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GVWG: Gesetzgeber will bei ärztlicher Berufshaftpflichtversicherung eingreifen

Praxismanagement , Geld und Steuern Autor: Cornelia Kolbeck

Ärztliche Fehler können passieren, eine Versicherung sollte bei Schaden zahlen. Ärztliche Fehler können passieren, eine Versicherung sollte bei Schaden zahlen. © N. Theiss – stock.adobe.de
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Schlag auf Schlag bereitet der Gesetzgeber neue Regeln vor und beschließt Gesetze. So enthält z.B. der Referentenentwurf des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG) 80 Maßnahmen, darunter eine zur Berufshaftpflicht der Ärzte.

Eigentlich verpflichtet schon § 21 der Musterberufsordnung Ärzte, sich hinreichend gegen Haftpflichtansprüche aus der beruflichen Tätigkeit zu versichern. Der Knackpunkt ist jedoch das Wort „hinreichend“, denn dieses lässt reichlich Spielraum. Außerdem sehen die Berufsordnungen keine Sanktionen bei Verstößen vor. Darauf hatte u.a. die Verbraucherzentrale Hamburg 2017 hingewiesen und beim Bundesgesundheitsministerium gesetzlichen Änderungsbedarf angemeldet. Die Berufsordnung der Rechtsanwälte beispielsweise enthalte detaillierte Ausführungen darüber, in welcher Höhe eine Versicherung abgeschlossen werden müsse und welche Folgen ein Verstoß habe.

Umfangreiche Regelung zur Kontrolle vorgesehen

Mit dem GVWG will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn jetzt die Regeln zur Berufshaftpflicht schärfen, um die Realisierbarkeit von Schadensersatzansprüchen und Regressforderungen in Fällen von Behandlungsfehlern zu stärken. In § 95e SGB V soll klargestellt werden, dass die Haftpflichtversicherung für alle Vertragsärzte verpflichtend ist, aber auch für MVZ sowie Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit angestellten Ärzten. Die Mindestversicherungssumme von drei Millionen Euro soll Personen- und Sachschäden für jeden Versicherungsfall abdecken. Die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Jahres verursachten Schäden dürfen nicht weiter als auf das Dreifache der Mindestversicherungssumme begrenzt werden. Der GKV-Spitzenverband soll jedoch jeweils mit der Bundesärztekammer, Bundeszahnärztekammer, Bundespsychotherapeutenkammer und der KBV bzw. KZBV abweichende höhere Mindestversicherungssummen vereinbaren können.

Im Gesetzentwurf sind auch umfangreiche Regelungen zur Kontrolle der Pflichtversicherung vorgesehen. Erlangt der Zulassungsausschuss Kenntnis, dass kein oder kein ausreichender Berufshaftpflichtversicherungsschutz besteht oder dass dieser endet, soll er den Vertragsarzt unverzüglich zur Vorlage einer Versicherungsbescheinigung auffordern. Kommt der Arzt der Aufforderung nicht nach, muss der Zulassungsausschuss das Ruhen der Zulassung beschließen. Bei ermächtigten Ärzten ist – sofern kein anderweitiger Versicherungsschutz besteht – die Ermächtigung zu widerrufen. Grundsätzlich wird der Vertragsarzt aber auch verpflichtet, dem zuständigen Zulassungsausschuss das Nichtbestehen, die Beendigung sowie Änderungen am Versicherungsverhältnis unverzüglich anzuzeigen.

Weitere Inhalte des GVWG-Entwurfs

  • Ausweiten und Verschärfen der Mindestmengenregelung in den Krankenhäusern
  • Veröffentlichen einrichtungsbezogener Vergleiche über die Qualität der medizinischen Versorgung
  • der Bewertungsausschuss soll nur noch alle drei Jahre über die palliativmedizinische Versorgung berichten (Bürokratieentlastung)
  • Einführung eines verbindlichen Ersteinschätzungsinstruments u.a. für die 116 117 sowie Notdienstpraxen
  • Beschluss von Richtlinien für die Adipositasbehandlung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss
  • Stärken der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende u.a. hinsichtlich Registerdaten
  • bis Ende 2026 verlängerte Modellklauseln zur Erprobung von akademischen Ausbildungsangeboten in der Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie
  • Weiterentwickeln der Regelungen zum Medizinischen Dienst u.a. bei Begutachtungen

Die Bundesärztekammer sieht so weite Eingriffe des Gesetzgebers als nicht gerechtfertigt an. Die Regelung solle nur „auf Medizinische Versorgungszentren und damit auf diejenigen Fälle fokussiert werden, in denen tatsächlich eine Regelungslücke besteht“, heißt es in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf. Für Vertrags- und ermächtigte Ärzte bestehe keine Regelungslücke. Eine zusätzliche vertragsärztliche Verpflichtung und die damit verbundene Nachweispflicht würde zudem zu einem Mehraufwand für Ärzte und Versicherungen sowie zu einer Doppelzuständigkeit in der Verwaltung führen, die im Versicherungsvertragsgesetz nicht angelegt sei. Unterschiedliche Absicherungen für GKV- und privatärztliche Leistungen seien ebenso nicht nachvollziehbar.

Patientenvertreter fordern Schärfung des Berufsrechts

Es sollte laut BÄK daher bei der berufsrechtlichen Verpflichtung – ergänzt durch eine weitere für MVZ bleiben. MVZ würden zwar ebenfalls einer Versicherungspflicht unterliegen, deren Einhaltung werde aber bisher nicht überprüft. Auch bei der Mindestversicherungssumme sieht die BÄK Verbesserungsbedarf. Diese müsse bei MVZ deutlich höher angesetzt werden als für einen einzelnen Vertragsarzt. Der Sozialverband VdK begrüßt die geplanten Neuregelungen. Es sollte aber auch das Berufsrecht nachgeschärft werden: „Gerade aus dem Bereich der privat abrechnenden kosmetischen Chirurgie werden uns viele Klagen über Behandlungsfehler bekannt.“ Die Kammergesetze würden bisher keine regelhafte Überprüfung der Berufshaftpflichtversicherung vorsehen. Bei fehlender Haftpflichtdeckung liefen die Schadensersatzansprüche geschädigter Patienten ins Leere.

Medical-Tribune-Bericht

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