die das Basisassessment durchführen soll, persönlich überzeugen muss. Es wäre also zum Beispiel denkbar, eine examinierte Krankenschwester aus dem Heim zu benennen und sie zu schulen. Die Befundung bleibt natürlich die ureigene ärztliche Aufgabe.

    Ich habe einen 60-jährigen Patienten von einem anderen Hausarzt zur Betreuung übernommen. Der Patient ist dement und bereits auf Hilfe angewiesen. Im aktuellen Entlassungsbericht der Klinik ist die Diagnose präsenile Demenz mit dem ICD-10-Code F03 angegeben. Kann ich die geriatrische Betreuungsziffer ansetzen?

    Dr. Lübben: Im Einheitlichen Bewertungsmaßstab ist die geriatrische Versorgung unabhängig vom Lebensalter leider nur bei den ICD-10-Diagnosen F 00-02 möglich. Die F03 ist die „nicht näher bezeichnete Demenz“. Versuchen Sie also in Ihrer Diagnose so spezifisch wie möglich zu sein. Die F00-02 bieten hierzu einige Möglichkeiten.


    Anzeige