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Einzelpraxis darf „Zentrum“ heißen

Niederlassung und Kooperation Autor: Anke Thomas, Foto: fotolia/Andrey Popov

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Bei einer Praxis, die sich Zentrum nennt, kann auch ein einzelner Arzt dahinterstecken. Dies wurde von einem Gericht kürzlich auch bei einer Hamburger Allgemeinärztin bejaht, die auf ihren Schildern mit „Impfzentrum Altona“ plus dem Zusatz „Einzelpraxis“ warb.

Um mit dem Wort „Zentrum“ zu werben bzw. seine Praxis mit diesem Zusatz zu zieren, müssen nicht zwingend mehrere Ärzte dort tätig sein, macht Milana Sönnichsen, Rechtsanwältin der Frankfurter Kanzlei Messner & Marcus aufmerksam. Wichtig für die Verwendung des Begriffs Zentrum ist, dass ein regionaler Bezug vorhanden ist.

Kollegin nannte ihre Praxis „Impfzentrum“

Mindestens ein Arzt der Praxis muss über einen speziellen Tätigkeitsschwerpunkt verfügen, in dem er Detailwissen gesammelt hat. Außerdem sollte eine besonders große Zahl von Patienten in diesem Bereich behandelt werden.

In diesem Sinne hat das Hamburgische Berufsgericht für Heilberufe bei einer Allgemeinärztin entschieden. Die Kollegin, die ihre Einzelpraxis „Impfzentrum Altona“ mit Zusatz Einzelpraxis im Internet und auf den Praxisschildern beworben hatte, konnte im berufsrechtlichen Verfahren ihre herausragende Qualifikation auf dem Gebiet der Impfung für Reisen sowie die Zusatzweiterbildung der Arzthelferinnen nachweisen. Überdies konnte die Ärztin eine hohe Fallzahl von Patienten auf diesem Gebiet belegen.

Das Berufsgericht unterstrich dabei, dass der Bedeutungsgehalt des Begriffs „Zentrum“ von zahlreichen Faktoren beeinflusst werde und zudem einem stetigen Wandel unterworfen sei. Insoweit kommt es auch auf den Kontext an, für den der Begriff verwendet wird und auch auf den regionalen Bezug, erklärt Rechtsanwältin Sönnichsen. Mit der Entscheidung ist die Tendenz einer gewissen Liberalisierung der zulässigen Werbung für Ärzte fortgesetzt, so Sönnichsen, die dazu rät, in jedem Einzelfall überprüfen zu lassen, ob die Bezeichnung einer Einzelpraxis als „Zentrum“ berufsrechtlich zulässig ist.

Gericht erteilte der Kammer einen Rüffel

Oben genanntes Urteil zugunsten der Kollegin ist nicht das erste, in der Gerichte Einzelpraxen den Begriff Zentrum zuerkannt haben. Auch ein Augenarzt, der mehrere angestellte Ärzte beschäftigte und eine Zweigpraxis betrieb, durfte den Titel „Augenzentrum“ weiter verwenden. Dabei verwies er darauf, dass er das nahezu vollständige Spektrum der Augenheilkunde und Augenchirurgie anbiete und die Ausstattung des Zentrums mit der von Universitätskliniken vergleichbar sei. Die zuständige Ärztekammer untersagte dem Augenarzt, den Begriff Zentrum (auf Schildern, Briefköpfen etc.) zu verwenden, da es sich um irreführende Werbung handele, und drohte ihm bei Nichtbeachtung mit einem Ordnungsgeld.

Das sahen die Richter nicht so, sondern erteilten der Kammer auch noch einen ordentlichen Rüffel. Die Kammer habe sich „mit den ausführlichen Darstellungen des Klägers zu seinem Leistungsangebot nicht ansatzweise auseinandergesetzt“. Es reiche nicht aus, pauschal zu behaupten, das Leistungsangebot der Praxis gehe über das Spektrum einer augenfachärztlichen Praxis nicht hinaus. Nicht das Gericht müsse einen Sachverständigen zur Klärung beauftragen, sondern von der Berufsvertretung der Ärztinnen und Ärzte könne man ein Mindestmaß an Fachwissen verlangen, um zu den Sachverhalt vortragen zu können.

 
Hamburgisches Berufsgericht für die Heilberufe, Urteil vom 03.09.2014, Az.: 47 H 3/12,
VG Düsseldorf, Urteil vom 19.09.2014, Az.: 7 K 8148/13

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