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Nach dem Attentat in Berlin: Schnelle Kooperation zwischen Feuerwehr und Kliniken

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Nach dem Attentat in Berlin: Schnelle Kooperation zwischen Feuerwehr und Kliniken. Nach dem Attentat in Berlin: Schnelle Kooperation zwischen Feuerwehr und Kliniken. © fotolia/Rico Löb
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Der islamistische Terroranschlag im Dezember auf einem Weihnachtsmarkt mitten in Westberlin hat gezeigt, dass Rettungsdienste und Krankenhäuser in der Hauptstadt auf eine Ausnahmesituation diesen Umfanges gut vorbereitet waren.

Berlin verfügt über 39 Krankenhäuser mit Notaufnahmen. Welche Patienten nach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz in welche Einrichtung gebracht wurden, entschied nach Auskunft der Senatsverwaltung für Gesundheit die Feuerwehr. Dr. Stefan Poloczek MPH, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst der Berliner Feuerwehr, erläutert die Details.

450 Klinikärzte sind für Rettungseinsätze bereit

Kurz nach den ersten Notrufen am Abend des 19. Dezember wurde die Einsatzroutine entsprechend einem MANV, einem Massenanfall von mehr als vier Verletzten, ausgelöst. Verbunden damit war der planmäßige Einsatz eines speziell qualifizierten leitenden Notarztes aus einem Einsatzpool von ca. 450 Klinik­ärzten, die für Rettungseinsätze zur Verfügung stehen. 35 von ihnen haben eine Qualifikation zum medizinischen Einsatzleiter.

Der leitende Notarzt fungierte vor Ort gemeinsam mit dem organisatorischen Rettungsleiter der Feuerwehr. "Eine der schwierigsten Aufgaben ist in solchen Situation zu entscheiden, wie die schwerst- und leicht verletzten Patienten auf die Einrichtungen verteilt werden, und zwar entsprechend des Behandlungsbedarfs und der medizinischen Möglichkeiten in den Kliniken", sagt Dr. Poloczek. "Ab einer bestimmten Stufe können wir allerdings keine individuelle Rücksicht mehr auf vorhandene Kapazitäten nehmen." Dies sei bei so vielen Schwerverletzten wie am Breitscheidplatz aber noch nicht der Fall gewesen.

Bei dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt wurden zwölf Menschen getötet. 56 Personen wurden verletzt, etwa 30 von ihnen schwer. 25 Notaufnahmen in der Innenstadt wurden angefahren. Der Kontakt der Feuerwehr zu den Rettungsstellen ist bereits durch die alltägliche Versorgung eng, erklärt Dr. Poloczek. Kommt es jedoch zu Ausnahmefällen wie am Breitscheidplatz, dann greift eine Alarmierungslösung per Fax/E-Mail, bei der zuerst alle Rettungsstellen von der Feuerwehr über eine mögliche Ankunft von vielen Verletzten informiert werden.

In einem zweiten Schritt wird ein sog. Voralarm ausgelöst. Er bedeutet, die Kliniken müssen Personal vorhalten, das am Eingang bereitsteht und noch einmal eine Sichtung und Registrierung der Patienten vornimmt. Die dritte Stufe wäre der Alarm. Bei diesem werden alle Mitarbeiter in die Klinik gerufen. Er wurde im Dezember aber nicht ausgelöst.

Es habe sich gezeigt, dass die Einrichtungen sehr gut ihr Personal verstärken konnten, sagt Dr. Poloczek. Viele Mitarbeiter der Krankenhäuser seien nach Bekanntwerden der Tat spontan zum Dienst gekommen, um zu helfen. Ist Berlin aber auch auf einen Anschlag größeren Ausmaßes vorbereitet? Der Ärztliche Leiter ist überzeugt, dass dies größtenteils der Fall ist. Es komme jedoch auf die Art des Anschlages an und inwieweit auch Einsatzkräfte im Fokus von Terroristen stehen.

Wo geschossen wird, haben Retter nichts verloren

Auch die Sicherheit von Kliniken werde in diesem Zusammenhang immer wieder diskutiert. Im Zweifelsfall, sagt er, müsse man sich als Retter zurückziehen. In einem Gefahrenbereich, wo zum Beispiel geschossen wird, hätte keine Rettungsdiensteinsatzkraft, kein Notarzt und keine Notärztin etwas verloren. "Einen 100-prozentigen Schutz gibt es aber nicht", so Dr. Poloczek.

Er hält in diesem Zusammenhang auch prophylaktische Maßnahmen nicht für sinnvoll, die die Arbeit in Krankenhäusern lähmen, wie z.B. der gelegentlich diskutierte Einsatz bewaffneten Sicherheitspersonals.

Problem: eingesparter Wachschutz in Kliniken

Kritisch sieht er allerdings hinsichtlich eines möglichen Eindringens von Terroristen, wenn Krankenhäuser durch viele unbewachte Pforten betreten werden können und der Wachschutz aus Kostengründen eingespart wurde. Man könne zur Sicherheit einiges tun, ist er überzeugt. "Wir in der Notfallrettung sensibilisieren dafür, Fremde in Einsatzstellen, die keine Kennzeichnung tragen, anzusprechen." Und in Notaufnahmen sollten die Mitarbeiter wachsam sein, wenn Patienten mit Waffen eingeliefert werden. Ein Opfer könne ein verletzter Täter sein.

Im Zuge der Einsatzauswertung wird jetzt in Berlin diskutiert, ob nicht auch große Einrichtungen am Stadtrand wie das Unfallkrankenhaus Marzahn oder das Helios-Klinikum in Buch in die Transportwege hätten integriert werden müssen und wie das künftig zu handhaben ist. Schließlich sind weitere Anschläge, auch größeren Ausmaßes, nicht auszuschließen.

Quelle: Medical-Tribune-Bericht

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