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Monoklonale Antikörper gegen COVID-19 – Verordnung soll Einsatz fördern

Praxismanagement , Praxisführung Autor: Cornelia Kolbeck

Intensivstationen arbeiten am Limit. Eine frühe ambulante Therapie könnte die Zahl der schwer kranken Coronapatienten minimieren. Intensivstationen arbeiten am Limit. Eine frühe ambulante Therapie könnte die Zahl der schwer kranken Coronapatienten minimieren. © fotosr52 – stock.adobe.com
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Neun von zehn COVID-19-Patienten werden ambulant betreut. Eine Standardtherapie gibt es bisher nicht. Die Behandlung mit monoklonalen Antikörpern kann helfen, findet aber bislang selten statt. Per Vergütungsverordnung will Jens Spahn für den ambulanten Einsatz sorgen.

Das Bundesgesundheitsminis­terium (BMG) will mit einer Verordnung zur Vergütung der Anwendung monoklonaler Antikörper (mAK) die Anwendung dieser bisher nicht zugelassenen Arzneimittel nach individueller Nutzen-Risiko-Einschätzung durch den behandelnden Arzt ermöglichen. So soll der Entwicklung schwerer Verläufe und einer Hospitalisierung der Patienten entgegengewirkt werden.

Gekaufte Menge reicht für 186.000 Patienten

Noch läuft die Forschung, aber die künstlich hergestellten mAK gelten schon jetzt als große Hoffnung im Kampf gegen SARS-CoV-2. In den USA gibt es bereits Notfallzulassungen und auch der an COVID-19 erkrankte Ex-Präsident Donald Trump wurde mit mAK behandelt. Die Antikörper binden an das Spike-Protein von SARS-CoV-2 an und sollen in der ersten Krankheitsphase mit hoher Viruslast das Eindringen des Virus in die Zelle verhindern.

Konkret geht es um die Produkte Bamlanivimab und Casirivimab/Imdevimab. Nach Informationen der „Pharmazeutischen Zeitung“ wurden durch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor wenigen Monaten 200.000 Dosen mAK zur Behandlung gegen COVID-19 gekauft, Kosten 400 Mio. Euro. Abgerufen wurden bis zum 13. April 2021 jedoch nur rund 1300 Dosen.

Angezeigt ist laut Monoklonale-Antikörper-Verordnung (MAK-VO) der Einsatz der mAK für die frühe Behandlung von SARS-CoV-2-infizierten Erwachsenen sowie päd­iatrischen Patienten ab zwölf Jahre mit einem Gewicht von mindestens 40 kg. Sie dürfen nur leichte bis moderate Symptome haben, müssen jedoch Risiken für einen schweren Erkrankungsverlauf aufweisen.

Das BMG verweist darauf, dass die Anzahl der zur Verfügung stehenden Dosen begrenzt ist und eine Anwendung nur im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten erfolgen kann. Mit den verfügbaren Einheiten könnten 186.000 Patienten behandelt werden.

Verabreicht werden mAK per einmaliger intravenöser Infusion. Eine mögliche Infusions-/allergische Reaktion ist zu beachten. Der behandelnde Arzt soll die kostenfrei zur Verfügung gestellten Arzneimittel über beauftragte Krankenhaus­apotheken beziehen und im individuellen Heilversuch anwenden. Dieser kann ambulant oder stationär im Krankenhaus oder außerhalb des Krankenhauses (aufsuchende Behandlung) erfolgen. Auch der Einsatz bei Pflegeheimbewohnern ist möglich.

Die ärztliche Leistung wird mit einer Pauschale honoriert. Die Rede ist von 450 Euro je Fall. Eine abweichende Pauschale ist möglich, sofern sich die Vertragsparteien auf Bundesebene auf eine solche einigen sollten. Die Vergütung soll sowohl für gesetzlich als auch privat Krankenversicherte gelten, ebenso für Berechtigte anderer Kostenträger. Laut BMG liegen die Ausgaben bei maximal 84 Mio. Euro – 75 Mio. Euro für die GKV, 6 Mio. Euro für die private Krankenversicherung sowie 2,5 Mio. Euro für Bund, Länder und Gemeinden.

Diesem Betrag seien nicht quantifizierbare Minderausgaben für hochaufwendige und teure Behandlungen auf der Intensivstation gegenüberzustellen, erklärt das BMG. Kosten für notwendige Krankenfahrten der Patienten zur Anwendung der mAK (mit eigenem Pkw, Kranken- oder Rettungstransportwagen) können separat abgerechnet werden.

Der GKV-Spitzenverband hält die Pauschale von 450 Euro für deutlich zu hoch. Unter Berücksichtigung der Kostenstrukturen im stationären und vertragsärztlichen Sektor liege „eine angemessene, kostendeckende Vergütung zwischen 132 und 167 Euro“. Die Kassenspitze warnt auch vor einer unzureichenden Absicherung der Patienten im Schadensfall. Es müsse klargestellt werden, dass die Haftung für eventuelle Schäden durch die nicht zugelassenen Medikamente beim Bund liege. Dies diene auch der Absicherung der behandelnden Ärzte.

Identifizierung von Patienten mithilfe eines Urintests?

Rechtsunsicherheiten sehen auch die drei Unparteiischen im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), speziell bei der Nutzen-Risiko-Einschätzung mittels Urintest, für den Kosten von 900 Euro je Einzelfall für die GKV veranschlagt werden.

Aus wissenschaftlicher Sicht sei fraglich, so die G-BA-Vertreter in einer Stellungnahme, ob der im MAK-VO-Entwurf genannte DiaPat-CoV-50-Urintest als geeignet für die Identifizierung schwerer Krankheitsverläufe angesehen werden könne. Daten, mit denen die Geeignetheit des Tests belegt werden könnten, seien bislang nicht veröffentlicht; die Ergebnisse aus zwei ersten Pilotstudien hierzu seien offensichtlich wegen zu geringer Patientenzahl (N=15) bzw. fehlender Aussagen zur vorliegenden Frage ungeeignet. Unklar bleibt für die G-BA-Unparteiischen auch, welchen Einfluss ein negatives Testergebnis auf die Indikationsstellung haben soll: „Ein Verzicht auf die Gabe der gegenständlichen Arzneimittel trotz bestehender bereits etablierter Risikofaktoren dürfte auch bei einem negativen Testergebnis ausgeschlossen sein.“

Dokumentation über die Behandlung ans PEI melden

Empfohlen wird, dass behandelnde Ärzte das dokumentierte Behandlungsergebnis in strukturierter Form ans Paul-Ehrlich-Institut (PEI) melden müssen. Nur so könne das Institut seiner Aufgabe zur Überwachung des sicheren Verkehrs von Arzneimitteln gerecht werden. Da neue Medikamente einer Zusatznutzenbewertung zu unterziehen seien, soll das BMG im Fall der nicht zugelassenen mAK auch klarstellen, dass eine an die Erstattung anknüpfende Verpflichtung der Hersteller, ein Dossier für die Nutzenprüfung vorzulegen, hier nicht intendiert sei.

Die MAK-VO soll im Rahmen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite rückwirkend zum 1. Januar in Kraft treten.

Medical-Tribune-Bericht

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